Prosperstraße: Plötzlicher Baubeginn schockiert Anwohner

Kahlschlag an der Prosperstraße: Sorgfältig aufgereiht liegen die noch Tage zuvor majestätischen Platanen auf dem Gelände. Foto: Debus-Gohl
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Hexbachtal, Levin- und Heißener Straße – war da nicht noch was? Ach, richtig! Anfang der Woche hat die Stadt Essen mit den Rodungen an der Prosper-/Ecke Rauchstraße begonnen. Bis Herbst 2016 soll hier eine Containersiedlung für bis zu 150 Flüchtlinge entstehen, der Beschluss zum Bau stammt bereits aus dem Mai 2015. Anwohner überrascht nicht nur der plötzliche Start der Arbeiten, einige sind geschockt über das rücksichtslose Vorgehen der Stadt.

„Wenn die roden, ist klar: Die werden da anfangen“, weiß Klaus-Dieter Pfahl, stellvertretender Bezirksbürgermeister Bezirk IV. „Das steht schon lange fest!“ Seit dem 27. März 2015 um genau zu sein: Damals beschloss der Rat der Stadt Essen Planung, Bau und Baubeginn einer Asylunterkunft mit bis dahin 100 Plätzen an der Prosperstraße, Ecke Rauchstraße. Angedacht ist die Einrichtung schon seit Februar 2014, akut wurde die Problematik aber erst mit Prognose der Flüchtlingszahlen für 2015. Erst im Dezember 2016 wurde dann die Nachverdichtung der Unterkunft von 100 möglichen Plätzen 150 beschlossen: „150 Flüchtlinge mit Bleiberecht“, ergänzt CDU-Politiker Pfahl. Gründe dafür waren erneut die steigenden Flüchtlingszahlen sowie die immensen Kosten der Unterbringung in den insgesamt zehn Zeltdörfern. Die Ausgaben für den Neubau beliefen sich ursprünglich auf knapp 3,2 Mio. Euro, die zusätzlichen 50 Plätze schlagen mit weiteren 1,6 Mio. zu Buche.

Vorgefertigte Teile

Zu Anfang waren zwei getrennte Container geplant, mit der Aufstockung der Unterkunft auf 150 Plätze wechselte der Vorschlag zu einer Modulbauweise mit vorgefertigten Teilen. Während sich Details mit der Verfügbarkeit der Container bestätigen, sieht der erste Entwurf zwei Geschosse vor. Im Erdgeschoss befinden sich beispielsweise Sicherheitsdienst, Technik und barrierefreies Bad sowie Zimmer für bis zu sechs Personen, während in der zweiten Etage Einheiten für zwei bis fünf Bewohner sind. Auf beiden Geschossen sind Sozial- und Lehrräume, sanitäre Anlagen und eine Küche vorgesehen. Der Doppelcontainer soll direkt an die Prosperstraße anschließen, zusätzlich gibt’s Stellplätze für Fahrräder und Autos sowie eine Spiel- und eine Grünfläche. Die Bushaltestelle „Kanalbrücke“ befindet sich ebenfalls gleich neben der Unterkunft. Zwar war noch im Dezember die Ansage, dass die Engpässe bei der Belieferung der Container Auswirkungen auf den Zeitplan haben könnten, der Start der Rodungsarbeiten spricht aber eine deutliche Sprache.

Gegen das Gesetz?

„Das ist alles zerstört, alles kaputt“, verzweifelt Alfons Köhler, Besitzer eines Gartens mit Tierhaltung in direkter Nähe der künftigen Asylunterkunft. „Man hätte ein bisschen Rücksicht nehmen können!“ Immergrüner Liguster, zwei Platanen und unzählige Sträucher standen bis Anfang der Woche auf dem Gelände. Auf 80 bis 100 Jahre schätzt der pensionierte Gartenlandschaftsbauer die beiden ehemals majestätischen Bäume. Die Rodungsmaßnahme trifft besonders die hier heimischen Vögel: Rotkehlchen, Zaunkönig, Heckenbraunelle, Amsel sowie Grün- und Blaufinken würden dort jetzt nisten. Doch auch andere Tiere leiden: „Die Kaninchen haben ihre Jungen dort“, erklärt Köhler. Am meisten schockiert den Gartenbesitzer aber, dass die Rodung gegen das Bundesnaturschutzgesetz sei, denn eigentlich dürfe es zwischen März und September keine erheblichen Eingriffe in den natürlichen Lebensraum von Tieren und Pflanzen geben: „Gilt das nur für uns Bürger?“ Als Tierfreund Köhler die Arbeiter vor Ort darauf hinweist, dass hier gegen geltendes Recht verstoßen werde, sei er bloß angepöbelt worden: „Das geht Sie einen Scheissdreck an!“

Bis Herbst 2016

Einen exakten Fahrplan hat die Stadt Essen aktuell nicht, die Fertigstellung ist für Herbst 2016 angesetzt. In der Dezember-Vorlage wird die Beauftragung der Gebäude auf März oder April 2016 datiert. Vor Redaktionsschluss war Vize-Bezirksbürgermeister Pfahl noch in Urlaub, bei seiner Rückkehr wird auch er die Situation an der Prosperstraße in Augenschein nehmen: „Dann gucke ich mir das mal an!“

Autor:

Alexander Müller aus Essen-Borbeck

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