„Einer von uns“

„Wir sind ein Team!“ Erdem Demov und seine Mitspieler in der B-Jugend des SC Werden-Heidhausen. 
Foto: Henschke
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Fußballer sammeln für ihren Mitspieler, der mit seiner Familie das Land verlassen muss

Eine letzte Partie, das war es wohl. Der 15-jährige Erdem Demov muss das Löwental verlassen, zurück nach Mazedonien. Zurück dorthin, wo seine Familie keine Chance hat. Zurück in das Land, aus dem sie mit großen Hoffnungen nach Deutschland geflohen war. Für seine Mitspieler beim SC Werden-Heidhausen steht fest: „Wir helfen Erdem und seiner Familie.“

Seit dem vorjährigen Sommerfest rund ums Flüchtlingsheim im Löwental kümmern sich Inge Knaps und Lutz Schröder ehrenamtlich um die zwei mazedonischen Familien der Brüder Ismail und Vagdet Demov. Sie begleiteten bei den notwendigen Gängen zu Behörden und auch Ärzten, denn die jüngste Tochter Srima litt unter einer Lippen-Kiefern-Gaumenspalte, musste operiert werden. Die Demovs sind fußballbegeistert, die Brüder kicken bei der SG Werden 80 in der Reserve, Erdem jagt beim SC Werden-Heidhausen dem Leder hinterher, wurde als torgefährlicher Stürmer auf Anhieb Meister mit seiner Jugend. Nun aber muss die Familie nach Mazedonien zurückkehren. Inge Knaps ist sehr traurig, sieht aber keinerlei Möglichkeiten mehr: „Wir haben alles begleitet. Anhörung beim BAMF, Ausländeramt, Anwalt, doch ohne Chance. Mazedonien gilt als herkunftsicheres Land. Wir konnten noch eine Verlängerung bis September erringen, aber jetzt ist alles ausgeschöpft.“

„Eine menschliche Tragödie“

Die Mitspieler von Erdem Demov in der Löwentaler B-Jugend sind wie vor den Kopf geschlagen: „Erdem ist doch einer von uns. Kann man da gar nichts machen?“ Nur wenig, wissen die Trainer Uli Fild und Marco Honnerlage und verfassten einen Aufruf: „Die Familie lebt seit einem Jahr in dem Flüchtlingsheim direkt neben dem Sportplatz, Erdem spielt seitdem in unserer Mannschaft, ist gut integriert und hat viele Freunde im Team. Für unsere Mannschaft ist sein Wegzug nicht nur sportlich ein herber Verlust.“ Dabei ist man nicht naiv beim SC, weiß um die bürokratische Situation: „Was gesetzlich nicht zu beanstanden ist, ist menschlich sicherlich eine Tragödie. Nach der Rückführung der Familie wird es für sie nicht leicht in Mazedonien, gehört sie doch der türkischen Minderheit an, die in dem Land sozial am Rande der Gesellschaft steht. Wir haben uns daher entschlossen, der Familie Demov die Wiedereingliederung zu erleichtern, indem wir durch eine Spendenaktion eine Starthilfe geben möchten. Wir sind für jede Hilfe dankbar.“

Das Konto

SC Werden Heidhausen
Stichwort: Spende Familie Demov
Geno-Volksbank Essen
IBAN: DE88 3606 0488 0574 8270 00
Der Verein weist darauf hin, dass er hierfür keine Spendenbescheinigung ausstellen kann.

Offene Feindschaft

In der Tat, Mazedonien ist in einer tiefen politischen Krise. Die Regierung schürte populistische und nationalistische Ressentiments, der harte und unversöhnliche Kurs erklärt auch das massive Vorgehen der Regierung in der Flüchtlingsfrage, das in der Ausrufung des Notstands und dem Einsatz des Militärs an den Landesgrenzen gipfelte. In der offenen Feindschaft zwischen der mazedonischen Mehrheit und der albanischen Volksgruppe drohen Minderheiten zerrieben zu werden. Als Nachfahren der osmanischen Besatzer sind die Türken in Mazedonien ohnehin ungeliebt, stellen nach jahrzehntelanger Verfolgung auch nur noch 3,9 Prozent der Einwohner. Die Stadt Strumica liegt im Südosten Mazedoniens, nahe Bulgarien und Griechenland.
Das nahegelegene Dorf heißt Grada Scorci, 200 der rund 800 Einwohner gehören der türkischen Minderheit an. Dorthin werden Erdem und seine Familie reisen müssen. Vater Ismail Demov sieht einen Lichtstreif: „Wir können ein kleines Haus erwerben, denn der Besitzer mag dort nicht mehr wohnen. Er möchte nicht neben Türken leben.“ Erdems Onkel Vagdet zittert förmlich ob des Unverständnisses für so viel Hass: „Wenn wir zurück müssen, was geschieht dann mit uns?“ Seine kleine Tochter Srima muss noch zwei oder drei weitere Male operiert werden, bekommt Logopädie, damit sie endlich sprechen lernen kann. Dann droht auch dieser Familie die Abschiebung.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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