Karnaper Hausbesitzer will Drainage-Bau nicht zustimmen: "Es geht nicht um mehr Geld"

Während über der Erde noch der Streit andauert, ob und wann das Ersatzsystem gebaut werden soll, geht der unterirdische Vortrieb des großen Abwasserkanals Emscher voran: Die Emschergenossenschaft hat 496 Meter des „Emscherschnellweges unter Tage“ in Essen verlegt. Der Vortrieb startete auf dem Gelände des Müllheizkraftwerks Karnap und unterquert unter anderem die B 224, bevor der Bohrer in die 50 Meter tiefe Pumpwerksbaugrube  unmittelbar westlich der Bundesstraße einfährt. | Foto: Durchleuchter
  • Während über der Erde noch der Streit andauert, ob und wann das Ersatzsystem gebaut werden soll, geht der unterirdische Vortrieb des großen Abwasserkanals Emscher voran: Die Emschergenossenschaft hat 496 Meter des „Emscherschnellweges unter Tage“ in Essen verlegt. Der Vortrieb startete auf dem Gelände des Müllheizkraftwerks Karnap und unterquert unter anderem die B 224, bevor der Bohrer in die 50 Meter tiefe Pumpwerksbaugrube unmittelbar westlich der Bundesstraße einfährt.
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Einiges Entsetzen löste in der letzten Woche die Nachricht aus, dass der Bau der Drainage, mit deren Hilfe Karnaps nasse Keller trocken gelegt werden sollen, sich verzögert. Private Grundbesitzer verweigern die Zustimmung für die Nutzung ihrer Flächen während der Arbeiten. Manche von ihnen befürchten langfristige Schäden an ihren Häusern.

Bei dem Vorhaben handelt es sich, wie berichtet, um ein Pilotprojekt für die Emscherregion. Und genau diese Tatsache lässt die Bedenken zunehmen, je näher der Start rückt. Pilotprojekt bedeutet auch: Die Ergebnisse kann noch niemand wirklich voraussagen.

Langfristige Schäden an Häusern befürchtet

Thomas Reiners gehört zu den Hauseigentümern, die der Nutzung ihres Grund und Bodens für die Dauer der Verlegung des Ersatzsystems - so die offizielle Bezeichnung - nicht zustimmen möchten. Zwar liege das Angebot vor, vorab ein Gutachten zu erstellen, damit Schäden während der Baumaßnahme beseitigt werden könnten. Aber das genügt Reiners nicht, er sorgt sich vor allem um die Zeit nach Fertigstellung der Drainage, wenn also das Grundwasser um ca. 50 cm abgesenkt worden sein soll: „Wir leben in einem Bergbaugebiet, wo die Häuser sich sowieso gesenkt haben. Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass sich unsere Häuser weiter absenken.“ Das bedeute neue Risse in der Fassade, verzogene Türen und viele weitere Schäden.
Es werde nicht von heute auf morgen passieren, wie Schäden während der Baumaßnahme, sondern erst in Jahren. Thomas Reiners: „Wir haben den Projektleiter darauf angesprochen, aber bekommen keine Antwort.“ Er fordert „einen Vertrag von den Stadtwerken und der Emschergenossenschaft, dass diese Unternehmen für die eventuell auftretenden Schäden durch Senkungen usw. für die nächsten 15 bis 20 Jahre aufkommen.“

Stadtwerke sind nicht der Auftraggeber

Dirk Pomplun, Sprecher der Stadtwerke Essen, betont, man nehme diese Sorgen sehr ernst, sei jedoch für die Forderungen der falsche Ansprechpartner: „Die Stadtwerke sind quasi die ausführende Baufirma, nicht die Auftraggeber.“ Und schon gar nicht die Initiatoren des Pilotprojektes.
Thomas Reiners, der provokant bilanziert, für vielleicht 20 betroffene Häuser mit nassen Kellern würden womöglich 200 Häuser beschädigt, stört allerdings auch, dass er als Eigentümer nun in der Öffentlichkeit als jemand gelte, der bloß auf mehr Geld aus sei. Er betont: „Wir haben einfach Angst um unsere Existenz, um unsere Häuser. Wir reden über Familien, die Jahre lang dafür gespart haben.“
In der Politik findet er so schnell keine Mitstreiter. SPD-Ratsherr Guido Reil will selber noch mehr Werbung für das Pilotprojekt machen: von Haus zu Haus gehen und Eigentümer überzeugen. Grünen-Ratsherr Walter Wandtke appelliert, nicht „große Chancen für die Zukunft Karnaps aufs Spiel“ zu setzen. Die Trockenlegung der Keller sei von einem breiten Konsens aller relevanten Gruppierungen getragen worden, und man wisse nicht, „wie lange die Finanzierung dieser großen Investition gesichert ist“.
Auch Stadtwerke-Sprecher Pomplun verwundert es, dass Bedenken nicht schon auf der zentralen Infoveranstaltung geäußert worden seien. Allerdings danach, nämlich in Gesprächen, welche der Projektleiter der Stadtwerke in Essens nördlichstem Stadtteil geführt habe.

Politiker warnen davor, eine Chance zu vertun

Nun jedenfalls wollen Stadtwerke und Emschergenossenschaft beraten, ob die Maßnahme individuell modifiziert werden kann. Pomplun skeptisch: „Eigentlich funktioniert das nur in Gänze. Schließlich ist es Pilotprojekt für die ganze Region.“ Im Sommer ist dann eine weitere Infoveranstaltung geplant.
Überlegungen aus der Politik, wonach Eigentümer auch verpflichtet werden könnten, ihren Grund zur Verfügung zu stellen, mag Dirk Pomplun sich nicht anschließen: „Hierzu kann nur ein Jurist eine verlässliche Einschätzung abgeben. Solche Vorgänge sind in der Regel jedoch sehr langwierig.“ Und sie seien ebenfalls keine Sache der Stadtwerke.

Autor:

Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig

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