Hartz IV unter Beschuss wie lange nicht mehr

Die Tinte unter dem Koalitionsvertrag der „neuen“ GroKo war kaum trocken, da hatte die Bundesregierung eine gesellschaftliche Debatte über das Armutsgesetz Hartz IV an der Backe, wie schon lange nicht mehr. Ausgelöst durch den diskriminierenden und fremdenfeindlichen Beschluss der Essener Tafel, keine Bewerber mehr mit ausländischem Pass aufzunehmen, wurden die Hartz-Gesetze breit unter Beschuss genommen.

Ganz kurz wurde sogar aus Regierungskreisen die Forderung nach Abschaffung von Hartz IV scheinbar aufgegriffen. Dem schob vor allem die SPD-Führung schnell einen Riegel vor. SPD-Vorschläge, wie der nach einem „solidarischen Grundeinkommen“ sind nur die Fortsetzung von Hartz IV mit anderen Mitteln, denn sie zielen darauf ab, reguläre Arbeitsplätze im Öffentlichen Dienst zu vernichten und in staatlich geförderte Niedriglohn-Jobs zu verwandeln. Aktuell versucht die SPD ihr Festhalten an Hartz IV damit zu bemänteln, dass man in Aussicht stellt, vielleicht mal über die Wiedereinführung von Zuschüssen für größere Anschaffungen nachzudenken, etwa, wenn die Waschmaschine kaputt geht.

Insgesamt 18,2 Millionen Menschen sind allein in den vergangenen 10 Jahren im Hartz IV-Bezug gewesen. Es ist ein System der Stigmatisierung, Diskriminierung, Demütigung und Repression. 1 Million Sanktionen werden jährlich ausgesprochen, meist wegen geringer „Vergehen“, wie nicht wahrgenommener Termine.

Die Grenzen für eine „angemessene Miete“, die vom Jobcenter übernommen wird, sind eng gesetzt. In den deutschen Großstädten fehlen jedoch fast 2 Millionen bezahlbare Wohnungen, davon alleine 550.000 in NRW. Und so kommt es, dass jährlich 600 Millionen Euro an „Kosten für die Unterkunft“ nicht übernommen werden.

Was das für die Betroffenen heißt, kann man sich leicht vorstellen. Es sei denn, man heißt Jens Spahn (CDU-Rechtsausleger und neuer Gesundheitsminister). Der findet nämlich, Hartz IV gebe den betroffenen Menschen alles, was sie zum Leben brauchten. Im Überbietungswettbewerb "Wer ist der Asozialste im ganzen Land?" geht die CDU-Mittelstandsvereinigung Berlin noch einen Schritt weiter und fordert: Kein Hartz IV mehr für unter Fünfzigjährige.

Die große Mehrheit der Bevölkerung lehnt Hartz IV nach wie vor ab: „60 Prozent der Bürger wollen eine grundsätzliche Änderung von Hartz IV… Das Problem ist nur: Niemand hat ein schlüssiges und mehrheitsfähiges Konzept, was danach kommen soll.“ (SPIEGEL ONLINE, 16.4.18)

Gemeinsam mit der Montagsdemobewegung, die seit 2004 die Hartz-Gesetze bekämpft, haben wir schon lange ein schlüssiges und mit Sicherheit mehrheitsfähiges Konzept, was statt den Hartz-Gesetzen kommen soll:

Für ein armutsfestes und sanktionsfreies Arbeitslosengeld, das während der gesamten Dauer der Arbeitslosigkeit bezahlt wird!

Die gegenwärtige Debatte zeigt, dass die Forderung „Weg mit Hartz IV“ keineswegs unrealistisch ist. Wir wollen diese Debatte nutzen, um uns auch mit Vorschlägen wie dem „solidarischen“ oder dem „bedingungslosen“ Grundeinkommen auseinanderzusetzen. Sind das vernünftige Forderungen oder Scheinalternativen? Was hat der jahrelange Widerstand gegen Hartz IV bewirkt, wie kann er verstärkt werden?

Dazu laden wir zu unserem traditionellen kommunalpolitischen Frühstück am ein:

Diskussionsveranstaltung mit Frühstück gegen Spende, Sonntag, 27. Mai,
11.00 – 13.00 Uhr im Courage-Zentrum, Goldschmidtstr. 3, Essen-Ostviertel

Autor:

Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord

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