Masterplan Verkehr: Großes Ziel ist "Grüne Welle"

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Die Stadt Essen hat ihren neuen Masterplan Verkehr vorgestellt. Mit dem Masterplan wurde die planerische Grundlage für die Gestaltung einer nachhaltigen, emissionsärmeren Mobilität in Essen geschaffen. Insgesamt 36 Maßnahmen wurden auf ihre Wirksamkeit, Finanzierung und zeitliche Umsetzung bewertet.

Für Planungsdezernent Hans-Jürgen Best wird der neue Masterplan Verkehr ein wichtiges Instrument in der zukünftigen Verkehrsplanung sein: „Durch den Masterplan wurde festgestellt, dass Diesel-Fahrverbote auf Teilstrecken zu deutlichen Mehrbelastungen im umliegenden Straßennetz führen würden und daher nicht sinnvoll sind. Umso mehr freue ich mich, dass wir mit dem Masterplan nun Bewertungen zu alternativen Maßnahmen vorliegen haben. Wir können nun sehen, wie groß die Wirkungen im Einzelnen und gebündelt als Maßnahmenpakete sind.“
Als Leitprojekt, das im Ranking die beste Bewertung erhalten hat, wurde im Masterplan Verkehr die Einführung einer umweltsensitiven Verkehrssteuerung herausgearbeitet. Die umweltsensitive Verkehrssteuerung versteht sich nicht nur als Maßnahme zur Verbesserung des Verkehrsflusses ("Grüne Welle"), sondern soll auch durch entsprechende Lenkung eine Reduzierung des Verkehrsaufkommens bewirken, ohne dass dabei grundsätzlich die Erreichbarkeit der Innenstadt beeinträchtigt wird.
Auf Grundlage des Masterplans Verkehr können nun Fördergelder aus dem Bundesprogramm "Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme", einem Baustein des Sofortprogramms Saubere Luft, beantragt werden. Das Amt für Straßen und Verkehr erarbeitet derzeit Förderanträge zur Umsetzung der umweltsensitiven Verkehrsteuerung an der Alfredstraße (B 224).
Den zuständigen politischen Gremien wird der Masterplan im Laufe des Septembers vorgestellt.

Intelligente Ampeln: Kreishandwerkerschaft fordert insgesamt neue Ideen

Die Kreishandwerkerschaft Essen fordert grundsätzlich neue Verkehrskonzepte für die Stadt. Dazu zählen eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) genauso wie intelligente Ampelschaltungen, wobei die Absicht der Stadt, auf der Alfredstraße einen besseren Verkehrsfluss zu ermöglichen, als erster Schritt in die richtige Richtung angesehen wird.
Aber auch zentrale, innenstadtnahe Gewerbeflächen für das Handwerk könnten unnötige Fahrzeiten reduzieren, meint Essens Kreishandwerksmeister Martin van Beek: „In der ehemaligen‚ grünen Hauptstadt Europas‘ stehen die Zeichen im Verkehr zu oft auf rot. Ich verliere mit meinen Firmenfahrzeugen in Summe mindestens sechs Stunden täglich an roten Ampeln.“ So wie ihm gehe es auch vielen seiner Handwerkerkollegen; der wirtschaftliche Schaden für sie, aber auch für Kunden, an welche die Kosten zumindest teilweise weitergegeben werden müssen, sei immens.
„Ampelsysteme sind in den letzten 100 Jahren nur wenig klüger geworden“, sagt der Verkehr- und Stauforscher Prof. Dr. Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen. „Das Problem ist, dass die sogenannte grüne Welle, wenn überhaupt, immer nur entlang bestimmter dominanter Strecken funktioniert. Was wir bräuchten, sind aber Quartierssteuerungen, die Verkehrsnetzwerke berücksichtigen.“

Systeme seit 100 Jahren nicht klüger geworden

Mit der zunehmenden Vernetzbarkeit von Fahrzeugen und Ampelsystemen könnten Fahrer ihre Geschwindigkeit zukünftig so steuern, dass es so gut wie keine Wartezeiten an roten Ampeln mehr zu geben braucht. Allerdings könnten solche Systeme nicht von heute auf morgen eingeführt werden und seien zudem mit Investitionen verbunden.
Kreishandwerksmeister Martin van Beek appelliert an die Stadt, derartige Technologien und Konzepte zu prüfen und in Pilotprojekten zu testen. Das Vorhaben an der Alfredstraße soll zügig umgesetzt werden! „Dass kürzere Fahrzeiten mit einer erheblichen Einsparung an CO2, Stickoxiden und Feinstaub einhergehen, versteht sich von selbst, und wir müssten über Dieselfahrverbote vielleicht gar nicht mehr sprechen.“
Aber auch der ÖPNV müsse attraktiver werden, ergänzt Wolfgang Dapprich, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Geringe Taktfrequenzen, lange Fahrzeiten, häufiges Umsteigen und dabei relativ hohe Kosten bremsten Bus und Bahn als PKW-Alternative oft aus. „Ein Azubi-Ticket ähnlich wie das Schokoticket für Schüler oder das NRW-Ticket für Studenten, wäre ein Schritt in die richtige Richtung“, so Dapprich. Die Kreishandwerkerschaft wird in diesem Zusammenhang das Gespräch mit den Verkehrs- betrieben suchen! Und noch einen weiteren Vorschlag hat der KH-Hauptgeschäftsführer: einige Ampeln nachts einfach abstellen. „Das spart unnötige Wartezeiten, Sprit und nebenbei auch eine Menge Strom.“

"Die Stadt Essen investiert bereits seit Jahren in Maßnahmen zur Luftverbesserung und Verringerung der Schadstoffbelastung“, so Oberbürgermeister Thomas Kufen. "Die Belastung durch Feinstaub und Stickoxide in Essen sinkt zwar seit Jahren kontinuierlich. Allerdings gibt es noch genug 'Luft nach oben'. Ein Fahrverbot für Diesel-Fahrzeuge ist jedoch nicht der richtige Weg. Stattdessen muss beim Thema Mobilität insgesamt umgedacht und auf mehr Nachhaltigkeit gesetzt werden."

SPD-Fraktion sieht sich in Haltung bestätigt: Masterplan Verkehr sieht keine Diesel-Fahrverbote vor

Der mit der Erstellung des Masterplans Verkehr beauftragte Gutachter gelangt zu der Einschätzung, dass Diesel-Fahrverbote nicht zu einer Reduzierung der Stickoxid-Belastung beitragen würden. Stattdessen soll eine veränderte Ampelsteuerung den Verkehrsfluss je nach Belastungslage verflüssigen oder von den Hot-Spots fernhalten.
„Wir standen einem Fahrverbot für Dieselfahrzeuge von vorneherein ablehnend gegenüber. Die Erkenntnisse des Verkehrsgutachters bestätigen nun auch offiziell unsere Meinung, dass Fahrverbote nicht der richtige Weg sind. Letztlich wären diese dem Otto-Normalverbraucher auch nicht zuzumuten“, macht der SPD-Fraktionsvorsitzende Rainer Marschan deutlich. Die Verwaltung müsse der Politik nun kurzfristig alle Maßnahmen des Masterplans Verkehr vorlegen, damit eine breite Debatte beginnen könne, so Rainer Marschan weiter.
Dem schließt sich auch Manfred Tepperis, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion und Mitglied des Aufsichtsrates der Ruhrbahn GmbH, an: „Fahrverbote hätten lediglich die Neben- und Ausweichstrecken stärker belastet. Die Probleme werden nur verlagert. Wir setzen hier auf intelligente Lösungen. Die nun anvisierte Verbesserung der Ampel-Steuerung kann helfen, die Stickoxid-Belastung in unserer Stadt zu reduzieren. Daneben halten wir auch den Ausbau von P + R-Anlagen für richtig und haben diesen auch bereits gemeinsam mit unserem Koalitionspartner im Bau- und Verkehrsausschuss angestoßen. Ich bin gespannt, welche Maßnahmen die Verwaltung uns mit dem Masterplan Verkehr vorlegen wird. Dabei ist unstrittig, dass wir insbesondere in den ÖPNV investieren müssen, um eine tatsächliche Verkehrswende erreichen zu können.“

Auch die FDP begrüßt innovative Maßnahmen: Umweltsensitive Ampel-Steuerung sei wünschenswert

Die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Essen begrüßt die Pressevorstellung des Masterplans Verkehr und sieht sich in ihrer Forderung nach Einbindung aller Verkehrsteilnehmer in eine mobile und umweltverträgliche Verkehrspolitik bestätigt. „Das Bundesprogramm 'Digitalisierung der kommunalen Verkehrswege' bietet unserer Heimatstadt gemeinsam mit dem kommunalen Masterplan die Möglichkeit, einen überfälligen Schritt in Richtung Optimierung des Verkehrsflusses zugunsten von Umwelt, Anwohnern und Mobilität zu machen“, sagt Hans-Peter Schöneweiß, Fraktionsvorsitzender der Essener FDP. „Mit Vorliegen der Ratsunterlagen werden wir Freie Demokraten die einzelnen Maßnahmen auf Umsetzbarkeit und Nachhaltigkeit überprüfen. Ziel ist und bleibt die Verhinderung von Fahrverboten.“ Schöneweiß führt als eines von zahlreichen Beispielen die Situation auf der Altendorfer Straße an. „Durch die Ampelschaltungen kommt der Verkehr an jeder Kreuzung zum Stehen. Dies schadet der Umwelt mehr als fließender Verkehr mit Bestandsdieseln. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang, dass es für eine verträgliche Mobilität auch den Mut zu Großprojekten braucht, wie die A 52-Durchstreckung und den Ruhralleetunnel.“

Autor:

Harald Landgraf aus Dinslaken

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