Der Babyflüsterer - Dr. Darius Michna ist Neonatologe am Essener Elisabeth-Krankenhaus

Dr. Darius Michna vor dem Essener Babyfenster.
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„Wenn der Alarm auslöst, sind wir innerhalb einer Minute vor Ort“, erklärt Dr. Darius Michna, Chef der Klinik für Früh- und Neugeborene. Für ihn ist und bleibt es etwas Besonderes, ein Neugeborenes aus dem Baby-Fenster auf seiner Station aufzunehmen. Auch noch nach 20 Jahren Tätigkeit als Kinderarzt.

„Die Schwester, die das Kind abholt, darf ihm auch einen Namen geben, so ist es hier bei uns Tradition“, berichtet der Neonatologe. Und mit einem Augenzwinkern fügt er hinzu: „Auf unserer Station arbeiten 98 Prozent Frauen, ich muss ihnen nicht sagen, was dann hier los ist. Wir alle haben natürlich ganz besondere Gefühle für diese Art von Waisenkindern.“
Seit Oktober 2013 befindet sich das Babyfenster, das vom „Verein Essener Babyfenster e.V.“ getragen wird, auf dem Gelände des Elisabeth-Krankenhauses Essen in der Nähe der Kapelle mit benachbarter Kinderklinik und Intensivstation. Zuvor war das Haus Nazareth in der Beethovenstraße Anlaufstelle für Mütter in auswegloser Notlage.
„Von 2001 bis 2014 sind 18 Kinder in das auf 37 Grad temperierte Wärmebettchen gelegt worden“, erinnert sich Michna. „Ein Kind konnte innerhalb kurzer Zeit wieder zu seiner Mutter zurückgeführt werden, alle anderen landeten erstmal auf unserer Station und wurden dann in Pflegefamilien vermittelt.“

"Wir erleben hier viele Wunder"

Der Alarm am Babyfenster wird mit zwei Minuten Verzögerung ausgelöst, damit die Person, die das Baby hineinlegt, die Gelegenheit hat, sich anonym zu entfernen. Innerhalb von einer Minute ist Michnas Team dann vor Ort und nimmt den neuen Erdenbürger mit auf die Station. „Wir deponieren stets einen Brief beim Wärmebettchen, der den Eltern die Möglichkeit gibt, ihr Kind gegebenenfalls zurück zu holen“, erklärt Michna. In der Regel bleiben die Kleinen dann drei bis sieben Tage auf der Station, erhalten auf Kosten des Hauses alle wichtigen Vorsorgeuntersuchungen, bevor sie für circa acht Wochen in Bereitschaftspflege kommen. Nach der Dauerbereitschaft kann dann eine Adoption stattfinden. „Allerdings nicht vor dem ersten Geburtstag“, so Michna.
Auf seiner Station befindet sich derzeit kein Baby-Fenster-Kind, dafür aber 22 sogenannte Frühchen, die allesamt in Wärmebettchen noch etwas auf ihren wirklichen Start ins Leben warten müssen, um Kraft zu schöpfen und Unterhautfettgewebe zuzusetzen. Doch trotz ihrer verfrühten Geburt sind die meisten Kleinen gesund“, freut sich der Chefarzt, für den jede Geburt nach wie vor ein Wunder bleibt.
„Wir erleben hier viele Wunder“, freut er sich. So sehen es auch Michnas Töchter, die mit 25 und 23 Jahren gerne ihren Vater auf der Station besuchen. „Du hast den schönsten Beruf“, sind sie sich sicher. Und Michna bestätigt dies gern.
Sein Einstieg in die Kinderheilkunde verlief damals allerdings nicht ganz geradlinig. „Eigentlich wollte ich Chirurg werden und bin schließlich durch Zufall in der Pädiatrie gelandet. Nach einem Jahr wollte ich dann nicht mehr weg. Natürlich gehen einem einige Fälle an die Substanz und man muss lernen, als Arzt professionell zu bleiben, doch man erlebt hier auch viel Schönes!“
Erst im letzten Jahr hat Dr. Michna zusammen mit einem einstigen Frühchen, das mit unter 700 Gramm - also besonders winzig - zur Welt kam, dessen Abitur gefeiert. „Das hat mich sehr gefreut!“
30 Betten umfasst Michnas Station. Hinzu kommt noch das ganz spezielle hinter dem Baby-Fenster. Missen möchte er keines, geben alle doch dem Leben einen besseren Start.
„Manchmal wünsche ich mir hier zwar mehr Ressourcen und mehr Personal, um mich noch besser um die Eltern kümmern zu können“, fügt Dr. Darius Michna hinzu, aber im Grunde sei er ein glücklicher Mensch und lebe zufrieden im Hier und Jetzt.
Unzählige Dankesbriefe mit winzigkleinen Fußabdrücken, die an den Wänden der Frühchenstation hängen, bestätigen seine Arbeit und die seines Teams. Weitere Abitureinladungen werden wohl noch folgen.

Autor:

Petra de Lanck aus Essen-Süd

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