„Rüttenscheid & Altenessen-Süd“ oder „Bredeney & Vogelheim“ oder „Schuir & Altendorf"

Nord-Süd-Gefälle in Essen.

„Statistisch gesehen geht es den Deutschen so gut wie schon lange nicht mehr.“ Als ich gestern zum wiederholten Male diesen von Politikern und Wirtschaftslobbyisten gerne bemühten Satz hörte, stieg unwillkürlich Wut in mir auf. Da Wut aber bekanntlich kein guter Ratgeber ist, durchforstete ich zur Meinungsbildung ein paar Statistiken.
Dabei habe ich auch gelernt, dass Frau Merkel jährlich Waren im Wert von 26 € klaut. Statistisch gesehen. Die Frage, ob sie im realen Alltag mehr, weniger oder gar nicht klaut, bleibt unbeantwortet. Dabei sind es gerade die Fragen zu den Statistiken, die das Ganze erst spannend machen.

Es sind die kleinen Beispiele, die unmissverständlich zeigen, in welcher Schieflage sich unsere Gesellschaft befindet. Vergleichen wir mal zwei einwohnerstarke Gebiete wie Altenessen-Süd (27.078 Bewohner) und Rüttenscheid (29.199 Bewohnern) miteinander. Hier zeigt sich deutlich, wie sehr die Spaltung der Essener Stadtgesellschaft fortgeschritten ist.

Am Ende des Jahres 2015 bezogen 8.708 Menschen in Altenessen-Süd existenzsichernde Leistungen, in Rüttenscheid waren es lediglich 1.805.

Von 2005 bis 2015 wuchs die Zahl der Kassenärzte in Rüttenscheid von 141 auf 153, während sie in Altenessen-Süd von 31 auf 24 schrumpfte.

Altenessen-Süd hat im Vergleich zu Rüttenscheid 4-mal so viel Langzeitarbeitslose und 4,8-mal mehr Menschen, die existenzsichernde Leistungen beziehen.

Doppelstaater/- und Nichtdeutsche in Altenessen-Süd: 10.424
Doppelstaater/- und Nichtdeutsche in Rüttenscheid: 4.502

Stand 2017?

Bis zum Ende des Jahres 2016 wuchs die Zahl der Doppelstaater/- und Nichtdeutschen in Altenessen-Süd um 443 Personen, in Rüttenscheid um 289.
40,1 Prozent der Altenessen-Südler sind Doppelstaater/- und Nichtdeutsche. In Rüttenscheid sind es 16,7 Prozent.

Wo steht Altenessen-Süd heute? Auf alle Fälle steht Altenessen-Süd für all die Essener Stadtteile, die schon seit Jahrzehnten enormen Hilfebedarf haben. Am Ende steht die große Frage: Und nun? Leider sind Zahlen nur Schall und Rauch, wenn man sie nicht mit Fragen und Antworten greifbar macht. Und deshalb müssen noch viele Fragen gestellt werden. Wie werden die Zahlen für das Jahr 2017 aussehen? In welche Richtung hat sich unsere Stadtgesellschaft entwickelt? Wurde und wird ausreichend auf die Unterschiede eingegangen und reagiert? Wie reagiert(e) man auf die unterschiedlichen Integrationsbedarfe?

Solange das Nord-Süd-Gefälle in Essen in keine bessere Balance gerät, sollte statistisch gesehen jeder Essener dafür kämpfen, dass mehr Gleichgewicht entsteht. Ansonsten warnt ja schon die Dreigroschenoper:
"An ’nem schönen blauen Sonntag liegt ein toter Mann am Strand."
Das kann doch keiner wollen, oder?

Autor:

Susanne Demmer aus Essen-Nord

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