Vox Populi: Wie der Gladbecker Rat mit dem A52-Ausbau Druck auf Essen Nord macht

Wirklich eine Entlastung? Verkehr von A40 und B224 umleiten soll der Ausbau zur A52. Archivfoto: dib
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Von Bund und Land bereits fest eingeplant ist der Ausbau der B224 zur A52, Ende November gab der Gladbecker Rat deshalb grünes Licht für einen Tunnel auf der Strecke, der zuvor per Bürgerentscheid abgelehnt wurde. Folgen hat das auch für den Essener Norden: Die Verbindung zwischen A40 und A2 würde eine gewaltige Schneide durch die Stadtteile schlagen.

Das Volk hat gesprochen! Im ersten Ratsbürgerentscheid in Gladbecks Historie votierten Anfang 2012 insgesamt 12.991 Wähler sowohl gegen den Ausbau der B224 zur A52 als auch gegen eine finanzielle Beteiligung von rund 2 Millionen Euro an der Entwicklung eines entsprechenden Tunnels, nur 10.255 gaben dem „Ja“ ihre Stimme. Bund und Land versprachen deshalb, keine Ausbauplanung zu starten. Leere Worthülsen, wie sich vier Jahre später zeigt: Ende November wurde per Ratsbeschluss das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau eingeleitet – mit oder ohne vollständigen Tunnel, mit oder ohne Zustimmung der Gladbecker Bürger soll das Teilstück bis 2017 stehen.
Das Thema begleitet nicht nur Gladbeck seit rund 40 Jahren, auch in Essen wird bis heute heftig über die Pläne debattiert. Ziel des Ausbaus ist eine Entlastung des Nord-Süd-Verkehrs zwischen den beiden Städten, aktuell sind die chronisch überfüllte B224 oder ein Umweg über die A40 die besten Möglichkeiten. Letzter Stand der zwischenzeitlich auf Eis gelegten Planung ist eine Verbindung des A40/A52-Dreiecks Essen-Ost mit dem A2/A52-Kreuz Essen-Nord, die sechsspurige Strecke würde eine Schneise durch Frillendorf, Stoppenberg und Altenessen-Süd schlagen, bevor sie auf die B225 stößt.

Drunter und drüber

„Es ging immer auch darum, dass die Stadt so in zwei Teile gespalten wird“, erklärt Walter Wandtke, Ratsherr Bündnis 90/Die Grünen, die Skepsis seiner Partei. Die Grünen rechnen nicht mit einer Verkehrsentlastung, rund 100.000 zusätzliche Fahrzeuge pro Tag kalkulieren die Statistiken: „Das ist eine Lärm- und Abgasmenge, die die Stadt schlucken müsste.“ Der Ratsherr bedauert die Entwicklung besonders, weil es in seinen Augen sogar kostengünstigere Alternativen gibt. So könnte man beispielsweise die U11, die bisher an der Horster Straße in Gelsenkirchen endet, einfach bis nach Gladbeck ziehen oder über einen Teil des Verkehrs durch Überholung der dortigen Ampelschaltung auf die Bottroper Straße umleiten. Aber: „Nein, man macht die Verkehrspolitik der 60er-Jahre“, resigniert Wandtke.
Ist es bisher kaum möglich, ein klares Meinungsbild abzusehen, spricht sich die CDU für die Nord-Süd-Verbindung aus: „Was auch immer wir machen: Am Ende des Tages werden es nicht weniger Autos“, ist sich Uwe Kutzner, Ratsherr und planungspolitischer der CDU, sicher. „Mir sind 100 Leute unter der Gladbecker lieber, als fünf auf der Gladbecker.“ Nach seinen Informationen wird der Verkehr im Vergleich zum alten Stand um 18 Prozent entlastet, die ÖPNV-Lösung sieht er derzeit nicht als Option: „Egal, welcher Nahverkehrsplan: Es wird eher reduziert als erweitert.“ Gleichzeitig erwartet Kutzner eine Zunahme an LKWs, auch deshalb hofft er auf vernünftige Lösungsvorschläge für den Ausbau im Essener Norden, die NRW-Verkehrsminister Michael Groschek aber bis dato schuldig bleibt. Eine Abfahrt an der Lierfeldstraße könnte unter anderem den Schwerlastverkehr in die Industriegebiete lotsen, zusätzlich könne man das Welterbe Zollverein besser anbinden.

Abwarten und Tee trinken

„Erst wenn der Ausbau in Gladbeck fertig ist, wird der Druck auf den Essener Norden so groß, dass wir uns äußern müssen“, beschwichtigt Kutzner. Die Gladbecker Bürger haben nach 2012 vielleicht bald eine weitere Gelegenheit dazu, dann entscheiden sie erneut über eine Beteiligung der Stadt am Tunnelausbau. Entweder 1,5 Kilometer unterirdisch oder 550 Meter mit überirdischer Lücke.

Gesetz zur Änderung des Gesetzes

Pläne für den Ausbau der B224 tauchten erstmals Juni 1971 im „Bedarfsplan des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985“ auf, damals lief die A42 noch unter A78. Seitdem wurde diese Planung etlichen Revisionen unterzogen, die fünfte Gesetzesänderung des Fernstraßenbaugesetzes aus 2004 schließlich stuft die Verbindung Dreieck Essen-Ost und Kreuz Essen-Nord als „fest disponiertes Vorhaben“ ein.

Autor:

Alexander Müller aus Essen-Borbeck

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