Wimpel gegen Fruchtkorb: In den 90ern drückte Wilfried Schenk Rot-Weiss seinen Stempel auf

Ein kleines Museum: In seinem Frischehandel bewahrt Schenk Mementos aus der Zeit als Geschäftsführer auf. Fotos: Gohl
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Rot-Weiss Essen hat während der letzte 108 Jahre die eine oder andere schwere Stunde erlebt. Von 1994 bis 1997 mittendrin war Wilfried Schenk. Als Präsident übernahm er die Geschicke des gebeutelten Nord-Klubs, als er gerade ganz tief unten war. Besonders spannend: Viele seiner damaligen Ideen entpuppen sich auch heute noch als geschäftstauglich.

Statt eines Sponsors prangt auf dem Trikot des RWE seit der Spielzeit 2013/2014 bloß das Wort „Essen“. Sieht man genauer hin, lassen sich in dem Schriftzug eine Vielzahl von Namen entdecken. Jeder von ihnen ist ein Hauptsponsor von Rot-Weiss Essen, sie tauchen auf dem Trikot auf, flimmern während der RWE-Heimspiele über die Bande und dürfen im Falle eines Aufstiegs mit den Spielern in der Kabine feiern. Eine ähnliche Idee hatte Jahre zuvor mit „Natürlich essen – was denn sonst?“ schon einmal jemand anders: Damals war Rot-Weiss-Präsident Wilfried Schenk Vater des Gedanken. Hinter dem Slogan verbergen sich nicht nur Stadt und Verein, sondern auch Schenks Beruf im Gemüsefachhandel.

Ein eigener Weg

„Damals haben sie jemanden gesucht, der sich engagiert“, erläutert Schenk seine Ernennung zum Präsident von Rot-Weiss Essen. „Ich habe mich dem Wunsch nicht verwehrt.“ Erst 1993 schaffte der RWE den Aufstieg in die 2. Bundesliga, wegen manipulierter Unterlagen erfolgten nur ein Jahr später erneut Zwangsabstieg und Lizenzentzug durch den DFB. Vor Wilfried Schenk stand eine große Aufgabe, wie sehr die ehrenamtlichen Verpflichtungen beim Essener Traditionsklubs mit seinem Beruf kollidieren würden, ahnte der Vorsitzende des Frischezentrums noch nicht. Sein Leben lang hatte der jetzt 70-Jährige zwei große Leidenschaften: seinen Beruf und den Fußball. Schenk spielte in der A- und B-Jugend bei ETB Schwarz-Weiß Essen, erst später wurde er Fan von Rot-Weiss.
„Wir haben versucht, den Verein in ruhige Fahrwasser zu bringen“, kommentiert Schenk sein Wirken als Präsident. Um das angeknackste Image des Vereins wieder aufzumöbeln, rief er zusammen mit der Stadtpolitik einen Runden Tisch Rot-Weiss ins Leben, überall ging er auf Sponsoren-Akquise. Schließlich kam er auf die Idee, seinen Beruf mit der Arbeit bei Rot-Weiss zu verquicken. Unter dem Slogan „Natürlich essen – was denn sonst?“ vereinte Schenk einen Sponsorenspool von rund 70 nationalen und internationalen Frischwarenanbietern. Das Motto findet sich nicht nur auf der Brust der Essener, auch an anderer Stelle spielt es eine Rolle: Statt eines Wimpels übergaben die Rot-Weissen in dieser Zeit einen Fruchtkorb, karitative Aktionen des Vereins liefen über den Gesundheits-Appell und Tüten des Frischezentrums wurden mit dem Mannschaftsbild des RWE gedruckt.
Für Öffentlichkeitsarbeit war damals Manuel Neukirchner zuständig, heute ist er Geschäftsführer des DFB-Museums in Dortmund. Eine weitere Idee von Schenk war das Erlebniszelt. Hauptsächlich als angemessenes Umfeld für VIPs konzipiert, konnte die Fläche vorm Georg-Melches-Stadion zugleich für Veranstaltungen gebucht werden. Die Arbeit des Rot-Weiss-Präsidenten zeigte schon bald sichtbare Erfolge: Das Image von Rot-Weiss verbesserte sich, sportlich gelang der Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga und enge Kontakte zu höherklassigen Reviervereinen wie Borussia Dortmund oder dem FC Schalke wurden gepflegt.

Ende einer Ära

Als dem Aufstieg der direkte Wiederabstieg folgte, verlangte der Aufsichtsrat den Rücktritt des Rot-Weiss-Präsidenten – Schenk willigte ein. Bis heute bleibt Rot-Weiss Essen Schenks große Leidenschaft: Der 70-Jährige fiebert mit und verfolgt die Ergebnisse des RWE, sein Frischehandel ist ein kleines Museum der damaligen Zeit. Mannschaftsfotos hängen neben Zeitungsartikeln, die legendären Tüten neben persönlichen Erinnerungsstücken und eine aktuelle Kurze Fuffzehn liegt auf dem Tisch. Gibt auch am Ende nur der sportliche Erfolg recht, zeigt doch die Zeit, dass Schenks damalige Ideen bis heute relevant bleiben.

Autor:

Alexander Müller aus Essen-Borbeck

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