Geburt im Wandel der Zeit… Halt!

Geschichtsunterricht nein danke? Für manchen gibt es nichts Uninteressanteres als Daten und Chroniken der Zeit vor der letzten Woche.
Doch haben Sie schon einmal ältere Frauen über ihre Geburtserlebnisse erzählen hören? Oder haben Sie selbst mit Ihren Enkeln darüber gesprochen?

„Wir kamen in ein kleines Zimmer und mein Mann wurde weggeschickt“ erzählt mir eine alte Dame an der Bushaltestelle. Sie ist stolze Mutter zweier Kinder und Bereits Oma und Uroma. Doch plötzlich wandelt sich ihre stolze Haltung in Anspannung. „Den Sohn bekam ich dann im Bett. Ich durfte mich nicht bewegen. Nur auf dem Rücken liegen war erlaubt“ sagt sie kalt.
„Meine Tochter wollte nicht kommen, da haben sich zwei Männer auf meinen Bauch geworfen. Das tat weh, dass ich es nie vergesse“ erzählt sie, jetzt emotionaler.

Was diese Frau vor fünfzig Jahren erlebt hat, ist wichtig, zu wissen. Nur so können wir die Errungenschaften begreifen und schätzen, die die Zeit mit sich gebracht hat.
Väter im Kreissaal, bequeme Betten und Bewegungsfreiheit sind allein schon solche wichtigen Fortschritte. Aber sollten wir auch erkennen, wohin der Fortschritt geht und ob er immer zu unserem Wohle ist.
Die Augen meiner spontanen Gesprächspartnerin werden kleiner. „Ich durfte meine Kinder nicht stillen, immer vier Stunden lang. Weil mein Busen aber so schmerzte, kam ein Arzt und legte mir eine elektrische Milchpumpe an.“ Da bricht sie in Tränen aus... Nicht allein die Schmerzen der viel zu starken Milchpumpe und des Milchstaus sind ihr ewig in Erinnerung geblieben. Sie bedauert zutiefst, ihre Kinder die ersten Wochen kaum im Arm gehabt zu haben, sie weinen gelassen zu haben, sie weggegeben zu haben, von Schwangerschaft an fremd geführt gewesen zu sein.

Ihre Tränen haben mich tief berührt. Und es ist kein Einzelschicksal.

Die Zeit hat viele Geburtspraktiken mit sich gebracht.
Nachdem Mann verstand, dass ein Kind nicht allein Werk der Frau ist, sondern auch seines, begann in allen Kulturen, zu unterschiedlicher Zeit an allen Orten der Welt die Praxis, dass Frauen auch von Männern betreut und entbunden wurden. So erhob sich auch der Zeugungsakt selbst mehr und mehr zu einem Beweisgut der Vaterschaft, was in manchen Kulturen zu Beschneidung der Frau oder Verhüllung führte.
Alles ist eine Frage des Maßes, und jenes scheinen Menschen weder bei Technik, Nahrung, Geschwindigkeit oder gemein gesagt nirgendwo, halten zu können.

Um nicht auf die reine Datenchronologie zu verweisen, fasse ich es so zusammen:
Nach den Errungenschaften des anatomischen Verständnisses kam es weitläufig über die Jahrhunderte hinweg zu einer Ausnutzung dieses Wissen, sowohl zum Zwecke besserer Gesundheit als auch zur Kontrolle und zur Machthaltung. Emanzipation der Frau und Religionsfreiheit können hierbei als positiv gewertet werden. Die Folgen des derzeit sehr weit genutzten 3D Ultraschalls sind nicht bekannt. Nur als ein Beispiel von zu vielen, wo Mensch alles und noch mehr will.

„Ich war das sechste von acht Kindern“ gestikuliert meine Gesprächspartnerin aufgebracht. „Meine Mutter bekam uns alle Zuhause. So etwas hätte sie sich nicht gefallen lassen.“
Was mit ihr geschah, hat sie damals nie in Frage gestellt. So klar waren Macht und Fortschritt definiert. Ihre Kinder kamen zu einer Zeit an einem Ort zur Welt, wo nicht der Mensch, sondern der Fortschritt im Vordergrund stand. Geht es uns heute hier anders?
-------Eine technisierte Kindheit prägt. Eine technisierte Schwangerschaft führt zu einer technisierten Geburt „Zum Wohle von Frau und Kind“ wie es in den Elternzeitschriften heißt. Eine technisierte Geburt, technisierte Säuglingspflege, Rückbildung, Kinderzimmer und von vorn----------
Damals gab es noch keine flächendeckende medizinische Betreuung, was letztendlich der Grund war, dass unsere Uromas mit Hilfe erfahrener Frauen (Hebammen) zuhause entbanden.
Wir müssen uns fragen: Wo ist das Maß, wie viel Mensch bin ich noch und was hinterlasse ich meinen Nächsten.
Bitte stellen Sie sich diese Fragen.

Autor:

Augustine Gueffroy aus Essen-West

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