Is Nobby am Aussterben? Gedanken zur Sprache des Ruhrgebietes

So war die Kolumne einst im Nord Anzeiger überschrieben, und Nobby machte sich Gedanken über die Welt, die kleine wie die große.
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Unsere Sprache von der Ruhr hat Kultstatus erreicht – aber wird sie noch gesprochen? Ma ährlich – wann hammse denn dat letzte Ma jemand richtich Ruhrpott labern hörn? Schon ein bisschen, Verzeihung bissken her? Schade eigentlich.

Kein Wunder also, dass es auch im Nord Anzeiger die langjährige Kolumne „Nobby ausm Norden“ nicht mehr gibt. Aber hier und da gibt‘s noch einen Quaksack, bei dem man Ruhrdeutsch hört. Aber was ist das eigentlich? Wo kommt es her, wer spricht‘s und werden wir es in Zukunft überhaupt noch hören?

Ruhrdeutsch, watt issn datt eintlich?

Los geht‘s: Ruhrdeutsch, wat issn dat? Es gilt als die Umgangssprache des Ruhrgebiets und damit als gesprochene Sprache. Nur selten findet man das Ruhrdeutsche in geschriebener Version – fast ausschließlich ist es in Gesprächen zu hören. Als Dialekt wollten es Sprachwissenschaftler bislang trotzdem nicht bezeichnen, unter anderem, weil dem Ruhrdeutschen eine langjährige Tradition fehlt und weil eben doch eine recht große Nähe zum Standarddeutschen besteht.
Und watt noch? Vielleicht das typischste Merkmal des Ruhrdeutschen ist die Sparsamkeit. Sprachwissenschaftler nennen das Sprachökonomie. Bedeutet, dass aus mehreren einzelnen Wörtern ein einziges neues gemacht wird. Ist ja auch viel praktischer, wenn man einzelne Silben verschluckt, lässt es sich viel schneller sprechen: machsse, kannze, nonimma (noch nicht einmal) – bestimmt alles schon gehört.
Döppken, Löwenköttel, Sesselpuper und Kusselkopp – ja, natürlich, auch das gehört zur Ruhrgebietssprache. Ein eigener Wortschatz, den viele als besonders liebenswert bezeichnen, weil er so anschaulich und leicht verständlich ist. Einem Ruhrdeutsch-Sprecher fühlt man sich gleich vertraut und weiß die Ehrlichkeit, mit der er sich äußert, mitunter sehr zu schätzen. Auch wenn zum Ruhrdeutschen eine ganze Menge Schimpfwörter gehören. Zumindest weiß der andere dann, wo er dran ist. Es gibt sogar einige Bücher, in denen sich die Autoren bemüht haben, besonders viele dieser Ruhrdeutsch-Wörter zusammenzutragen. Und es werden immer mehr, weil Sprache lebendig ist und auch neue Wörter gebildet werden.

Butter bei die Fische

Nu abba ma Butter bei die Fische – wat gibbet noch? Nen Föhn kriegen, jemandem auffen Zeiger gehn, jemandem scheint die Sonne aussem Arsch, nen Sockenschuss haben – Na, wissen Sie, was all das heißt? Dann sind Sie auch ein Ruhrdeutsch-Sprecher oder zumindest kennen Sie sich ganz gut aus. Denn Redensarten und Sprichwörter sind auch reichlich im Ruhrdeutschen vertreten. Sicherlich können Sie diese Liste noch um einiges verlängern.
Und, sindse imma noch am Lesen? Ja, auch grammatikalisch halten sich Ruhrdeutsch-Sprecher ungern an die Gesetzmäßigkeiten des Standarddeutschen. Dazu gehören neben den „am-Formulierungen“ wie bisse am Bügeln noch viele weitere. Das Ruhrdeutsch liegt damit manchmal ganz im Trend: Der Genitiv existiert im Ruhrdeutschen so gut wie gar nicht, da wird lieber mein Vatter sein Bruder oder de Bruder von mein Vatter gesagt.
Dat issen Dingen – wer sieht, wieviele Bücher sich mit dem Ruhrdeutschen beschäftigen und wie erfolgreich Künstler wie Elke Heidenreich alias Else Stratmann oder Uwe Lyko, vielen besser bekannt als Herbert Knebel sind, merkt wie beliebt das Ruhrdeutsche nach wie vor ist – dass es sogar eine Art Kult-Status erreicht hat. Aber im Alltag, da ist es seltener geworden, dass man auf Ruhrdeutsch-Sprecher trifft. Das mag daran liegen, dass Kinder von Eltern und Schulen immer wieder darauf hingewiesen wurden, dass das Ruhrdeutsch eine Sprache voller grammatikalischer Fehler und fehlender Strukturen sei. Und wer will sich schon als Sprecher eines „Primitiv-Deutsch“ bezeichnen lassen? Schade eigentlich. Dabei is dattoch aintlich alles Banane. Ma ährlich. Wir wissen schonn wie dat auf Hochdeutsch heißen müsst. Nur ehmt is dat so fuuachba unbequem. Also sprechen wa lieba unsa Deutsch.
Und jezz? Is Schicht im Schacht.

Von Angela Köhler

Autor:

Lokalkompass Essen-Nord aus Essen-Nord

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