Bettina Steinbauer beantwortet alle Fragen zur lebensrettenden Stammzellenspende

8. November 2015
11:00 Uhr
VHS, 46282 Dorsten
Bettina Steinbauer, Aktionsbetreuerin bei der DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei GmbH. | Foto: DKMS
  • Bettina Steinbauer, Aktionsbetreuerin bei der DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei GmbH.
  • Foto: DKMS
  • hochgeladen von Olaf Hellenkamp

Hier lesen Sie das Interview mit Bettina Steinbauer, Aktionsbetreuerin bei der DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei, zum Thema Stammzellenspende. Hintergrund ist die Registrierungsaktion für die erkrankte Katrin, eine 22-jährige Mutter aus Dorsten. Die Aktion findet statt am Sonntag, 8. November, von 11 Uhr bis 17 Uhr in den Räumen der VHS Dorsten.

Frage: Wer kommt als Spender in Frage, wer nicht?

Bettina Steinbauer: Jeder gesunde Mensch zwischen 18 und 55 Jahren, der mindestens 50 kg wiegt, kann spenden. Ausschlussgründe sind beispielsweise schwere Erkrankungen des Herzens oder der Lunge, Diabetes, Krebserkrankungen, Hepatitis B, C oder D. Für Detailfragen steht am Aktionstag ein DKMS- Betreuer zur Verfügung.

Frage: Wie läuft die Registrierung am Aktionstag ab?

Bettina Steinbauer: Nach dem Ausfüllen einer Einverständniserklärung werden dem Spender fünf Milliliter Blut aus der Armvene entnommen. Für den Spender ist das eine Sache von 5-10 Minuten und ein kleiner Pieks. Für den Patienten kann es neues Leben bedeuten.

Frage: Die Registrierung kostet 40 Euro. Wofür wird das Geld benötigt?

Bettina Steinbauer: Nachdem die Anfangsförderung durch die Deutsche Krebshilfe und das Bundesministerium für Gesundheit Ende 1994 auslief, ist die DKMS für den Ausbau der Datei finanziell auf sich gestellt. Zwar übernehmen die Krankenkassen alle Kosten für die eigentliche Stammzellspende und die Datenpflege, können aber aus rechtlichen Gründen die Kosten für den weiteren Ausbau der Datei nicht tragen. Die Registrierung jedes neuen potenziellen Lebensspenders kostet die DKMS 40 Euro, die häufig von den Spendern selbst getragen werden. Mit einer Geldspende kann jeder helfen, da es nicht allen Spendern möglich ist, diese 50 Euro zu übernehmen!

Frage: Wonach wird die Blutprobe untersucht?

Bettina Steinbauer: Das Blut wird im Labor nicht auf die Blutgruppe, sondern auf seine Gewebemerkmale, so genannte HLA-Merkmale, untersucht. Die Typisierungsergebnisse des Blutes, die sogenannten Befunde, werden anonymisiert an das Zentrale Knochenmarkspender Register (ZKRD) in Ulm weitergeleitet, wo sie für Patientenanfragen aus dem In- und Ausland zur Verfügung stehen. 

Frage: Wann kommt man als Stammzellenspender in Frage?

Bettina Steinbauer: Die weitgehende Übereinstimmung der Gewebemerkmale von Patient und Spender ist die Grundvoraussetzung für die Durchführung und den Erfolg einer Stammzelltransplantation. Anders als bei den verschiedenen Blutgruppen, ist die Übereinstimmung der Gewebemerkmale zweier Menschen allerdings äußerst selten. Deshalb ist es sehr wichtig, dass so viele Menschen wie möglich als Stammzellspender registriert sind.  

Frage: Wie groß ist die Chance, einen passenden Spender zu finden?

Bettina Steinbauer: Einen passenden Spender zu finden ist generell unglaublich schwierig, da die Gewebemerkmale von Patient und Spender nahezu vollständig übereinstimmen müssen. Aufgrund der vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten der Gewebemerkmale liegt die Wahrscheinlichkeit in der Regel zwischen 1:20.000 und 1 zu mehreren Millionen. Wir suchen demnach sprichwörtlich nach der "Nadel im Heuhaufen"! 

Frage: Was geschieht mit den Blutproben, die abgegeben werden?

Bettina Steinbauer: Alle Blutproben der Aktion werden sofort nach der Aktion ins Labor gebracht und untersucht! 

Frage: Gesetzt den Fall, die HLA-Merkmale eines Spenders stimmen überein. Was geschieht danach?

Bettina Steinbauer: Stimmen die ersten vier Gewebemerkmale mit denen eines Patienten überein, werden im zweiten Untersuchungsschritt die letzten 2 Gewebemerkmale typisiert. Sind auch diese Merkmale stimmig, kommt es zu einer Bestätigungstypisierung. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, an dem sich der potenzielle Spender endgültig entscheiden muss, ob er für den Patienten zur Verfügung stehen will. Wenn er "ja" sagt, wird bei ihm ein gründlicher Gesundheits- Check-up durchgeführt. Die bloße Registrierung in die DKMS beinhaltet zunächst nicht die bindende Verpflichtung zu einer tatsächlichen Stammzellspende. Denn je nachdem kommt es erst nach Jahren zu einer Anfrage nach Stammzellspende und in dieser Zeit können im Leben eines Spenders Umstände (z.B. Krankheiten) eingetreten sein, die eine Stammzellspende unmöglich machen.
 
Frage: Wie lange dauert es, bis es zu einer Stammzellspende kommen kann?

Bettina Steinbauer: Die einzelnen Untersuchungsschritte bis zur eindeutigen Klärung der Übereinstimmung der Gewebemerkmale zwischen Patient und Spender können zeitlich nicht einheitlich benannt werden. Für eine erfolgreiche Transplantation ist es jedoch unerlässlich, dass die beschriebenen Voruntersuchungen eingehalten werden.

Frage: Was passiert bei einer Knochenmark- oder Stammzellentnahme?

Bettina Steinbauer: Es gibt zwei verschiedene Entnahmeverfahren:
1. Die Knochenmarkentnahme wird heute nur noch zu 20% durchgeführt. Dafür verbleibt der Spender für 2-3 Tage im Krankenhaus. Unter Vollnarkose wird ihm aus dem Beckenknochen Knochenmark (nicht Rückenmark!) entnommen und dem Patienten übertragen. Beim Spender bildet sich das Knochenmark innerhalb von 2 Wochen nach. 
2. Bei der periphere Stammzellentnahme, die heutzutage zu 80% durchgeführt wird, wird dem Spender über mehrere Tage ein körpereigener, hormonähnlicher Stoff (Wachstumsfaktor) verabreicht. Dieses Medikament regt die Produktion der Stammzellen an und bewirkt deren Ausschwemmung in das periphere Blut. Mit einem Zellseparator werden die Stammzellen, ähnlich einem Dialyseverfahren, aus dem Blut gesammelt. 

Frage: Muss sich der Spender auf einen längeren Krankenhausaufenthalt gefasst machen?

Bettina Steinbauer: Nur bei der Knochenmarkentnahme ist ein Krankenhausaufenthalt nötig, der etwa 2-3 Tage dauert. 

Frage: Was sind die Anzeichen für einen Erfolg einer Stammzelltransplantation?

Bettina Steinbauer: Nach etwa zwei bis vier Wochen gibt der Anstieg der weißen Blutkörperchen erste Anhaltspunkte dafür, ob die neuen Stammzellen ihre Aufgabe erfüllen und gesunde Blutzellen bilden. Die Überprüfung erfolgt anhand der Veränderung der Anzahl der sich im Blut befindenden weißen Blutkörperchen. Wenn ein stetiger Anstieg weißer Blutkörperchen nachweisbar ist, steigt auch die Chance auf ein zweites Leben für den Patienten. 

Frage: Welche Risiken gibt es bei der Stammzellentnahme?

Bettina Steinbauer:Bei der Knochenmarkentnahme besteht für ein paar Tage ein lokaler Wundschmerz.Das Risiko beschränkt sich bei dieser Methode auf das übliche Narkoserisiko! Das Verfahren der peripheren Stammzellentnahme wird bei DKMS-Spendern seit 1996 angewandt. Während der Einnahme des Medikamentes können grippeähnliche Symptome auftreten. Seit Beginn der klinischen Anwendung sind bisher keine Spätfolgen beobachtet worden. Um jedwedes Risiko auch weiterhin auszuschließen, steht die DKMS mit ihren Spendern in regelmäßigem Kontakt.

Frage: Welches Krankenhaus entnimmt dem Spender Stammzellen?

Bettina Steinbauer: Die DKMS arbeitet mit ausgesuchten und routinierten Kliniken zusammen. Im Falle einer Stammzellspende wird der Spender in einer wohnortnahen Klinik untergebracht. Auch wenn der Patient aus dem Ausland ist, muss der Spender zur Entnahme nicht in das jeweilige Land reisen. Die Stammzellen werden in diesem Fall von Kurieren in die Klinik des Patienten gebracht.

Frage: Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.

“Macht es einfach!”

Aktuell kämpft die 22-jährige Katrin aus Dorsten um ihr Leben. Bislang war die weltweite Suche nach einem passenden Stammzellspender für die junge Mutter erfolglos.

Um ihr zu helfen, organisieren Freunde und Familie gemeinsam mit der DKMS eine Registrierungsaktion und hoffen, dass möglichst viele Menschen aus der Region die Gewebemerkmale ihres Blutes bestimmen lassen.

Die Aktion findet statt am:

Sonntag, 8. November 2015
von 11 Uhr bis 17 Uhr
in der Volkshochschule Dorsten
Im Werth 6
46282 Dorsten

Auch Geldspenden retten Leben

"Genauso wichtig ist auch die finanzielle Unterstützung der Aktion" erklärt Bettina Steinbauer, Aktionsbetreuerin bei der DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei GmbH. Die Neuaufnahme eines jeden Spenders kostet die DKMS 40 Euro. Als gemeinnützige Gesellschaft ist die DKMS bei der Spenderneugewinnung allein auf Geldspenden angewiesen. "Um Registrierungsaktionen überhaupt durchführen zu können, benötigen wir Ihre finanzielle Hilfe! Jeder Euro zählt!", so Bettina Steinbauer.

Spendenkonto

DKMS-Spendenkonto
IBAN DE77 4266 2320 0399 3992 00
BIC GENODEM1DST

Lesen Sie dazu auch

Für die 22-jährige Katrin aus Dorsten wird dringend ein Lebensretter gesucht
und
Lebensretter Michael Henkel aus Marl wird in Amerika als Held gefeiert

Autor:

Olaf Hellenkamp aus Dorsten

Webseite von Olaf Hellenkamp
Olaf Hellenkamp auf Facebook
following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

23 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.