Wie übersetzt Google Klassiker der Lyrik?

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Jeder kennt das: Unmotiviert und fern jeder brauchbaren Idee sitzt man schon seit Stunden vor dem heimischen Computer und überlegt angestrengt. Welches originelle Gedicht zur Taufe der Nichte rezitieren? Welchen weisen Satz auf die Geburtstagskarte für Oma schreiben?

Klar, eine Möglichkeit ist nach wie vor: Anstrengen, nachdenken, selber schreiben. Aber spätestens seit Google öffentlich gemacht hat, was passiert, wenn neuronale Computersysteme sich Fotos angucken, ist klar, dass es auch einfacher gehen muss. Und natürlich, auch in puncto Wort und Schrift hat der amerikanische Datenriese dem Menschen ein nützliches Werkzeug an die Hand gegeben, auf dass er beliebige Texte ein bisschen aufpeppe, interessanter oder gar witziger mache.

Komisches Scheitern

Der Google-Translator verfügt nicht nur über zigtausende Vokabeln in mehr als 80 verschiedenen Sprachen und die dazugehörigen Alphabete, sondern gibt sich auch redlich Mühe, selbst die poetischsten Texte für Leseratten auf der ganzen Welt verständlich zu machen. Das Interessante - und eben vor allem Witzige - daran ist, dass er natürlich an dem Anspruch scheitern muss, die babylonische Sprachverirrung klären zu wollen.

Nehmen wir beispielsweise den Kinderreim "Ene mene miste, es rappelt in der Kiste" und lassen ihn vom Deutschen ins Bosnische, dann ins Italienische, Türkische und schließlich über das Dänische wieder zurück ins Deutsche übersetzen, erhalten wir den ungleich interessanter klingenden Satz "Eine místě mich und schüttelte den Kasten." In Eichendorffs "Mondnacht" schleicht sich sogar ein ziemlich aggressiver Unterton, vielleicht bedingt durch die Tatsache, dass das deutsche "war" im Englischen mit "Krieg" übersetzt wird. Doch bei aller Verfremdung des ursprünglichen Textes sind die lyrischen Klassiker nach wie vor erkennbar.

Künstliche Kreativität?

Natürlich lässt sich darüber streiten, ob das Ganze irgendjemandem, geschweige denn dem Literatur-Betrieb jemals von Nutzen sein kann. Echte Kreativität sieht anders aus, könnte man einwenden, schließlich liefert Freund Google nur fehlerhafte Übersetzungen streng nach algorithmischer Vorschrift.

Ja. Aber immer noch besser als gar nichts auf die Geburtstagskarte zu schreiben. Übrigens gibt oder gab es bereits eine ganze Reihe von Möglichkeiten, den Übersetzer von seinem Zweck zu entfremden. Selbst wenn er nie als Spielzeug programmiert worden ist, spricht doch einiges dafür, ihn als solches zu benutzen. In diesem Sinne also frei nach Georg Herwegh: "Lasst, oh lasst das Verseschweißen, auf den Amboss legt das Eisen." Oder, wie Google nach ein paar Ehrenrunden im Sprachkarussell sagen würde: "Komm, komm Texte schweißen, Inbetriebnahme des Eisenamboss."

Versucht es doch mal und zeigt uns das Ergebnis. Wir sind gespannt.

Autor:

Jens Steinmann aus Herne

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