„Ich habe Salsa im Blut“

Masha Lehmann und Juliana Betancur sind gute Freundinnen geworden. 
Foto: Henschke
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Juliana Betancur aus Kolumbien als Austauschschülerin in Deutschland

Zwei selbstbewusste junge Damen, die sich da dem Interview stellen. Eine der beiden 15-Jährigen sagt: „Ich habe Salsa im Blut.“

Das ist mal eine Ansage. Die kolumbianische Austauschschülerin Juliana Betancur besuchte das Gymnasium Essen-Werden und lebte in Gastfamilien. Zunächst war sie in Werden beheimatet, dann stand ein Wechsel an. Hier kam Masha Lehmann ins Spiel: „Wir kannten uns schon aus der Schule. Als dann unsere Klassenlehrerin herumfragte, wer Juliana aufnehmen könnte, war das für meine Eltern überhaupt kein Problem.“ Die Lehmanns wohnen in Hösel. Zunächst wurde eifrig umstrukturiert: Der kleine Bruder zog um ins ehemalige Arbeitszimmer der Mutter. Zwei Zimmer wurden zu einem großen umgebaut.

Deutsche Wurzeln

Juliana ist ein vielseitig talentiertes Mädchen. Sie spielt Basketball und Querflöte, segelt und tanzt gern. Ihre Familie wohnt etwas außerhalb von Bogotá. Eine der am schnellsten wachsenden Metropolen Südamerikas, in der 1538 gegründeten Hauptstadt Kolumbiens leben an die acht Millionen Einwohner. Die Stadt liegt in einer fruchtbaren Hochebene der Anden auf 2.640 Metern. Juliana geht seit zehn Jahren auf eine deutsche Schule. Eine große Schule mit über 2.000 Schülern, drum herum ein hoher Zaun. Mal so eben ins Städtchen hineinspazieren wie in Werden geht dort nicht, die Sicherheit wäre nicht gewährleistet. Die ältere Schwester schwärmte von ihrem Besuch in Deutschland, war dort mit einer anderen Organisation. Das klappte auch, aber Juliana wollte lieber mit „Open Door International“ reisen: „Alle sagen, dass ODI die Besten sind.“ Auf einer großen Informationsveranstaltung wurde mit Erfolg geworben: „Fast unsere ganze 9. Stufe ist zurzeit in Deutschland.“ Gerne wollte Juliana noch länger bleiben. Doch immerhin ein halbes Jahr lang konnte sie ihren Wurzeln nachspüren: „Meine Uroma stammte aus Deutschland. Deshalb habe ich auch beide Staatsbürgerschaften.“

Eine gute Zeit miteinander

Der Schulunterricht war schon eine Herausforderung: „Hier in Deutschland ist alles viel schneller. Der gleiche Stoff muss in kürzerer Zeit gelernt werden.“ Auch das Bewertungssystem ist anders: „In Kolumbien gibt es eine Skala von 2 bis 10 Punkten. Man braucht mindestens einen Sechserschnitt, damit man nicht durchfällt.“ Im Unterricht wurde Deutsch gesprochen: „Ich habe eigentlich alles verstanden, aber wenn ich einen einzelnen Begriff nicht kannte, fehlte mir dann natürlich der Zusammenhang.“ Und zumindest einmal auch der Halt: „Ich bin im Physikunterricht vom Stuhl gefallen. Der Lehrer dachte erst, die Masha hätte mich geschubst.“ Das klärte sich aber schnell auf: „Dieser Lehrer ist echt nett.“ Die beiden 15-Jährigen müssen unwillkürlich lachen. Schöne gemeinsame Erlebnisse verbinden die Deutsche und die Kolumbianerin für alle Zeiten. Juliana und ihre Gastfamilie hatten eine richtig gute und positive Zeit miteinander. Unzählige Unternehmungen brachten der Kolumbianerin „Die alte Welt“ näher. Sie besuchte Sylt und Holland, machte einen Skikurs im Sauerland. Lernte Land und Leute kennen, die deutsche Kultur. Und wie man Bahn fährt: Juliana machte Bekanntschaft mit Wortungetümen wie „Schienenersatzverkehr“. Bis Hösel sind es mit der Bahn eigentlich nur zehn Minuten Fahrzeit. Aber die Strecke war gesperrt, plötzlich benötigte man eine Dreiviertelstunde.

Open Door international

Seit gut zwei Jahren stellt sich Martina Funk ehrenamtlich als lokale Betreuerin zur Verfügung. Die Werdenerin kümmert sich gerne um die jungen Menschen, die Deutschland kennenlernen möchten. Betreut die Familien, die Gastschüler aufnehmen: „Es gibt zwar eine kleine Aufwandsentschädigung. Doch wegen des Geldes macht das hier bestimmt keiner. Es ist immer wieder ein ganz besonderes Erlebnis und erweitert den Horizont. Wir haben zurzeit auch Franzosen, Japaner und Südafrikaner in der näheren Umgebung. Spannend.“ Martina Funk hält vor Ort die Stellung, die gemeinnützige Organisation Open Door International sitzt in Köln. Auf der Homepage "opendoorinternational.de" gibt es weitere Informationen. Heike Kartenbender ist Ansprechpartnerin für Gastbesuche in Deutschland und hilft gerne weiter. Sie ist unter 0221-60 60 855-13 zu erreichen.

„Ich esse viel und alles“

Wie war das noch mal mit dem Tanzen? Juliana strahlt: „Ich stamme ursprünglich aus der Stadt Calí, die als ‚Hauptstadt des Salsa‘ bekannt ist. Ich habe Salsa im Blut.“ Juliana und Masha besuchten zwar einen Tanzkurs, doch die deutschen Jungs haben irgendwie kein Rhythmusgefühl und sind doch ziemlich stocksteif. Was Juliana auch erleben musste, als sie im Sportunterricht eine Salsa-Stunde abhielt. Kolumbien hat ja auch etliche Musik-Weltstars zu bieten, die die Charts toppen. Wen hört sie da lieber? Eher Juanes oder Shakira? Juliana überlegt kurz und findet ein salomonisches Urteil: „Am meisten mag ich den Sänger Carlos Vives.“ Was wird ihr fehlen? „Das Essen in Deutschland. Ich esse viel und alles. Besonders Döner werde ich vermissen.“ Die deutschen Städte wohl nicht so sehr: „Bei euch ist alles ein wenig langweilig. Es gibt einen Dom und einen Bahnhof. Überall das Gleiche. Bei uns in Kolumbien ist alles viel bunter.“ Ist Masha auf den Appetit gekommen? Lockt das Ausland? „Ich wollte zunächst im zehnten Schuljahr gehen. Aber inzwischen habe ich mir überlegt, erst das Abitur zu machen und dann in den USA zu studieren. Am liebsten Psychologie.“ Auch Juliana absolviert G8 und möchte erst einmal ihr Abitur bauen. Und dann? „Dann möchte ich unbedingt in Deutschland studieren.“

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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