Erholung und Badekultur in Bad Oeynhausen

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Bekannt geworden ist Bad Oeynhausen durch sein Heilwasser. Es legte die Grundlage für die Entwicklung des Ortes an der Mündung der Werre in die Weser. Als Mitte des 19. Jahrhunderts eine salzhaltige Quelle entdeckt wurde, nahm sich der damalige König Friedrich Wilhelm IV. der Gegend an. In seinem Auftrag wurde nicht nur die Erschließung der Quelle vorangetrieben, sondern auch ein Kurort nach den Bedürfnissen des Adels entwickelt. Davon profitieren bis heute die Gäste des Staatsbads im Osten von Nordrhein-Westfalen. Das ganze Jahr über können sie zwischen historischer Architektur, modernen Gesundheitsangeboten und mitten in der Natur entspannte Tage verbringen.

Herz des Ortes ist der von 1851 bis 1853 nach Plänen des Gartenbaumeisters Peter Joseph Lenné aufgebaute, 26 Hektar große Kurpark. Mit seinem alten Baumbestand ist der in unmittelbarer Nähe der zentralen Fußgängerzone gelegene Park gut geeignet für Spaziergänge. Auch außerhalb der Hauptsaison von Mai bis Oktober ist der Park gut gepflegt und ein Anziehungspunkt. Dafür sorgen nicht zuletzt die im Auftrag des Königs in verschiedenen Baustilen errichteten Badehäuser. Rund um den Park gruppieren sich nicht nur die historischen Badehäuser, sondern auch die Wandelhalle und das frühere Kaiserpalais. Eindrucksvoll ist zum Beispiel das Badehaus II, das mit seiner hohen Kuppel an einen Renaissance-Palast erinnert. „Qui si sana“ („Hier heilt man“) heißt es in einem Mosaik auf dem Boden. Im benachbarten Badehaus I standen einst 76 Wannen. Es erinnert an ein römisches Caldarium und sollte auch durch seine Gestaltung zur Heilung beitragen. Da die bürgerlichen Gäste sich wie Adelige fühlen konnten, sprach man von einer Nobilisierung. Doch der Park ist nicht nur das historische Zentrum der Stadt. Mit dem GOP-Varieté und dem Adiamo-Club im Kaiserpalais und der Bali Therme liegen zwei der modernen Attraktionen am Rande des Kurparks von Bad Oeynhausen.

Wer die Stadt nicht nur sehen, sondern einen Blick hinter die Kulissen werfen möchte, kann eine Stadtführung buchen. Die bietet zum Beispiel Christian Barnbeck an. Regelmäßig ist der 28jährige zu Architekturführungen oder verkleidet als preußischer Kurgast zu historischen Erlebnisführungen mit Gästen unterwegs durch die Stadt. Trotz ihrer 50.000 Einwohner hat diese einen familiären Charme. Immer wieder trifft Christian Barnbeck bei seinen Touren auf alte Bekannte. Zu denen gehört zum Beispiel Julia Janke (30), die nach einigen Jahren in Berlin zurück in ihre Heimatstadt gekommen ist und 359 km von Berlin entfernt ihr Restaurant „Spree Engel“ eröffnet hat. Es liegt nicht weit entfernt vom Colon-Sültemeyer-Brunnen in der Einkaufsstraße. Zu diesem gehören Skulpturen von Schweinen, die der Legende nach in Bad Oeynhausen Salz gefunden haben sollen. Historisch verbürgt ist eine andere Geschichte. Nach dieser stieß man bei der vergeblichen Suche nach Steinsalz in 700 Meter Tiefe auf eine warme Solequelle, die die Grundlage für den neu entstehenden Wohlstand in der bäuerlichen Region schuf. Von den damals neu entstehenden Anlagen profitierte nicht nur der Adel. Mit einem Bürgerbad wurde auch für die Bevölkerung die Möglichkeit geschaffen, sich vom Stress der Industrialisierung zu erholen. Zunächst wohnten die Gäste in vielen kleinen Pensionen, Villen und Fremdenheimen rund um den Kurpark. Erst später kamen Hotels und größere Kliniken hinzu. Diese entwickelten sich hervorragend bis zur Gesundheitsreform 1997. Mit dem Wegfall von kassenfinanzierten Kurgästen musste sich Bad Oeynhausen wie andere Kurbäder neu erfinden.

Dass Salz und Sole dabei eine wichtige Rolle spielen sollten, zeigt sich an vielen Details im Stadtbild. So verkauft die Bäckerei Brante in der Innenstadt bis heute auch mit Solewasser verfeinerte Backwaren. Am Rande der Stadt liegt am Ufer der Werre der einst zum Hochwasserschutz angelegte Sielpark mit dem letzten funktionsfähigen Gradierwerk der Stadt. Durch das Berieseln von Schwarzdornzweigen mit der Sole verdunstete nach und nach das Wasser, sodass am Ende Salz gewonnen werden konnte. Heute sorgt das Gradierwerk im Sommer für feuchte und gesunde Luft für die Gäste der Stadt. Mit einer Führung kann man den Bülow-Brunnen besichtigen. Die historische Holzkonstruktion holte einst die salzhaltige Sole aus 80 Metern Tiefe. Wer heute eine kleine Menge des Wassers abkocht, wird überrascht sein, wie viel Salz dabei zurückbleibt.

Nicht weit entfernt liegt ein besonderer Ort für Genießer. Im Salz- und Zuckerland verkauft Zuckerbäcker Meik Höhl (40) Bonbons, Lutscher und andere süße und salzige Erzeugnisse. Flaschen mit Ansätzen für Schnäpse und Essig gehören genauso zum Angebot wie die Möglichkeit für Kinder bei speziellen Workshops eigene Süßwaren herzustellen. Im Trend liegen aktuell Goldnüsse und scharfe Chili-Bonbons. Andere Aromen gibt es bei Dagmar Meerkötter. Die 58jährige hat in den früheren Räumen eines Badearzte eine Kaffeehaus-Rösterei eröffnet. Liebevoll eingerichtet serviert sie ihren Gästen dort „in einer der schönsten Bädervillen“ frisch gemahlenen und dann aufgebrühten Kaffee, Kakao und sizilianisches Gebäck. Schon heute kann man die Köstlichkeiten in einer früher in vielen Häusern typischen Erkersituation genießen. In Kürze wird im Nachbarraum eine kleine Schaurösterei eingerichtet. Der „Spaß am Kaffee“ entflammte bei der Inhaberin einst bei einem Besuch in Schwerin. Heute trinkt Dagmar Meerkötter keinen industriell hergestellten Kaffee mehr, sondern ausschließlich ihren eigenen und den in anderen Manufakturen langsam gerösteten.

Eine wiederbelebte Tradition aus den 1920er Jahren ist das Varieté am Rande des Kurparks. Nach einigen Jahren als Spielbank ist dort im Jahr 2000 im historischen Ambiente das GOP-Varieté Bad Oeynhausen entstanden. Nicht nur von außen ist das Haus ein echter Hingucker. Hohe Decken, reiche Verzierungen und der Charme der alten Zeit zeichnen das Haus aus. Jährlich besuchen rund 125.000 Gäste die alle zwei Monate wechselnden Shows mit internationalen Artisten. Bis zum 13. März 2016 läuft zum Beispiel die Show „Wet“. Auf der Bühne verwandeln sich in mehreren Ebenen aufgebaute Badewannen in Schauplätze für artistische und humorvolle Darbietungen. So beginnt der Strapatenartist Daniel Stern seinen Auftritt in einer großen, weißen Badewanne. Aus dieser hebt er seinen Körper in die Luft und zeigt eine kraftvolle Choreografie. Begleitet wird er dabei von einer stimmgewaltigen Sängerin, die von Opern bis zu immer neuen Versionen von „Pack die Badehose ein“ ein breites Repertoire hat. Hebefiguren, ein Auftritt am Trapez und Handstandakrobatik sind weitere Elemente der unterhaltsamen, feucht-fröhlichen Show. Verbinden kann man den Besuch im Varieté mit dem im gleichen Gebäude befindlichen Restaurant Leander. Kurz nach der Vorstellung ist das Live-Cooking-Buffet vorbereitet. Aus 30 verschiedenen Fleisch-, Fisch- und Gemüsesorten können die Gäste am Buffet wählen und sich ihr Abendessen mit der passenden Marinade von den Köchen zubereiten lassen. Dazu serviert das Serviceteam passende Getränke und auf Wunsch auch Dessert. Anschließend können die Gäste den Abend im Adiamo-Club ausklingen lassen.

Wer etwas mehr Zeit in Bad Oeynhausen verbringt, kann auf eigene Faust das Gelände der Landesgartenschau „Aqua Magica“ entdecken. Der „Park der magischen Wasser“ entstand im Jahr 2000 auf dem Gelände einer Ziegelei und liegt heute außerhalb der Saison in einem Dornröschenschlaf. Belebt wird das Gelände derzeit bei schönem Wetter vor allem durch einen attraktiven Kletterpark. Ein schöner Weg zum in Teilen gut erhaltenen Gelände führt durch das Siekertal vorbei am Museumshof mit seinen malerischen Gebäuden und der kleinen Hofwassermühle. Hat man diese passiert kommt das Gelände der Gartenschau ins Blickfeld. Viele einstige Attraktionen wie Wasser sprühende Regenschirme und Wassergärten sind erhalten geblieben. Besonderer Anziehungspunkt war damals ein heute die meiste Zeit geschlossener Wasserkrater mit Fontäne. Den einstigen Zauber kann man sich vorstellen, wenn man durch das mit einer Kette verschlossene Tor ins Innere des gemauerten Kraters blickt. Flaniert man weiter über das Gelände stößt man auf Rutschen, Klangspiele und eine interessante Spiegelattraktion. Am Rande der damals zentralen Allee des Weltklimas sieht man nur im Sommer geöffnete Pavillons und eine Indoor-Boule-Bahn.

Während früher viele Häuser mit Wannen für ein gesundheitsförderliches Solebad ausgestattet waren, ist das Hotel Wittekind am Kurpark heute das letzte Hotel mit eigenen Wannen und einer direkten Leitung zur Solequelle. Ingrid Kuben-Langmann führt das Haus mit historischem Flair mit viel Herzblut und sorgt mit ihrem Team dafür, dass sich ihre Gäste wohlfühlen. Wer sich für ein Bad entscheidet liegt rund 20 Minuten in der salzhaltigen, 36 Grad warmen und kohlesäurehaltigen Sole. Das fördert die Durchblutung und entspannt. Vom Hotel, in dem Heino und andere bekannte Künstler übernachteten, ist es nicht weit zum Deutschen Märchen- und Wesersagenmuseum und auch zur Bali-Therme, einer weiteren Attraktion im modernen Bad Oeynhausen. Die Therme im asiatischen Stil ist Anziehungspunkt bei jeder Witterung, sodass an manchen Tagen die Spinde in den Umkleiden knapp werden und Wartezeiten vor dem Eingang bis zur das Bad mit Wasser versorgenden Quelle Jordan-Sprudel entstehen. Ist man einmal im rund 25.000 m² großen Bad, kann man in verschiedenen Becken schwimmen, in Whirlpools baden und eine umfangreiche Saunalandschaft genießen. Diese liegen zum Teil im Inneren, zum Teil in einem großen Saunagarten. Aufgüsse mit Minze, Honig, Früchten oder Salz sorgen für Genuss mit allen Sinnen. Außergewöhnlich großzügige und stilvoll eingerichtete Ruhebereiche laden zum Verschnaufen und Entspannen in angenehmer Atmosphäre ein. Kein Wunder, dass die Gesundheitsstadt Bad OeynhausenJahr für Jahr rund eine Million Gästeübernachtungen zählt.

Autor:

Christian Kolb aus Essen-Steele

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