Evangelische Gehörlosengemeinde Essen feiert 110-jähriges Bestehen

7. Mai 2017
15:00 Uhr
Reformationskirche, 45130 Essen
Ihre Gottesdienste (hier: zum Erntedankfest im Jahr 2010) feiert die Evangelische Gehörlosengemeinde Essen in der Rüttenscheider Reformationskirche. Pressefoto: Archiv/Evangelische Gehörlosengemeinde Essen
  • Ihre Gottesdienste (hier: zum Erntedankfest im Jahr 2010) feiert die Evangelische Gehörlosengemeinde Essen in der Rüttenscheider Reformationskirche. Pressefoto: Archiv/Evangelische Gehörlosengemeinde Essen
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Mit einem Festgottesdienst am Sonntag, 7. Mai, um 15 Uhr in der Rüttenscheider Reformationskirche, Julienstraße 39, feiert die Evangelische Gehörlosengemeinde Essen ihr 110jähriges Bestehen. Die Predigt hält Pfarrerin Erika Meier, Assessorin und stellvertretende Superintendentin des Kirchenkreises; der Essener Gehörlosenseelsorger Pfarrer Volker Emler wird ihre Ansprache in die Gebärdensprache übersetzen. Im Anschluss sind ein Empfang mit Grußworten sowie eine Festveranstaltung mit Kaffee und Kuchen, einem Unterhaltungsprogramm und einer Verlosung geplant; mit einem Abendimbiss klingt die Feier aus. Auch die neu aufgelegte und erweiterte Festschrift kann an diesem Tag erstmals erworben werden.

Erster "Taubstummengottesdienst" am 29. September 1907

Zwölf erwachsene Gehörlose kamen am 29. September 1907 zum ersten evangelischen „Taubstummengottesdienst“ in die damalige Pauluskirche in der Essener Innenstadt. Schnell erhöhte sich die Zahl der Gottesdienstbesucher auf dreißig, vierzig, und ein reges Gemeindeleben entwickelte sich. 1930 erfolgte mit der Gründung des „Evangelischen Taubstummenvereins Essen“, der sich schon am Gründungstag über 91 Mitglieder freute, ein weiterer Meilenstein – bevor die nationalsozialistische Diktatur für ein sehr dunkles Kapitel in der Geschichte sorgte: Nach der Verabschiedung des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ am 14. Juli 1933 wurden auch in Essen viele gehörlose Menschen zwangssterilisiert. „Eine schwere Belastung für die Taubstummen war das Sterilisationsgesetz der Partei... Manche Not wurde still getragen, zugleich mit der Last, welche die Taubheit an sich schon mit sich brachte“, schrieb der damalige Pfarrer der Gemeinde, Paul Moog, in einem späteren Rückblick. Eine weitere Bedrohung bedeutete der Versuch der Nationalsozialisten, das gesamte Vereins- und Verbandsleben zu zerschlagen bzw. gleichzuschalten und etwa die Konfirmation durch die nationalsozialistische Jugendweihe zu ersetzen. Aus Essen wird jedoch berichtet, dass viele taubstumme Kinder von ihren Eltern weiterhin zum Konfirmandenunterricht geschickt wurden – so dass nicht wenige von ihnen jetzt das Jubiläum der Diamantenen Konfirmation feiern können.

Viele Angebote für alle Altersstufen

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte das Gemeindeleben der Gehörlosengemeinde schnell wiederbelebt wurden; der „Evangelische Taubstummenverein Essen“ gründete sich als „Evangelischer Gehörlosenverein Essen“ neu. Bis heute zählen die Konfirmandenarbeit für gehörlose Jugendliche, kirchliche Feste und gottesdienstliche Feiern für gehörlose Menschen, Studienfahrten, eine umfangreiche Bildungsarbeit, die Proben des „Evangelischen Gebärdenchores“, Treffen für junge Menschen und die Eltern-Kind-Arbeit zum Angebot der Essener Gehörlosengemeinde. Zudem ist in Kooperation mit vielen Partnern ein engmaschiges Netz aus besonderen Beratungs- und Wohnangeboten für ältere gehörlose Gemeindemitglieder entstanden. Ihren Sitz hat die Gemeinde an der Henckelstraße 22 in Essen-Holsterhausen; Gottesdienststätte ist die Rüttenscheider Reformationskirche in der Julienstraße 22.

Assessorin Erika Meier: Inklusion ist Leitgedanke

„Niemand soll ausgeschlossen werden aus der Gemeinschaft, die in Jesus Christus ihren Ursprung hat. Dafür steht die Evangelische Gehörlosengemeinde Essen. Sie bietet gehörlosen Menschen eine Heimat und ist ein sehr lebendiger Teil unserer Evangelischen Kirche in Essen“, schreibt Assessorin Erika Meier in ihrem Grußwort. „Mit ihren vielfältigen Aktivitäten ist sie ein Beispiel dafür, wie an die Stelle der Ausgrenzung die Einbeziehung von Menschen in die Gemeinde Jesu Christi treten kann – und wie konkrete Hilfe Trennendes überwindet. Ich wünsche der Gemeinde und ihrem Pfarrer Volker Emler für die Zukunft Gottes reichen Segen.“

Autor:

Stefan Koppelmann aus Essen

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