Nicht nur ein Bett für die Nacht

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Samstags nie und tagsüber auch nicht. Aber sonntags bis freitags von 21 bis 9 Uhr früh ist der Raum 58 eine Notschlafstelle für Jugendliche und somit wichtige Anlaufstelle in der nördlichen Innenstadt. Diese Aufgabe erfüllt er nun seit zehn Jahren, und die Nachfrage steigt.
Es gab vor zehn Jahren tatsächlich Leute, die befürchteten, Jugendliche würden von zu Hause abhausen, weil es den Raum 58 gab. Das hat sich nicht bestätigt. Vielmehr erweist sich seit zehn Jahren, dass alle zwischen 14 und 21 Jahren, die herkommen, ganz andere Sorgen haben. Hilfe und eben auch ein Bett für die Nacht finden sie an der Kastanienallee 58.
Dort ist die Hausnummer Name für eine Notschlafstelle, die jährlich von ca. 150 Jugendlichen genutzt wird. Für die, die nicht mehr weiter wissen, öffnet der Raum 58 um 21 Uhr. Doch eine Notschlafstelle ist keine Dauerbleibe, weshalb um 9 Uhr morgens Schicht ist. Macht das Sinn? Es ist der finanziellen Notwendigkeit geschuldet. Manuela Grötschel als Leiterin der Einrichtung sowie Björn Enno Hermans (SkF) und Gabriele Pack (CVJM Sozialwerk) als Vertreter der Träger würden gerne auch tagsüber helfen. Und gerne auch an sieben Tagen in der Woche. Doch so wie die Dinge sind, ist man froh, dass der Raum 58 es überhaupt bis zum zehnten Geburtstag geschafft hat.
Das liegt nicht nur an den Trägern, sondern an vielen großen Sponsoren und kleinen Spendern. Hermans: „Wir bekommen von Privatleuten 50 Euro oder von Firmen 5.000 Euro, wenn sie etwa auf Weihnachtspräsente für die Kunden verzichten. Beides ist für uns sehr wichtig.“
Die Jugendlichen kommen aus schwierigen Lebenslagen und „nicht aus den südlichen Stadtteilen“ , wie Manuela Grötschel weiß. Biografien weisen oft lange, verdeckte Obdachlosigkeit auf: „Bei Jugendlichen ist das nicht so offensichtlich.“ Viele, die im Raum 58 ein Bett für die Nacht finden, hätten monatelange Straßenerfahrung.
Noch länger sind Erfahrungen mit gescheiterten Beziehungen. Zerbrochene Familien spielen genauso eine Rolle wie der Wechsel einer Fachkraft in einem Jugendtreff oder in einer Behörde. Wieder ein anderer Ansprechpartner und wieder ein anderer... Als ein Ergebnis nennt Björn Enno Hermans: „Die psychischen Auffälligkeiten nehmen zu.“ Und das in einem Umfang, mit dem Regel­einrichtungen, also normale Jugendzentren etc., oft gar nicht mehr klar kämen.
Da zählt es schon als Erfolg, wenn ein Jugendlicher seit zehn Jahren immer wieder Kontakt zum Raum 58 hat, und sei es nur, dass er mal ans Fenster klopft. Eine Beziehung, auf die er sich verlassen kann, im Gegensatz zu vielen anderen. Und für die Verantwortlichen der Einrichtung ein Erfolg. „Erfolg, das heißt Zugang bekommen“, sagt Gabriele Pack. Zugang zu den Jugendlichen, die vor allem gelernt haben, Beziehungen zu misstrauen, die dabei und auf der Straße aber auch „Lebenstüchtigkeit anderer Art“ entwickelt haben. Die ist mit üblichen gesellschaftlichen Maßstäben nicht zu messen. „Pisa“, so Gabriele Pack trocken, „hat für die Jugendlichen hier keine Bedeutung.“
Und auch die Ziele der Mitarbeiter sind nicht dieselben. Arbeitsplatz und Wohnung für jeden Jugendlichen? Ein schöner Traum, aber unrealistisch. Die Ganztagsöffnung - das wäre ein Ziel.

So kann man helfen:
Der Raum 58 (www.raum-58.de) ist auf Spenden angewiesen (Skf Essen-Mitte, Konto 71650073, Bank im Bistum Essen, BLZ 36060295).

Autor:

Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig

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