Nach Landtagsbeschluss: Ruhrhalbinsel politisch gespalten

Vermutet machtpolitische Motive: Landtagsabgeordneter Ralf Witzel (FDP).   Foto: privat
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Wahlkreise sind keine feststehenden, unumstößlichen Bereiche, sondern in ihrer Größe durch die Einwohnerzahlen bestimmt. Wenn in einem Wahlkreis die Einwohnerzahl um durchschnittlich 20 Prozent abweicht, wird eine Änderung des Wahlkreises vorgeschlagen.

Oppositionsabgeordneter Ralf Witzel (FDP) hat sich bei der aktuellen Landtagsentscheidung klar gegen das neue Wahlkreisgesetz von SPD und Grünen positioniert, das der Landtag soeben mit rot-grüner Mehrheit beschlossen hat.
Witzel vermutet hinter der „gerade in Essen besonders unnachgiebigen Haltung der Regierungsparteien billige machtpolitische Motive“, die den Südwahlkreis betreffen, aus dem ab der Landtagswahl 2017 willkürlich die seit Jahrzehnten zugehörigen Stadtteile Burgaltendorf und Byfang neben Bredeney und Schuir künstlich herausgetrennt würden. Burgaltendorf und Byfang werden beispielsweise zukünftig mit Katernberg zu einem Wahlkreis zusammengefasst.
Witzel sieht in der rot-grünen Mehrheitsentscheidung eine sachfremde Spaltung der Ruhrhalbinsel und eine Verwässerung des dortigen Wählerpotentials und hat seinerseits die „naheliegende historische Lösung“ vorgeschlagen: Als der Südwahlkreis 2005 zu klein geworden ist, hat man Rüttenscheid hinzugefügt. Wenn er nun durch Zuzüge zu groß ist, hätte man dies wieder rückgängig machen können.
„Diese Operation wäre politisch eher neutral gewesen, da es in Rüttenscheid keinen zu deutlichen bürgerlichen Stimmenvorsprung für CDU und FDP gibt wie in den jetzt herausfiletierten Stadtteilen an völlig unterschiedlichen Rändern des Wahlkreisgebietes“, so Witzel

"Eklatanter Eingriff in die Wahlkreiseinteilung"

In einer persönlichen Erklärung im Landtag zu seinem Abstimmungsverhalten betont Witzel unter anderem: „Diesen massiven Eingriff in die Wahlkreiseinteilung, den ich noch nie so eklatant erlebt habe, halte ich persönlich für grundfalsch und kann ihn nur ablehnen. Offensichtlicher kann interessengeleitete Wahlkreisgeometrie kaum aussehen.
Entgegen allen Traditionen, den administrativen Grenzen mehrerer Stadtbezirke und landschaftlich sowie sozialräumlich bestehenden Zusammenhängen sollen nun künstliche Wahlkreisverläufe gebildet werden, die im Ergebnis auf lange Zeit den Gewinn aller Essener Direktmandate zugunsten der SPD-Kandidaten sicherstellen dürften.
Die aktuellen Absichten von SPD und Grünen nehmen vielen Wählern in der Stadt Essen die Identifikation mit ihrem Wahlgebiet und führen zu Machtverschiebungen vor Ort, die ferner einen teuren Aufwuchs der Landtagsgröße durch Verursachung von Überhangmandaten bewirken.“
Matthias Hauer (MdB), Vorsitzender der CDU Essen, erklärt dazu: „Die SPD zerschneidet den historisch gewachsenen Essener Südwahlkreis aus parteitaktischen Gründen. In den zurückliegenden Jahrzehnten wurde der Südwahlkreis - teilweise als einziger Wahlkreis im Ruhrgebiet - von der CDU gewonnen, zuletzt mehrfach von Manfred Kuhmichel.“

„Sicherer SPD-Wahlkreis“

Dieser politische Wett­bewerb im Südwahlkreis sei der SPD ein Dorn im Auge, befindet Hauer. „Indem die SPD nun vier CDU-Hochburgen aus dem Südwahlkreis heraustrennt, will die SPD ihn zu einem sicheren SPD-Wahlkreis zuschneiden. Rot-Grün sorgt dafür, dass nun der Ostwahlkreis von Katernberg bis Burgaltendorf und Byfang verläuft sowie der Westwahlkreis vom Nordviertel bis Bredeney und Schuir. Der neue Zuschnitt zeigt, dass sich die SPD über alle Sachargumente hinwegsetzt und ihre Entscheidungen ausschließlich danach ausrichtet, was der SPD nutzt.“
Erich Thiedemann, Vorsitzender der CDU im Stadtbezirk VIII (Ruhrhalbinsel), erklärt dazu: „Rot-Grüne Arroganz der Macht in NRW zerschlägt den Südwahlkreis ohne Rücksicht auf gewachsene Siedlungsstrukturen, Zusammengehörigkeitsgefühl oder Pfarrgemeindegrenzen.“

"Stadtbezirk auseinandergerissen"

Der Stadtbezirk Ruhrhalbinsel werde bei der Landtagswahl förmlich auseinandergerissen. „Die SPD konnte anscheinend nicht verwinden, dreimal in Folge den Südwahlkreis in Essen an Manfred Kuhmichel und damit die CDU verloren zu haben und setzte nun im Landtag das Herauslösen von Burgaltendorf und Byfang einzig mit Blick auf den eige­nen Vorteil durch. Ein unglaublicher Vorgang.“
Zum Hintergrund: Die CDU hatte im Verfahren vorgeschlagen, statt der vier genannten Stadtteile ausschließlich den Stadtteil Rüttenscheid aus dem Südwahlkreis (68) in den Westwahlkreis (67) zu verschieben. „Im Gegensatz zum Beschluss von SPD und Grünen wären dadurch weniger Stadtteile von einer Änderung betroffen gewesen“, erklärt Erich Thiedemann. „Zudem hätte sich der CDU-Vorschlag an gewachsenen Strukturen sowie am historischen Wahlkreiszuschnitt orientiert und er hätte er nicht zu einer Trennung von Kommunalwahlbezirken in unterschiedliche Landtagswahlkreise geführt.“

Autor:

Lokalkompass Essen Ruhr aus Essen-Ruhr

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