Murad ist mittlerweile in und vor aller Munde
Essener Corona-Held

Murad Jomard kam vor vier Jahren aus Syrien nach Deutschland. Seit zwei Jahren hat der Schneider-Meister die "Frohnhauser Nähstube" in Essen-Frohnhausen. Er könnte das Geschäft seines Lebens machen... Geld wird ihm geboten - aber er macht nur kostenlos Mundschutz; v. li. Millicent Nassery; Emilia und Mutter Aneta Czeny | Foto: Schattberg
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  • Murad Jomard kam vor vier Jahren aus Syrien nach Deutschland. Seit zwei Jahren hat der Schneider-Meister die "Frohnhauser Nähstube" in Essen-Frohnhausen. Er könnte das Geschäft seines Lebens machen... Geld wird ihm geboten - aber er macht nur kostenlos Mundschutz; v. li. Millicent Nassery; Emilia und Mutter Aneta Czeny
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 Eine Zeitung ohne Leser ist tot. Zeitung liefert Gesprächsstoff. Wahnsinnig wichtig sind Leser-Tipps. So hörten wir von einem Schneider, der fleißig Masken näht, die dann verschenkt. Lange suchen muss ich nicht. Menschen-Schlange vor dem Laden…Andrea Ernst geht rein. „ Freunde erzählten mir davon. Eine sehr gute Sache. Ich bin zum zweiten Mal hier. Erst für meine Familie -  Jetzt für Freunde. Das Engagement vom Schneider ist einzigartig - wie er sich einsetzt für das Allgemeinwohl.“

Neugierig werf ich einen Blick rein. Der Mann mit pechschwarzem Pferdeschwanz ist auf Anhieb sympathisch. Er hebt kurz den Kopf. Die Nähmaschine rattert. Er holt Stoffe, teilt die mit der Schere in Rechtecke; fertigt die zur Maske. Plötzlich bemerke ich an seiner Stirn, dass etwas nicht stimmt. Murad Jomard zieht den Handschuh kurz aus. Zeigt mir seinen Daumen. Vom steten Druck mit der Schere Schneiden durch mehrere Schichten Stoff ist der Knöchel vom Finger fast roh. O je. Handschuh drüber – weiter schneiden…

Aneta Czeny wartet mit Tochter Emilia geduldig auf den vor ihr gefertigten Maske von Murad Jomard in der „Frohnhauser Nähstube“ Änderungsschneiderei & Reinigung, Frohnhauser Straße 424. „Wir sind zufällig hier. Ich kenne den Schneider, da ich Angestellte bei Karina’s Haarteam bin - gegenüber; wir haben bis 21. April dicht. Murad ist ein toller Mann – mit einer Super-Idee. Ich wurde auf die vielen Leute hier aufmerksam beim Einkaufen.“ Beide strahlen als sie ihre Maske erhalten. Die perfekt passen. „Eine Super-Idee. Alle zwei kostenlos, wir tragen die sofort draußen.“ Tja, ab und zu legen Empfänger Euro-Stücke hin.

Wer ist Murat und warum macht er das?
Murat ist 36 Jahre, kam vor vier Jahren aus Syrien nach Deutschland. „Seit zwei Jahren arbeite ich in Essen-Frohnhausen – augenblicklich geht nur noch die Reinigung – seit 20. März nähe ich den Mund-/Nasenschutz. Er wohnt mit seiner Familie - drei Kinder - in Bochum. „Täglich fahr ich die A 40 nach Essen. Es ist für mich eine gute Chance um Wiedergutmachung. Viele angebotenen Masken sind zu teuer, weil die Macher Geld verdienen wollen. An allem: Mehl, Klopapier. Ich dagegen will arbeiten, nur helfen. Wie man mir damals half. Jetzt habe ich Gelegenheit, was Gutes zu tun.“ Fakt, er ist Schneider-Meister. „Schon als kleiner Junge wusste ich, dass ich Schneider werden will. Und mein Lehrer bemerkte früh die Begabung.“
Er zeigt mir Nachrichten auf seinem Handy: „Wir bitten um 30 und mehr Masken – gegen Bezahlung…“ Murad ernst: „Das mach ich nicht. Ich will alle Leute zufriedenstellen.

Alles kostenlos! Deshalb schenke ich jedem zwei oder drei…
Auch Gisela wartet geduldig. „Super, was der Schneider leistet. Wenn jeder so helfen würde, wäre die Welt in Ordnung. Heutzutage denken doch alle nur noch an sich.“ Josefina von Böhlen erfuhr über Whatsapp von den Masken. „Er arbeitet kostenlos.“ Und Spenden? „Natürlich“.
Eilig ist Millicent Nassery. „Ich muss jetzt dringend zum nächsten Patienten. Bitte drei Masken…Mir geht es darum, dass meine Patienten versorgt sind. Wir haben auch kranke Kinder.“ Um 17 Uhr darf Millicent die Handgefertigten abholen, verspricht ihr der syrische „Engel“ Murad.

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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