Premiere: Dogville am Aalto-Musiktheater
Eine Oper von Weltrang

Grace (Lavinia Dames) erwartet voller Spannung, wie sich die Bewohner von Dogville entscheiden werden. | Foto: Matthias Jung
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  • Grace (Lavinia Dames) erwartet voller Spannung, wie sich die Bewohner von Dogville entscheiden werden.
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Das Team des Aalto-Musiktheaters beweist in dieser Spielzeit besonderen Mut: Erstmals seit 15 Jahren wird dem Publikum eine Uraufführung präsentiert. Und dann ist es gleich auch noch Dogville - nach dem gleichnamigen Film von Lars von Trier. Seichte Unterhaltung ist da nicht angesagt.

Noch fremdelt das Opern-Publikum etwas, ausverkauft sind die jüngsten Aufführungen noch nicht. Und erstmals sind Plakate an Laternen in Rüttenscheid zu entdecken, die ganz im Stil des Guerilla-Marketings auf ungewöhnliche Weise Aufmerksamkeit erzeugen sollen: Grace wo bist Du?
"Das ist eine Ausnahme", versichert Christoph Dittmann, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Doch so falsch ist das Konzept sicher nicht. Und könnte gar nicht besser passen zu einer Aufführung, die nach den voran gegangenen Wagner- und Verdi-Opern der laufenden Spielzeit so völlig und buchstäblich aus dem Rahmen fällt.
Gordon Kampe, 1976 nebenan in Herne geboren und bereits mit einigen Auszeichnungen geehrt, zeichnet verantwortlich für die Opern-Version in 18 Bildern, die in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln zur Aufführung kommt, rund 100 Minuten dauert und ohne Pause gespielt wird.
Die nicht sonderlich gefälligen Töne, die den Essener Philharmonikern unter der musikalischen Leitung von Tomáš Netopil abverlangt werden, sind nicht weniger anspruchsvoll als der Gesang, auf den sich Zuschauerinnen und Zuschauer an diesem Opern-Abend einstellen dürfen.
Doch - soviel ist sicher: Ein Besuch der Inzenierung von David Hermann kann uneingeschränkt empfohlen werden. Damit ist dem Aalto-Ensemble mal eben eine Oper von Weltrang gelungen, die auf eindrucksvolle Weise heraus sticht aus den üblichen Klassikern, die an allen Opernhäusern dem Publikum wohl bekannt sind und gerne auf dem Spielplan stehen.
Der Inhalt des Films von Lars von Trier, dem Enfant terrible unter den Filmregisseuren dieser Welt, wird etwas verkürzt dargestellt, was jedoch weiter kein Problem ist. Überhaupt kann es nicht schaden, im Vorfeld den Film Dogville, eine schräge Mischung aus eindrucksvollem Film und hintergründigem Theaterstück, gesehen zu haben. Das hilft, die Handlung verfolgen zu können und spannende Parallelen zwischen Film und Oper zu entdecken.
Das Bühnenbild von Jo Schramm darf ohne Übertreibung als genial bezeichnet werden. Ein absoluter Höhepunkt ist die Schlussszene, die vielleicht sogar noch etwas eindrucksvoller gelungen ist als im Film.
Über viel Applaus darf sich die junge Sopranistin Lavinia Dames freuen, die in ihrer Hauptrolle der Grace überzeugt. Eine besondere Note verleiht auch Bariton und Ensemblemitglied Tobias Greenhalgh seiner Rolle des Tom Edison.
Und darum geht's in Film und Oper: Die Einwohner eines abgelegenen Dorfs gewähren einer flüchtenden Frau mit dem Namen Grace Unterschlupf und erhalten als Gegenleistung verschiedene Dienste. Grace wird jedoch zunehmend ausgenutzt und erniedrigt, wofür sie die Einwohner schließlich bestraft.
Das Filmdrama aus dem Jahr 2003, mehrfach ausgezeichnet, ist der erste Teil einer Trilogie, die mit Manderlay im Jahr 2005 fortgesetzt wurde. Man darf gespannt sein, ob auch der zweite Teil einmal als Oper am Aalto-Musiktheater zu erleben sein wird. Als Theater-Produktion stand Manderlay immerhin bereits im Jahr 2014 im Grillo-Theater des Schauspiel Essen auf dem Spielplan.
Weitere Vorstellungen: 23., 26. März; 1., 16., 30. April 2023

Autor:

Frank Blum aus Essen-Süd

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