„Nicht Stadtplanung gegen Kindeswohl ausspielen“

Viel ungenutzte und romantisch verwilderte Fläche im Löwental. 
Foto: Henschke
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Soll das Werdener Löwental aus seinem Dornröschenschlaf geweckt werden?

Die Bezirksvertretung IX hatte in die die Domstuben zur Diskussion geladen. Ein erstaunter Bezirksbürgermeister Michael Bonmann war erfreut über die enorme Resonanz der Bevölkerung: „Das hätte ich nie gedacht.“

Es ging ums Löwental. Einst das Entree des noch selbstständigen Abteistädtchens, mit repräsentativem Bahnhof, dem stattlichen Jugendstilhotel Werdener Hof und einem beliebten Strandbad an der Ruhr. Dieses Areal muss mit völlig verwilderten Grundstücken, verlassenen Gebäuden und schlimmen Schmuddel-Ecken leben. Doch der bevorstehende Abriss des leergezogenen Übergangswohnheims schafft eine ganz neue Situation und weckt Begehrlichkeiten. Als erstes meldete die städtische Verwaltung Bedarf an. Da es in Werden westlich der Ruhr keinen Kindergarten gebe, solle eine viergruppige Kita auf dem Gelände entstehen, eine entsprechende Bauvoranfrage sei bereits gestellt. Ilka Mees vom Jugendamt nannte ihre Zahlen. So stünden in Werden nur 83 Plätze für U3 Betreuung zur Verfügung, das seien gerade einmal 37 Prozent des gemeldeten Bedarfs. Bei einer breit angelegten Suche sei nur dieses eine städtische Gelände übrig geblieben: „Da haben wir zugegriffen. Für uns ein idealer Standort.“ Die ins Gespräch gekommene Jugendarrestanstalt im Wesselswerth sei definitiv zu klein: „Wir benötigen eine Gesamtfläche von 1.150 Quadratmetern.“ Sollte das Projekt im Löwental nicht realisiert werden, habe man mindestens zwei Jahre verschenkt.

„Parforceritt der Verwaltung“

Doch Michael Bonmann machte klar: „Sicherlich überlegenswert. Doch solch ein Parforceritt der Verwaltung wird von mir nicht anerkannt.“ Denn die Bezirksvertretung sieht zumindest an dieser Stelle ganz andere Möglichkeiten und hat ihre eigene Meinung zum Thema „Flächenentwicklung im Löwental“. Grundlage der Überlegungen muss der rechtskräftige Bebauungsplan von 1983 sein. Der war notwendig geworden für den Neubau einer großen Sporthalle und erweckt bei der Lektüre etliche aha-Momente. So wird ausdrücklich eine Nutzung als Sonder-Wassersportgebiet definiert. Also bauliche Nutzungen im Zusammenhang mit dem Freizeit- und Erholungsbereich Ruhrufer, die in benachbarten Grüngebieten selbst als Ausnahme wie etwa bei Bootshäusern nicht zulässig wären. Etwas sperrig wurde 1983 formuliert: „Das können Gebäude für Unterkunft (Hotel), Schulung, Verwaltung, das Abstellen von Gerät und auch von Kraftfahrzeugen sein.“ Hintergrund war, dass dort das bundesweite DLRG-Zentrum für Verwaltung und Ausbildung mit Unterkünften geplant war. Nie gebaut.

„Exponierte Lage muss genutzt werden“

Architekt Arnim Schmidt stellte seine Überlegungen vor: „In Werden fehlt ein veritables Hotel. Und diese exponierte Lage muss einfach genutzt werden.“ Seine Vision ist das Sport-Hotel „Val de Lion“ mit attraktiven Angeboten für Sportler, Messegäste, Geschäftsreisende oder Radtouristen. Da wären Fitness und Wellness, Schwimmbad und Massageräume. Verkehrstechnisch bestens angebunden: Bahnverbindungen zu den Messen in Essen und Düsseldorf, dem dortigen Flughafen. Potenzielle Investoren hätten durchaus Interesse bekundet, auch ein stadtbekannter Hotelier als möglicher Betreiber. Natürlich müsse die Stadt willens sein, das Gelände zu verkaufen. Arnim Schmidt wünscht sich dazu noch eine kleine Gastronomie: „Warum nicht unter der mächtigen Blutbuche mit ihren über vier Metern Stammumfang? Ein Biergarten an dieser Stelle hätte einen wunderbaren Blick auf die Ruhr.“ Unterstützung fand Schmidt in Rolf Sachtleben. Der Geschäftsführer des Werberings verdeutlichte: „Ich habe auch vier Enkelinnen. Von daher bin ich immer für Kitas. Aber für Werden ist zu wenig getan worden. Es gibt kaum Hotelbetten. Die Domstuben sind fürs ganze Jahr ausgebucht, dann gibt es noch das Hotel Hohenstein. Das war’s. Wir sind gezwungen, die Touristen durchzuwinken: Kein Platz für euch! Der Wirtschaftsstandort Werden benötigt adäquate Unterbringungsmöglichkeiten.“

„Ein Sündenfall“

Hans-Joachim von Hesler-Wirtz hieb in die gleiche Kerbe: „Es wäre ein Sündenfall, hier das Entwicklungspotenzial nicht zu nutzen. Eine weitere Kita hat sicherlich ihre Berechtigung, aber eben nicht im Löwental.“ Hanslothar Kranz versuchte den Kompromiss: „Vielleicht ermöglicht die Fläche sogar beide Nutzungen? Ansonsten ist für mich die Kita Nummer eins.“ Der Stellvertretende Bezirksbürgermeister Benjamin Brenk fasste zusammen: „Wir wollen etwas entwickeln, was für ganz Werden sinnvoll ist und nicht nur für Einzelne. Wichtig ist aber auch, dass wir nicht Stadtplanung gegen Kindeswohl gegeneinander ausspielen.“

Viel ungenutzte und romantisch verwilderte Fläche im Löwental. 
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Das Übergangswohnheim für Asylsuchende steht inzwischen leer. 
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Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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