Schließung ist Drama für Frintrop

Kunden wie Aylin Küplüce sind traurig, dass der Familienbetrieb an der Frintroper Straße schließt. | Foto: Debus-Gohl
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Ursula Schaulies ist entsetzt: "Wie soll das denn jetzt weitergehen in Frintrop, wenn Plassmann zumacht?". Die 71-jährige Renterin ist Stammkundin des Frische-Marktes an der Frintroper Straße. "Ich lebe seit 1965 mit meiner Familie hier im Stadtteil", erzählt sie. Alle Dinge des täglichen Bedarfs hat sie in dem Familienunternehmen eingekauft. Doch damit ist bald Schluss. Denn der Markt wird geschlossen.

Einen genauen Zeitpunkt kann Inhaber Christian Plassmann noch nicht nennen. Dass die Tage gezählt sind, steht aber außer Frage. Es finde sich kaum mehr Ware in den Verkaufsregalen, berichten Kunden. "Und Mitarbeiter haben erzählt, dass auch keine neue mehr kommt", berichtet Ursula Schaulies von ihrem letzten Besuch. Die Restbestände würden abverkauft, dann sei Schluss. Das bestätigt auch Christian Plassmann auf Nachfrage des Borbeck Kuriers.
Damit geht an der Frintroper Straße eine mehr als 100-jährige Firmengeschichte zu Ende. Die Großeltern des heutigen Geschäftsinhabers Christian Plassmann haben das Unternehmen gegründet. Die Anfänge waren ein Futtermittelhandel. Den Lebensmittelmarkt haben Vater und Onkel aufgebaut und zu einem erfolgreichen Familienbetrieb wachsen lassen.
Man verabschiede sich friedvoll vom Standort an der Frintroper Straße, erklärt der Inhaber. Nicht ohne sich bei Kunden und Mitarbeitern für die jahrzehntelange Treue zu bedanken. "Ich kann niemandem böse sein, der sich einen anderen Einkaufsmarkt gesucht hat", zeigt sich Plassmann ohne Groll über den Lauf der Dinge. Doch die Probleme, die den Erfolg des Betriebes erschwert haben, waren offensichtlich. Zu wenig Parkraum und keinerlei Möglichkeiten, das Ladenlokal baulich zu erweitern und damit an die modernen Gegebenheiten anzupassen - das sind die Dinge, die den Standort problematisch gemacht haben. "Schon mein Vater hat versucht, die Gleisschleife bebauen zu können. Doch er ist mit seinen Plänen bei der Stadt gescheitert", erinnert sich der heutige Geschäftsinhaber.
Dass sich die Nahversorgung im Stadtteil künftig schwierig gestalten wird, sieht auch Christian Plassmann so. Zumal ja auch das geplante Versorgungszentrum in weite Ferne gerückt ist. Seit knapp drei Jahren laufen die Planungen. Die Häuser entlang der Frintroper Straße sind zwar abgerissen, doch von Discounter und Vollsortimenter, die dort entstehen sollen, ist bislang noch nichts zu sehen. Die Bauarbeiten auf dem Grundstück ruhen seit Wochen. Der Stillstand belastet den Ortsteil. "Zumal der ohnehin knappe Parkraum in Frintrop durch die Baustelle noch einmal deutlich eingeschränkt wird. Wir haben versucht, mit unserem Geschäft so lange wie möglich durchzuhalten", verrät Plassmann. Von Erfolg gekrönt war dieser Versuch nicht.
Die vielen treuen Kunden des Familienunternehmens bedauern dies. Zu ihnen zählt auch Irene Weber. Sie hat gerne und oft bei Plassmann eingekauft, erinnert sich "an ein kleines, aber ausgesuchtes Sortiment mit tollen Produkten". Vor allem der Frischebereich habe überzeugt: Fleisch und Wurstwaren und auch das Angebot an der Käsetheke. Dass es mit Plassmann jetzt zu Ende sein soll, empfindet sie als ein echtes Drama für Frintrop. "Das bedeutet für die Frintroper, sie müssen sich in Sachen Einkaufsplanung komplett umstellen."
Sie selbst habe in den vergangenen Wochen bereits Teile ihrer Einkäufe in Borbeck oder im benachbarten Oberhausen erledigt. "Einfach weil es sich ja schon länger abgezeichnet hat, dass nicht immer alle Waren vorrätig waren."
Mit Lieferengpässen habe das wohl eher nichts zu tun gehabt, spekuliert Ursula Schaulies, dass die Schwierigkeiten des Unternehmens nicht erst in diesem Frühjahr begonnen haben. Kunden wie die 71-Jährige hoffen nun auf schnelle Antworten, wie es in Frintrop weitergehen wird. "Für mich ist die Schließung ein echtes Problem. Ich habe nämlich kein Auto, muss alle Einkäufe mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder aber mit dem Taxi erledigen."
Dass sich schnell etwas tut, hoffen auch Christel Nöckel und ihre Mitstreiter von "Wir für Frintrop". Die Geschäftsfrau nimmt kein Blatt vor den Mund: "Was wir hier gerade erleben, ist ein bisschen Supergau." Doch ihren Optimismus haben die Mitglieder der Initiative dadurch nicht verloren. "Wir machen weiter, schauen nach vorne." Weiter machen heißt für Christel Nöckel an den guten Ideen festhalten, mit denen man mit Erfolg die Werbetrommel für den Einkaufsstandort Frintrop gerührt hat. Dazu gehört unter anderem die Frintroper Shoppingnacht, die am 23. September in ihre vierte Runde gehen wird. "In dieser schwierigen Zeit sind wir Händler gefragt, jeder für sich." Viele haben auch schon reagiert. Haben durchgehend für ihre Kunden geöffnet.
Stillstand auf der Baustelle an der Frintroper Straße. Auf Nachfrage der Initiative "Wir für Frintrop" hat Investor Marc Wierig erklärt, dass es auf dem Gelände wohl im Mai weitergehen werden. Nicht optimal. Denn viele Frintroper werden die "lebensmittellose" Zeit in ihrem Stadtteil nutzen, sich andere Einkaufsmöglichkeiten zu erschließen. "Und Kunden zurückzugewinnen", so weiß Geschäftsfrau Christel Nöckel aus Erfahrung, "ist deutlich schwieriger als Kunden zu halten."

Die 4. Frintroper Shopping Nacht findet am Freitag, 23. September, statt. Sämtliche Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. In den Reihen der Veranstaltergemeinschaft ist man angesichts der jüngsten Entwicklungen extrem motiviert, auch die 4. Auflage der Veranstaltung erfolgreich zu organisieren. Neben den Händlern sollen Handwerksunternehmen, Vereine, Freiberufler und Bürger mitmachen. Ansprechpartner: Manfred Funke-Kaiser, Tel. 0201-600098 Initiative

Autor:

Christa Herlinger aus Essen-Borbeck

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