Heute ist der Tag der Substitution
Julia Wehner berät in Suchtfragen in Emmerich, Rees und Kalkar - Interview

Julia Wehner (42) arbeitet seit März als Suchtberaterin in Emmerich. Zuvor war sie beim Caritasverband Kleve im Bereich Ambulant Betreuten Wohnen für sucht –und/oder psychisch kranke Menschen tätig. | Foto: privat
  • Julia Wehner (42) arbeitet seit März als Suchtberaterin in Emmerich. Zuvor war sie beim Caritasverband Kleve im Bereich Ambulant Betreuten Wohnen für sucht –und/oder psychisch kranke Menschen tätig.
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Niederrhein. Am 5. Mai ist der bundesweite Aktionstag Substitution. Beratungsstellen gibt es in Emmerich, Rees und Kalkar. Julia Wehner (42) gehört zum Team und erklärt, warum das Thema so wichtig ist.

von Julia Lörcks

Kreis Kleve. Frau Wehner, am 5. Mai ist Aktionstag Substitution. Was hat es damit auf sich?
Julia Wehner: Der Aktionstag Substitution findet in diesem Jahr zum ersten Mal statt, um darum aufmerksam zu machen, dass in Deutschland kaum die Hälfte aller Opioid abhängigen Menschen eine Substitutionsbehandlung erhalten, während in vielen anderen europäischen Ländern die Behandlungsquote höher ist. Zudem hat sich in den vergangenen Jahren einiges geändert, was die rechtlichen Vorgaben betrifft. Die Initiative hinter dem Aktionstag möchte diese Änderungen bekannter machen, da sie sowohl betroffenen Patienten als auch interessierten Ärzten die Substitutionsbehandlung erleichtern.

Substitution – was heißt das eigentlich?
Substitution bedeutet die Behandlung von Menschen mit einer Heroinabhängigkeit mit einem ärztlich verordneten Ersatzstoff. „Methadon“ ist in diesem Zusammenhang wohl das Medikament, von dem viele schon gehört haben. Es gibt heute eine Vielzahl an Substanzen zur Substitution – das Passende wird individuell vom behandelnden Arzt verschrieben.

Warum ist ihrer Meinung nach Substitution so wichtig?
Substitution sichert das Überleben der heroinabhängigen Menschen. Das Risiko einer Infektion mit anderen Erkrankungen wie Hepatitis B und C oder HIV – häufig durch das Teilen von Spritzen – sinkt signifikant. Zudem macht es der regelmäßige ärztliche Kontakt einfacher, den körperlichen und psychischen Gesamtzustand der Menschen im Auge zu behalten und gegebenenfalls schneller entsprechende Hilfen zu vermitteln. Auch die Straffälligkeit wird reduziert. Opiatabhängige Menschen, die substituiert werden, müssen sich nicht ständig „auf die Jagd“ nach dem Heroin begeben und sehen, wo sie das Geld dafür auftreiben. Das schafft mehr Ruhe, weniger Druck und erhöht oft die Bereitschaft der Menschen, sich mit ihrer Sucht auseinander zu setzen. Ein normaler Alltag und darüber hinaus mehr Teilhabe an der Gesellschaft – gegebenenfalls mit einer geregelten Arbeit – werden so wieder möglich.

Welche Aufgaben übernehmen die Beratungsstellen für Suchtfragen des Caritasverbandes Kleve bei der Substitutionsbehandlung?
Substitution verläuft nicht immer reibungslos. Wir helfen den Menschen in allen Belangen, die über die medizinische Behandlung hinausgehen, reflektieren mit ihnen und helfen Perspektiven zu entwickeln – mit oder über die Substitution hinaus. Seien es familiäre/partnerschaftliche Probleme, berufliche, juristische oder behördliche Schwierigkeiten – alles, was die Menschen in ihrem Alltag belastet und zu Rückfällen führen könnte. Des Weiteren gehören der Spritzenautomat, aus dem die Menschen saubere Spritzen beziehen können, sowie der Spitzentausch vor Ort in den jeweiligen Beratungsstellen zu unserem Angebot. Auch unsere Kontaktcafés können eine gute und unverbindliche Anlaufstelle für Menschen, die sich für Substitution interessieren, sein. Sie können so Zugang zur Beratung und eine Weitervermittlung an einen passenden, substituierenden Arzt erhalten.

In Zahlen: Wie viele Klienten der Emmericher Suchtberatung erhalten eine Substitutionsbehandlung? Und wie viele sind es beim Caritasverband Kleve insgesamt?
An die Beratungsstelle in Emmerich sind etwa 30 Klienten angebunden, die substituiert werden. Im gesamten Beratungsgebiet sind es circa 150 Klienten.

Wie schaut die Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten aus?
Die Zusammenarbeit mit den behandelnden Ärzten ist gut und hängt in ihrer Intensität vom individuellen Einzelfall ab. Sie erfolgt in der Regel per E-Mail oder nach telefonischer Absprache.

Beim Aktionstag geht es unter anderem darum, mehr Ärzte für eine Substitutionsbehandlung zu gewinnen. Wie ist es im Kreis Kleve um dieses Thema bestellt?
Es wäre wünschenswert, wenn sich noch mehr Ärzte bereit erklären würden, Substitutionsbehandlungen durchzuführen. Ein Ziel des Aktionstages ist ja auch die wohnortnahe Substitutionsbehandlung. Der Kreis Kleve ist flächenmäßig groß und der überwiegende Anteil der substituierenden Ärzte ist in der Stadt Kleve ansässig.

Julia Lörcks von der Stabstelle Kommunikation und Medien des Caritasverbandes Kleve stellte die Fragen und fasste das Gespräch zusammen.

Kurz-Infos:

Der Caritasverband Kleve hält an fünf Standorten Beratungsstellen für Suchtfragen vor – und zwar in Kleve an der Hoffmannallee 66 – 68, in Goch im Lorenz-Werthmann-Haus an der Mühlenstraße 52, in Emmerich, Kurze Straße 4.
Montags von 9 bis 14 Uhr ist Suchtberaterin Martina Splithöfer auch in Rees am Kirchplatz 12 anzutreffen.
Werner Dicks-Jarosch berät dienstags und donnerstags zudem in Kevelaer an der Marktstraße 35.
In den Beratungsstellen für Suchtfragen arbeiten insgesamt acht Mitarbeiter, die Leitung hat Diana Schüller inne. Vor Ort

Autor:

Lokalkompass Emmerich aus Emmerich am Rhein

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