„Boom-Town“ Rüttenscheid wächst weiter

In diesem definierten Bereich wurde das zusätzliche Verkehrsaufkommen für Rüttenscheid untersucht und hochgerechnet, das durch die neuen Bauprojekte (rot markiert) entstehen wird. Quelle: Stadt Essen
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  • In diesem definierten Bereich wurde das zusätzliche Verkehrsaufkommen für Rüttenscheid untersucht und hochgerechnet, das durch die neuen Bauprojekte (rot markiert) entstehen wird. Quelle: Stadt Essen
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Mehr Einwohner in der „heimlichen Innenstadt“ bedeuten aber auch: Mehr Verkehr.

Essen-Rüttenscheid steht seit langem ganz oben auf der Wunschliste namens „Wo-ich-am-liebsten-wohnen-will“, jedenfalls bei zahlreichen Wohnungssuchenden im Revier. Lebensqualität, Shopping, Lieblings-Gastronomie für jeden Geschmack, Ärzte, Kliniken um die Ecke. Und vorwiegend tolerante, kinderfreundliche und coole Leute. So wie es eben sein soll und siehe da: Das „Viertel“ wächst, ja boomt regelrecht!

Über 1000 neue Wohneinheiten unterschiedlichster Art (es gibt sogar staatlich geförderten Wohnraum, für Jahres-Einkommen bis zu 72.000 Euro) sind auf den Weg gebracht und schon im Bau ! Da war es sicher kein Fehler, dass die Stadt Essen, allen voran Stadtdirektor Hans-Jürgen Best (Ressorts auch: Stadtplanung/Bauordnung) rechtzeitig Hausaufgaben gemacht hat und ein Verkehrsgutachten in Auftrag gab.

Denn „gefühlt“ ist es im „postfaktischen Zeitalter“ auch in Rüttenscheid schon jetzt eng geworden. Als stau-trächtig haben sich die Einmündung Wittenberg- / Wittekind- oder die Kreuzung Müller-Breslau-/Paulinen- / Franziska-Straße (gefühlt wie tatsächlich) in einer wissenschaftlichen Verkehrs-Simulation durch das Aachener Büro BSV bestätigt. Strategien werden entwickelt, um Abhilfe zu leisten. Denn von obigen Hotspots abgesehen habe das Rüttenscheider Hauptverkehrsnetz laut Gutachten im definierten Gebiet (siehe Karte) „eine gute Leistungsfähigkeit“ und sei nicht am Limit.

Stadtdirektor stellte Gutachten vor

Beim gutbesuchten „Verkehrspolitischen Abend der CDU“ Rüttenscheid stand der oberste Stadtplaner Best persönlich Rede und Antwort. Er hatte sich schon gedacht, dass es nicht schaden könnte, das genannte Ergebnis mit Fakten zu füttern. Gutes Miteinander komme ja nicht von allein - sondern durch gegenseitiges und rechtzeitiges Informieren. Da das Gutachten auch schon unter essen.de für alle Bürger zu finden ist, wartete die CDU diesmal auch nicht, bis sich Essens Politiker (nach den Herbstferien gibt´s das Gutachten am 27. Oktober in der Bezirksvertretung) damit beschäftigen. Sondern hat als Prophylaxe gegen mögliches „Wutbürger“-Wesen mit der Aufklärung in Rüttenscheid begonnen.

Locker, aber sachlich und auch schlagfertig präsentierte der Stadtdirektor die offizielle „Verkehrsprüfung Rüttenscheid“. Nicht ohne anfangs klarzustellen, dass man eigentlich ja noch ganz am Anfang der Planung wäre. Und noch nichts endgültig entschieden sei. Deswegen sei er auch hier, um sich fundierte Kritik und Anregungen zu holen. Und davon gab es, ebenfalls sehr höflich und sachkundig von betroffenen Rüttenscheidern vorgetragen, doch so Einiges. Bis hin zur Nachfrage, ob gewisse Günstigst-Discounter in Rüttenscheid keine weiteren Filialen eröffnen dürften? Doch das führte dann, zwar eigenengagiert, doch etwas ab vom verkehrspolitischen Kern des Abends, wenn auch „trafficmässig verbunden“.

Das sind auch die kommenden Bauprojekte, darunter 45 bis 46 Wohneinheiten an der Müller-Breslau-Straße (ehemalige Fabrica Italiana), 420 Einheiten an der Henri-Dunant-Straße (ehem. Pädagogische Fachhochschule) samt vierzügiger Kita, 50 weitere (Eckgrundstück Henri-Dunant-Str.), 70 an der Veronikastraße, 56 (RÜNOVO am ehem. Güterbahnhof) ebenfalls Veronikastraße, 88 bis 100 Wohnungen auf dem ehemaligen Gelände von Holz-Konrad, 50 an der Wittekindstraße West (ehem. Möbellager), 120 an der Herthastraße / Gummertstraße, 20 Wohnungen an der Manfredstraße (ehem. Spedition), weitere 60 an der Manfredstraße (Feuerwache) und 26 Einheiten an der Wittenberg mit zweizügiger Kita – all das führt laut Verkehrs-Simulator zu etwa 5.300 täglichen Autofahrten mehr rund um die Rü !

Maßnahmen gegen Verkehrs-Kollapse

Und das sind die Gutachter-Vorschläge zur Vermeidung möglicher Verkehrs-Kollapse: Allgemein schätzen die gutachtenden Aachener Stadtplaner die Rüttenscheider als „intermodalaffin“ ein – als Menschen, die Verkehrsarten intelligent kombinieren, also auch Fahrrad fahren, ÖPNV nutzen und das Auto weniger als Statussymbol denn als Fortbewegungsmittel unter vielen sehen. Sich also verantwortlich dem wachsenden und gesundheitsschädigenden Verkehr durch alternative Fortbewegung stellen. Das Gutachten empfiehlt die Förderung von Car-Sharing und Radwegen (wie den Ausbau des Rommenhöller Gleises zum Rad- und Fußgängerweg, was ja auch im Hinblick auf Essens Grünem- Hauptstadt-Europas 2017-Titel als passende Maßnahme gilt). Doch auch Stadtdirektor und Dezernent Hans-Jürgen Best gab zu, dass „sich die Stadt noch was einfallen lassen muss“. Zum Beispiel bei der Henri-Dunant-Straße, die laut Gutachten mit rund 120 weiteren LKW-Fahrten und über 1.800 Autofahrten mehr pro Tag rechnen muss.

Für die nun auch gutachterlich bestätigte Überlastung im Bereich der Kreuzung Müller-Breslau-Straße/ Paulinenstraße/ Franziskastraße, als Kreuzung des äußeren Stadtrings von wesentlicher Verkehrs-Bedeutung über Rüttenscheid hinaus, empfehlen die Experten einen Linksabbieger „von der Wittekind in die Wittenberg“. Ein ergänzendes Durchfahrtsverbot für die Walpurgisstraße könnte den Verkehr auf die Hauptverkehrsstraßen festlegen. Und das Wohngebiet Walpurgis / Veronika von Durchgangsverkehren entlasten. Eine Sperrung der Walpurgisstraße hat für sich als Unternehmen (neben einigen Anwohnern) auch schon die STEAG abgelehnt, die sich auf die Kohle-Lieferzufahrt zu ihrem Heizkraftwerk angewiesen sieht - Hans-Jürgen Best wird sich wohl wirklich noch Einiges einfallen lassen müssen. An diesem CDU-Abend sagte der nachdenklich gewordene Stadtdirektor: „ Ich bin heute soweit zu sagen, dass wir das Baugebiet dann eben verkleinern müssen.“ (cd)

Autor:

Caro Dai aus Essen-Werden

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