"Eine Zensur findet nicht statt": Über Meinungsfreiheit im Internet

"Eine Zensur findet nicht statt", heißt es in Artikel 5 des Grundgesetzes.
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  • "Eine Zensur findet nicht statt", heißt es in Artikel 5 des Grundgesetzes.
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Das Recht auf Meinungsfreiheit ist nicht nur im deutschen Grundgesetz, sondern auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen festgehalten. Zweifellos ist das die Meinungsfreiheit für unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft von nicht zu überschätzender Wichtigkeit. Entsprechend sollte es für jedermann im eigenen Interesse sein, dieses Recht zu schützen – sei es im Büro, auf der Straße oder im Internet.

Die Gründe dafür sollten bekannt sein: Eine freie Gesellschaft sollte unterschiedliche Meinungen zu einem Thema aushalten, denn nur so ermöglicht sie all ihren Mitgliedern die politische Teilhabe, die ihnen zusteht. Unsere Gesellschaft lebt von einer Vielfalt an Meinungen, die schützenswert ist, auch wenn einzelne Meinungen unbegründet, ungerecht, sinnlos und sogar gefährlich und falsch sein mögen. Das Bundesverfassungsgericht urteilte in einem berühmten Fall von 1958, der Artikel 5 des Grundgesetzes sei "als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt." (Quelle)

Hier heißt es: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt." (Quelle)

Was ist eigentlich Zensur?

Gerade im Internet werden Debatten zum Teil hitzig und unsachlich geführt – das gilt auch für den Lokalkompass. Werden Kommentare und Beiträge dann durch Moderatoren gelöscht, dauert es in der Regel nicht lang, bis Vorwürfe laut werden: Zensur! Lügenpresse! Armes Deutschland! Da wird auf die Meinungsfreiheit gepocht und auf das Recht, dass man dieses oder jenes jawohl noch sagen dürfe. Aber der Passus "Eine Zensur findet nicht statt" meint zum einen ausschließlich die Vorzensur. Wie allgemein bekannt ist, werden nach der Veröffentlichung sehr wohl Inhalte geprüft und zum Teil gesperrt, etwa wenn sie gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen oder zu Gewalt aufrufen. Zum anderen meint Zensur immer einen Eingriff in die Rechte Einzelner durch den Staat. Das Fantastische an demokratischen Verfassungen wird daran gut deutlich:

Der Staat schränkt sich selbst in seiner Handlungsfähigkeit ein, um die Freiheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu garantieren.

Das Internet ist aber nicht der Staat. Das bedeutet, dass all die privat angebotenen Internetforen, Facebookseiten und Nachrichtenportale überhaupt nicht in der Lage sind, Meinungen im eigentlichen Wortsinn zu zensieren. Wenn Moderatoren und Administratoren Kommentare und Beiträge löschen, dann tun sie das zunächst im Rahmen geltenden Rechts. Denn obwohl es jedem einzelnen Bürger frei steht, seine Meinung zu äußern, stehen Verlage und andere Unternehmen nicht in der Verpflichtung, Ressourcen für die Verbreitung dieser Meinung zur Verfügung zu stellen. Entsprechend ist kein Bürger dazu verpflichtet, seinen Namen, sein Grundstück oder sein Vermögen für die Meinung anderer bereit zu stellen. Das geschieht auf freiwilliger Basis oder auf Grundlage von Verträgen.

Meinungen im Lokalkompass

Auch im Lokalkompass werden Kommentare und Beiträge teilweise oder ganz gelöscht, allerdings nicht mit der Absicht, politische Meinungen zu unterdrücken oder zu fördern. In den allermeisten Fällen greift das Community Management, wenn Texte beleidigend oder respektlos sind oder Urheberrechtsverstöße (besonders bei verwendeten Bildern) vorliegen. Tatsächlich sind in politischen Diskussionen im Portal alle möglichen politischen Haltungen auszumachen, und das soll auch so bleiben – entgegen zahlreicher Befürchtungen, man dürfe ja gar nichts mehr schreiben. Die folgenden Beispiele etwa sind aus Nutzer-Kommentaren entnommen und nach wie vor im Portal zu finden:

→ "Frau Merkel ist mit ihrem Volk unzufrieden und importiert sich gerade ein neues."

→ "Mein Fazit ist, dass es besser wäre, wenn Muslime und Christen in getrennten Gesellschaften leben und international friedliche Koexistenzen bleiben.
Alles andere ist aufgrund der islamischen Zielsetzung im Koran zum Scheitern verurteilt!"

→ "oder noch einfacher....Keinen Eintritt für arabische Mànner [in Schwimmbäder, Anm. d. Red.] fertig...So..nun mögen alle über mich herfallen.."

→ "1940 hätten wir darüber nicht diskutiert. Obwohl ich mir diese Zeit nicht wünsche, gab es Regeln im Land, welche heute fehlen. Heute macht jeder was er will, nur wir Deutsche werden dafür bestraft."

→ "Und was macht eine Vielzahl der Flüchtlinge??? Sie brandstiften, grapschen, vergewaltigen, klauen, verdrecken unsere Strassen, wissen teilweise nicht mal wie man eine Toilette benutzt und treten unsere „KULTUR“ mit Füssen."

Diese Liste könnte um einiges länger sein, obwohl niemand aus dem Community Management auch nur eine dieser Einschätzungen teilt oder gut heißt. Immerhin lassen sie zum Teil lupenrein rassistische und fremdenfeindliche Haltungen erkennen. Jeder darf seine oder ihre Meinung im Lokalkompass (und auf zahlreichen anderen Plattformen) äußern. Das heißt aber weder, dass es ein Recht darauf gibt, noch, dass ein Anspruch darauf besteht, diese Meinung unwidersprochen äußern zu dürfen. Wer mit Ressentiments und Vorurteilen Ängste schüren will, der darf das tun – auch im Internet. Aber dann machen andere eben den Mund auf.

"Eine Zensur findet nicht statt", heißt es in Artikel 5 des Grundgesetzes.
Autor:

Jens Steinmann aus Herne

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