ruhrtriennale 2012 (Schauspiel): "Playing Cards 1: SPADES" - brilliant, komisch, mitreißend

Erst befindet man sich am Pool... | Foto: Érick Labbé / ruhrtriennale
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Brilliant, komisch, mitreißend, anders: es gibt nicht genügend Adjektive, um dieses Stück gebührend zu beschreiben. Eine absolut geniale Bühne und komplexe Handlungsstränge, die erst am Ende zueinanderfinden, runden das Stück unter der Regie von Robert Lepage zu einem Meisterwerk ab - man kann nur gespannt sein auf die nächsten drei Stücke, die während dieser Ruhrtriennale (2012-14) angekündigt wurden.

Das Stück beginnt mit einem Monolog, einer moralsichen Anekdote. Ein Soldat erklärt die Bedeutung seiner Karten, ihren numerischen Symbolwert: sie sind seine Bibel, er trägt sie immer bei sich.

Und schon springt man nach Las Vegas, den Handlungsort des Stückes. Mitten in einer Elvis-Hochzeit landet das Publikum, das im Kreis um die runde Bühnenkonstruktion sitzt. Während des gesamten Stückes lernt der Zuschauer die komplexe Bühne kennen, sie verwandelt sich vom Hotelzimmer in eine Bar, in einen Pfandleihgeschäft, einen Pool, oder einfach in eine karge Wüste. Auch das Casino darf natürlich nicht fehlen. Die kleinsten Klappen, Scharniere und Türknaufe verwandeln die unscheinbar wirkenden Holzkonstruktion in ein komplettes Casino-Hotel in der Wüste von Nevada.

Die Handlung: Amerika erklärt dem Iraq gerade den Krieg, wir befinden uns im Jahre 2003. Doch dies ist nur die Rahmenhandlung, eigentlich folgt man Individuen in ihrem Leben oder Aufenthalt in Las Vegas. Vom Zimmermädchen über den Geschäftreisenden mit einem Spielproblem und die Prostituierte bis hin zum Langzeit-Paar; die verrücktesten, normalsten und komischsten Gestalten treffen hier ein, interagieren oder leben aneinander vorbei. Dass ihr Land sich gerade im Krieg befindet, kriegen manche Charaktere nur am Rande mit.

Wichtiger scheint die Art zu sein, in der sich "Krieg" (das Thema des Stückes, dass unter der Kartenfarbe "Spades", also "Pik" läuft) in den Alltag einschleicht: der Krieg mit der Sucht, mit dem Partner, mit einer Krankheit, mit der eigenen Sexualität oder auch der innere Krieg, die eigene Zerissenheit.

Das Stück ist international, wird in vier verschiedenen Sprachen gespielt (eine deutsche Übersetzung ist zu jedem Zeitpunkt auf Bildschirmen abzulesen): Englisch, Spanisch, Französisch und Dänisch. Allem Anschein zum Trotz führt gerade dies zu einer unglaublichen Authenzität und Glaubwürdigkeit der szenischen Erzählung.

Die Bühnentechniker, die die gesamte Zeit auf bodennahen Rollstühlen verbringen, haben ein besonderes Lob für den reibungslosen Ablauf verdient: sie haben erheblich zur Illusion der Las Vegas Hotels beigetragen. Die sechs Schauspieler, die in zahlreiche Rollen schlüpfen (und das überzeugend und nahtlos!) schaffen es, ihren Charakteren Leben einzuhauchen, sie echt wirken zu lassen. Das gesamte Ensemble (inklusive technischem Personal!) überzeugt.

Dass das Stück circa drei Stunden andauert und keine Pause hat, fällt nicht auf. Zu schnell wechseln Szenen, Kostüme und Situationen - und zu unterhaltsam ist das Ganze vor allen Dingen - Mehr wird nicht verraten!

Fazit: Ein Must-See der diesjährigen ruhrtriennale! Die letzten Vorstellungen laufen noch am Dienstag, 25., und Mittwoch, 26. September, im Salzlager an der Kokerei der Zeche Zollverein.

Autor:

Deborrah Triantafyllidis aus Gelsenkirchen

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