Haltung und Meinung

Graffiti unter der Gustav-Heinemann-Brücke in Gedenken an Gereon Buchholz. 
Foto: Henschke
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Der Tod des Redakteurs Gereon Buchholz ist ein nicht zu ermessender Verlust für Werden

Gereon Buchholz ist tot. Diese Nachricht ließ Werden verstummen. Der langjährige Redakteur der Werdener Nachrichten hinterlässt eine Lücke, die noch gar nicht zu ermessen ist.

Erst nach und nach begreift das Abteistädtchen, was für einen Verlust dieser Tod bedeutet. Erst nach und nach finden die Werdener Kraft, die Gedanken zu sortieren und ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Das geschieht auf mannigfaltige Weise, alle eint jedoch der Wunsch, an Gereon Buchholz, an sein Wesen und an sein Wirken zu erinnern. Jeder hat da andere Erinnerungen an die Begegnungen mit dem allgegenwärtigen Redakteur. Spontan der Entschluss von Mali Sirin und Uli Tonder, im September ein Gedächtniskonzert im Biergarten am Ruhrufer zu veranstalten. Für dieses Konzert im Gedenken an Gereon Buchholz hat bereits Dame Zlatkov von der Gruppe „Paper Plane“ zugesagt. Eine neue Werdener Band, die von Gereon Buchholz interviewt wurde und über deren Auftritt in den Domstuben er wohlwollend schrieb. Sie möchte Danke sagen und auf ihre Art Abschied nehmen. Es soll ein Konzert der Bürger und Leser werden, Bezirksbürgermeister Dr. Michael Bonmann wird die Schirmherrschaft übernehmen.

Mit Zuneigung begleitet

Über 30 Jahre lang begleitete Gereon Buchholz das Geschehen in Werden in seiner Zeitung, der ältesten im Ruhrgebiet. Immer bestens informiert, stets verbindlich in den Aussagen, nie anbiedernd. Da nahm der Zeitungsmann durchaus in Kauf, dass nicht immer jedem alles zusagte. Und doch verzieh er den Werdenern mit Zuneigung immer wieder ihre Schwächen, selbst ungerechtfertigte Attacken. Deutlich seine Haltung, die Meinung nie hinter der Chronistenpflicht versteckt. Aber sich gemein zu machen mit einer Sache, das war sein Ding nun auch wieder nicht. Im Büchlein „Werdener Kanon der Literatur“ hatte Gereon Buchholz auch eine Meinung, nämlich zur Frage nach dem Lieblingsbuch. Es wurde „Löcher“ von Louis Sachar, es hätte auch werden können: Ein aberwitziges Werk des Autors William Kotzwinkle. Bereits 1974 geschrieben. Bei „Fan Man“ dreht sich alles um den irren, aber irgendwie auch liebenswerten Horse Badorties: ein Mietnomade, der Wohnungen zumüllt und dabei über Gott und die Welt sinniert. Ein Buch, welches vor Sprachwitz sprüht. Das passte zu Gereon Buchholz. Dachte sich auch der Sprüher, der unter der Gustav-Heinemann-Brücke seine ganz eigene, künstlerische Variante eines Gedenkens fand.

Eine Mahnung

In der Grafenstraße bleibt der Blick an den vielen Blumen hängen, die als letzter stiller Gruß vorm Redaktionsfenster stehen. Gespräche über den Verstorbenen spiegeln Nichtverstehen sowie eine große Traurigkeit wider. Was bleibt? Dieser zu frühe Tod des eher stillen Zeitgenossen mit dem milden Lächeln, dem großen Wissen und dem wohltuenden Wortschatz sollte die Werdener mahnen, wieder auf verloren geglaubte Tugenden zurück zu greifen: Dem anderen geduldig zuhören. Wirklich zuhören. Denken, bevor man spricht. Nicht alle Brücken abbrechen, sondern vor allem in politischen Dingen trotz aller Kontroverse im Konsens wieder zusammenfinden. Dafür stand Gereon Buchholz, wenn er für Werden kämpfte und schrieb. Da schien er unermüdlich, war es am Ende aber doch nicht. Fernando Pessoa fand da treffende Worte: „Wenn das Herz denken könnte, würde es stillstehen.“

Graffiti unter der Gustav-Heinemann-Brücke in Gedenken an Gereon Buchholz. 
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Graffiti unter der Gustav-Heinemann-Brücke in Gedenken an Gereon Buchholz. 
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Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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