Haushohe Wellen schlägt Essener Schule

Was ist das denn? Oben rechts das Auge, in der Mitte Innereien, unten Schwanzflosse...Foto: Schattberg
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  • Was ist das denn? Oben rechts das Auge, in der Mitte Innereien, unten Schwanzflosse...Foto: Schattberg
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Bodelschwingh-Schule, Altendorf, in aller Munde – Deutschland weit bis Holland!

Ich bin neidisch. Und traurig, wenn ich an meine Schulzeit vor Jahrzehnten denke. Schulausflüge? Fielen oft aus. Was just die Bodelschwingh-Grundschule auf die Beine stellt – mit Regenrohren schafft, ist genial. Die Idee grenzt an Wahnsinn! Die Ausführung - der Brüller! Das Projekt zieht Kreise - Essen bis zur Nordsee. Hier die prickelnde Powerreise…

Die Altendorfer Schule fällt bereits mit der Buntheit aus dem Rahmen: Ausländeranteil 96 % - 226 Kinder aus 44 verschiedenen Ländern. „Die meisten haben das Meer noch nie gesehen“, weiß Hannelore Herz-Höhnke, Rektorin. Schon lange beschloss sie, den Wunsch zu erfüllen.“ Der Traum rückte näher. Potz Blitz – Projektwoche bot sich an.

Und mehr. Thema: Mee(h)r – hat mit der Nordsee bzw. Meer zu tun.
Los geht’s. 11.-19. April, Projektwoche. Alle Schulkinder sind auf 12 Gruppen aufgeteilt. Unterschiedliche Themen. Eine Gruppe stellt aus Abfallhölzern Boote her, eine andere stellt mit einem selbst hergestellten Webrahmen Leuchttürme her, andere machen zwei-Meter-Rauschrohre aus Regenrohren.

Rauschrohre? Tja, mit im Boot sitzt der bekannte Künstler Prof. Michael Stamm, Uni Münster. Eine Koryphäe! Auch Therapeut, der bereits Kindern in anderen Ländern half…

Kennen Sie ein Rauschrohr? Es stammt aus der Zeit der Schamanen. „Gehört zu den ältesten Klangerzeugern. In alten Kulturen wurden die benutzt, um zu beruhigen. Heute weiß man, dass ein 12 Mal in der Minute bewegtes Rauschrohr die gleiche beruhigende Frequenz hat wie Strandwellen vom Meer. Früher bestanden die Rohre aus dünnwandigem Bambus, waren mit vielerlei kleinen Dingen gefüllt, deren Bedeutung bis heute rätselhaft ist. Durch Bewegung der Rohre wird ein Meereswogen-ähnliches Rauschen erzeugt.“

Zurück zu Regenrohren, pro Stück 7 Euro. Viel Moos bei 226 Pennälern. Aber die findige Rektorin wurde fündig: Firma Marley/ Wunstorf schenkt die Rohre der Schule inklusiv Spedition: 1800 Euro! Juch hu! Pünktlich eingetrudelt. Fortan befällt ein richtiges Arbeitsfieber die Schüler. Die neunjährige Nilay zeigt mir ihr fertiges Rauschrohr - beklebt, bemalt, gefüllt mit Nordsee-Sand. Streckt es langsam nach rechts, links. Sie fragt mit leuchtenden Augen: „Hörst du den Klang? Wie ein Instrument.“

Andere Schüler füllen Muscheln, Perlen, Salz, Reis, kleine Geheimnisse rein. Professor Michael Stamm ist wie ein feuriger Vulkan. Seine Ideen sprühen sekündlich. Deshalb karrte er von Oostkapelle/NL: Sand, Kies, Kanister voll Meerwasser nach Essen. „Auch Müll. Daraus machen wir einen Wal; zeigen, was für einen tödlichen Dreck Tiere schlucken.“

Doch der Reihe nach. Mit den Rauschrohren ziehen in den nächsten Tagen 226 Schüler durch die Innenstadt. „Wahrscheinlich synchronisiert wie ein Vogelschwarm. Gut fürs Gleichgewicht“, schwärmt der Professor. „Dabei können sich die Kinder aus vielen Ländern einfach darstellen. Macht mächtig Spaß. Wenn wir durch die Stadt mit unseren vielen tollen, bunten Kindern marschieren sowie mit diesen Rohren Geräusche machen, wollen wir hier und am Meer Aufmerksamkeit erregen.“ „Zu einem weiteren Zeitpunkt gibt es dann eine Präsentation und Aufführung im Katakomben-Theater, Essen-Rüttenscheid, weil wir hier dem Kulturamt unsere Ergebnisse zeigen“, listet die Rektorin auf.

„Es ist ein Kultur-Coach-Projekt“, bestätigt Berrin Kapyapar, Kommunales Integrations-Zentrum Stadt Essen, Arbeitskreis Bildung. „Ziel, ein ganzheitlicher Lernprozess.“

Verraten! Jetzt ist es raus! Stichwort Meer. Holland! Dort werden die Kinder die Wellen nachahmen und andere Dinge mit den Rohren zeigen. Also, am 25. Mai stehen morgens fünf Big-Busse vor der Schule. Endziel Oostkapelle. Mit 226 Kindern plus Lehrer, Erzieher, Ehrenamtliche, einigen Eltern. Klasse, der Künstler ist mit dabei sowie ein Filmteam.

„Sicher ist, dass unsere Kinder einen Tag hautnah erfahren, wie das Leben am und im Meer aussieht. Wichtig ist uns dabei, die Nordsee, den Strand mit wachen Augen zu beobachten, da der Umweltgedanke hierbei eine große Rolle spielt“, so die Rektorin.

Jubel bestimmt beim Essen. „Die Eltern werden für das leibliche Wohl an der See sorgen. Ich habe dort bereits holländisches Pommes Frites vorbestellt…weil wir an diesem Tag alle mal einen Urlaubstag genießen, mal „sündigen“ wollen. Am Strand werden die Kinder spielen, spazieren gehen und hoffentlich einen Sonnentag am Meer genießen können.“

Wetten, diese Schüler schwärmen noch in 50 Jahren ihren Enkeln vor vom Meer-Ausflug! Ich wollt ich wär noch Schülerin…

Projekt- und Nordsee-Kosten
Projektwoche ca. 800 Euro; Nordsee 5500 Euro. Rohre, Wert 1800 Euro schenkte die Firma Marley/ Wunstorf. Einige Materialien übernahm der Förderverein.
Sponsoren: Rotary Club Essen-Ruhr, Sparkasse Essen, Bezirksvertretung III, Privatpersonen.

Autor:

Ingrid Schattberg aus Essen-West

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