Kanuverband billigt Gewalt im Sport

Auch vor Vereinen - auch vor Sport - macht eine besonders perfide Form von Gewalt nicht Halt: Fertigmachen mit Methode - Mobbing - ist in deutschen Vereinen längst etabliert.
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  • hochgeladen von Ilia Faye

Mitte 2007 fing es an – ganz leise, schleichend – ließ sich dann im Laufe des Jahres 2008 in ungeahntem Maße steigern bis es Anfang 2009 mit haarsträubender Brutalität eskalierte: Mobbing in einem Kanuklub.

Das Opfer schrieb seine unfassbaren Erlebnisse nieder und veröffentlichte wenige Monate nach der Eskalation eine bewegende Autobiografie. Die ummittelbare Folge: anonyme Drohungen aus dem offenbar äußerst gewaltbereiten ‚Sport’-Verein. Es folgte ein Strafantrag gegen Mitglieder des Vereins-Vorstandes bei der Staatsanwaltschaft, deren Ermittlungen jedoch die Drohungen nicht eindeutig einem Täter zuordnen konnten.

So wandte sich das Opfer noch im Jahre 2009 mit der Bitte um eine Stellungnahme zu dieser perfiden Form von Gewalt im Sport an den Deutschen Kanuverband DKV und an den Landeskanuverband NRW. Umgehend kam eine Antwort vom DKV – höflich, kurz und nichts sagend.
Es folgten zwei weitere Schreiben des Opfers an den DKV, unter anderem die Frage, ob es angebracht sei, einen solchen Verein noch besonders zu fördern. Der Mobbing-Verein war zur DKV-Station ernannt worden und hatte zudem den Status eines ‚Kanuverein 2010’ erhalten – beides sehr geeignet, andere Kanuten anzulocken und ordentlich Werbung für diesen Verein zu machen. Ein ‚Aushängeschild’ für den Kanusport.

Endlich ließ man sich im DKV herab, eine Antwort zu senden, die schon deutlich ausführlicher ausfiel, als die Erstreaktion. Eine Bitte um Erlaubnis zur Veröffentlichung der beiden DKV-Schreiben wurde abgelehnt – ein Schelm, der böses dabei denkt. Unterm Strich lässt sich jedoch sagen: der DKV bezeichnete die ganze Angelegenheit – Vorfälle, die gesundheitliche Beeinträchtigungen des Opfers zur Folge hatten und daher als vorsätzliche Körperverletzung zu betrachten sind – als ‚völlig in Ordnung’.
Fassungslosigkeit auf der anderen Seite und bei zahlreichen anderen Kanuten, die inzwischen von den Vorfällen erfahren hatten: Gewalt unter der Flagge des DKV völlig in Ordnung?

Nach einem offenen Brief an den Deutschen Olympischen Sportbund, einer darauf folgenden Intervention des Landessportbundes NRW und einigen sehr deutlichen – kräftezehrenden – Gesprächen mit dem LSB kam es Ende 2011 endlich zu einem direkten Dialog zwischen dem Opfer und dem Kanuverband NRW.

Die Haltung des Sportverbandes war dabei sehr schnell klar. Die Publikation des Opfers wurde als Buch voller Anschuldigungen kritisiert, allein schon das Titelbild – ein Schwein inmitten eines ‚edlen’ Wimpels – als äußerst provokant beanstandet. Insgesamt die eindeutige Aussage: eine solch abstoßende Wahrheit zu inszenieren ist erlaubt, diese zu veröffentlichen ein Verbrechen. Nichts Neues in der Geschichte der Menschheit, in der man auf dem Weg des geringsten Widerstandes mit besonderer Vorliebe den Boten tötet.

Die nachdrückliche Aufforderung an den Kanuverband, diesem von Gewaltbereitschaft und Menschenverachtung geprägten Treiben im Verein entgegen zu wirken – aktiv einzuschreiten – wurde mit der Aussage ‚dafür gebe es ja keine Regularien’ ruck zuck abgehandelt. Erst aufgrund der weiteren Diskussion mit Mitarbeitern des LSB erklärte sich der Gesprächsteilnehmer des Kanuverbandes eher widerwillig bereit, zu intervenieren.

Ein Schreiben des Opfers an alle Mitglieder des Vereins, das zur Aufklärung der Ekel erregenden Vorfälle führen sollte, wurde mit der höflichen, freundlichen Bitte an den Vorstand des Mobbing-Vereins weitergeleitet, dieses den Empfängern zu übermitteln.
Was passiert, wenn man einen Vergewaltiger höflich und freundlich bittet, sich in die Öffentlichkeit zu stellen und über seine Taten aufzuklären? Er lehnt lächelnd ab, brüstet sich allenfalls im Kreise seiner Mittäter für seinen großen ‚Erfolg’ und ergötzt sich ein weiteres Mal an der offensichtlichen Hilflosigkeit des Opfers. So auch hier: das Schreiben erreichte natürlich nicht seine Empfänger, die Täter gelten im Kreise ihrer Kameraden weiterhin als völlig unschuldig, während das Opfer nach wie vor Folgen des Mobbings und eine nachhaltige Beeinträchtigung seiner Lebensqualität beklagt.

Der Bitte des Opfers, nochmals mit Nachdruck vom Verein die Aufklärung der Vorfälle zu fordern, entgegnete man seitens des Sportverbandes, man sehe keine Möglichkeit, diesen Wunsch weiter zu unterstützen. Man habe alles getan, was möglich gewesen sei – eine billige Ausflucht, die aus der höflichen, freundlichen Nachricht des Verbandes an den Verein eine reine Alibi-Handlung machte. Wo kein Wille...

Was würde – vergleichsweise – passieren, wenn alle Eltern mit der Begründung: ‚Ich darf ja mein Kind nicht schlagen, also sehe ich mich außerstande, es zu erziehen’ – von jeglicher Erziehung ihrer Kinder absehen und die Kinder für Gewalt und Verbrechen noch gelobt würden?

Besonders unverständlich wird diese ‚das-interessiert-mich-nicht’-Haltung des Kanuverbandes, wenn man einmal genauer hinsieht: so wird im Zuge einer Pflicht-Öko-Schulung den Kanuten neben ökologischen Gesichtspunkten auch vermittelt, wie sie sich zu benehmen haben – damit in der Öffentlichkeit kein schlechter Eindruck entsteht…

Unter dem Motto ‚Erschreckend, dass es Regularien braucht, um einfach mal einen Gedanken der Ethik und des Anstandes zu formulieren’ quittierte das Opfer die Ignoranz des Sportverbandes in einer inzwischen veröffentlichten Email.

Die umfassende Grundsatzfrage des Opfers: ‚Lässt sich das Verhalten eines solchen Kanuklubs mit den Zielen des Kanuverbandes vereinbaren?’ blieb unbeantwortet. Das ist angesichts der Tatsache besonders bemerkenswert, dass die Kanutin letztendlich regelrecht ‚hingerichtet’ wurde, nicht obwohl, sondern weil sie auch sportlich sehr erfolgreich wurde.
Jedoch: was will man erwarten? Schließlich ‚kennt man sich’ in diesem Sport – persönlich – und eine Krähe hackt ja bekanntlich der Anderen kein Auge aus.

Autor:

Ilia Faye aus Essen-Ruhr

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