Geschichte lebendig halten

Die Mitstreiter Birgit Klein, Ulrich Penquitt, Wiltrud Apfeld, Prof. Dr. Stefan Goch, Anja Herzberg und Judith Neuwald-Tasbach freuen sich bereits auf die Durchführung des Projektes. Foto: Gerd Kaemper
  • Die Mitstreiter Birgit Klein, Ulrich Penquitt, Wiltrud Apfeld, Prof. Dr. Stefan Goch, Anja Herzberg und Judith Neuwald-Tasbach freuen sich bereits auf die Durchführung des Projektes. Foto: Gerd Kaemper
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„Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten“ lautet ein Ausspruch von August Bebel. Er könnte den Initiatoren des Projektes „Hitler in unseren Köpfen“ als Anstoß gedient haben.

Viele Partner arbeiten gemeinsam am Projekt

Denn den Kooperationspartnern, Trias Theater Ruhr, Jüdische Gemeinde Gelsenkirchen, Kulturraum „die flora“, VHS, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und Institut für Stadtgeschichte, haben genau dieses Ziel im Auge: Die Verantwortung jedes Einzelnen für das menschliche Miteinander in unserer Gesellschaft.
Die Projektreihe startet im Anschluss an die Gedenkveranstaltung an die Pogrome in der sogenannten Reichskristallnacht, die am Donnerstag, 9. November, mit einem Treffen am Elisabeth-Krankenhaus an der Cranger Straße 226 in Erle startet und deren Zug dann zur Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ an der Cranger Straße 323 ziehen wird. Dort findet dann die Kundgebung statt mit Bild-Projektionen, einer Lesung und mehr.
Dabei machten es sich die Partner nicht leicht und es wurde eine Menge diskutiert und besprochen. „Wir haben uns zum Beispiel gefragt: Können wir mit Hitler werben? Auch wenn seine Greuel dargestellt werden, ist es eine Form der Werbung. Aber dann dachten wir uns, dass wir ja zur Diskussion und Gesprächen anregen wollen“, schildert Wiltrud Apfeld, die Leiterin der „flora“.

"Mein Kampf" als Theaterstück

Den Auftakt des Projektes stellt am Samstag, 11. November, um 20 Uhr die Premiere des Theaterstückes „Mein Kampf“, eine Groteske von George Tabori, gespielt vom Trias Theater Ruhr in der „flora“, Florastraße 26, dar. Danach wird das Stück noch einmal in der „flora“ und danach im Stadtteilzentrum „Bonni“ in Hassel sowie in der Neuen Synagoge zu sehen sein.
Das Theaterstück führt die Zuschauer in ein Wiener Männerasyl des Jahres 1910, in dem der junge Adolf Hitler lebt, als er in der österreichischen Hauptstadt Kunst studieren wollte. Der jüdische Buchhändler Schlomo Herzl nimmt sich des orientierungslosen jungen Mannes an und rät ihm in die Politik zu gehen, was fatale Folgen für die Welt haben sollte.
Hitler als Lachnummer - geht das? Diese Frage beschäftigte die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, Judith Neuwald-Tasbach, die sich eher skeptisch zeigte. Doch die Kooperationspartner schafften es, die Gelsenkirchenerin, die große Teile ihrer Familie durch den Holocaust verloren hat, zu überzeugen.
„Die Jugend kennt heute den Namen Hitler oft nicht mehr und weiß nicht was ein Konzentrationslager ist. In ganz Europa nimmt ausgrenzendes und nationalistisches Denken immer mehr zu, darum ist es umso wichtiger zu erkennen wohin dieser Weg führen könnte“, erklärt Neuwald-Tasbach.
Ulrich Penquitt vom Trias Theater Ruhr hatte ähnliche Erfahrungen gemacht, als er mit Hauptschülern einer neunten Klasse die Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ besuchte. „Die Schüler waren erstaunt darüber, was sich genau hier in ihrer Heimatstadt damals abgespielt hat. Für sie ist der Nationalsozialismus irgendwie viel weiter entfernt angesiedelt und nicht hier im direkten Umfeld.“
Dem stimmt Prof. Dr. Stefan Goch, der Leiter des Instituts für Stadtgeschichte, zu: „Wir freuen uns über diese neue Vermittlungsform der Geschichte. Damit weichen wir ab von den sonst ernsten Vorträgen, der Präsentation alter Akten und einfach der rationalen Umgangsweisen. Jetzt können wir uns auch der kulturellen Bildung widmen.“
Darum sind sich die Partner auch einig, dass man mit dem Theaterstück auch die Jugend ansprechen muss, in diesem Fall durch spezielle Schulvorführungen.

Vortrag bei der VHS

Anja Herzberg von der VHS erläutert, dass die Lesung „Adolf H. - Leben eines Diktators“ am Montag, 20. November, um 11 Uhr im Saal des Bildungszentrums an der Ebertstraße 19 nicht nur bei freiem Eintritt zu besuchen ist, sondern sich auch durch eine für Jugendliche verständliche Sprache auszeichnet. Denn sie weiß: „Was für uns noch selbstverständlich ist, wird für die Jugend zunehmend neu."

„Mein Kampf - Karriere eines Buches“

Die Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ trägt am Donnerstag, 16. November, um 19 Uhr einen Vortrag mit dem Titel „Mein Kampf - Karriere eines Buches“ bei. Am 31. Dezember 2015 liefen die beim bayrischen Freistaat liegenden Urheberrechte des Hitler-Buches aus. Kurz darauf erschien eine wissenschaftlich-kommentierte Neuausgabe, die sich eines lebhaften Echos erfreut.
Der Vortrag von Dr. Ludger Heid bietet Aufschluss über das heutige Interesse an dem Buch und steht allen Interessierten bei freiem Eintritt offen.
Den Abschluss des Projektes bildet eine historische Stadtrundfahrt durch Gelsenkirchen zu ausgewählten Orten der heimischen NS-Geschichte. „Es gibt noch immer Orte, die von dieser Zeit zeugen, wie der alte jüdische Friedhof an der Wanner Straße, das geschichtsträchtige Polizeipräsidium in Buer und viele andere bekannte und weniger bekannte Örtlichkeiten“, erinnert Prof. Dr. Stefan Goch, der sich in diesem Zusammenhang darüber freute, dass die „Erinnerungskultur in Gelsenkirchen gepflegt wird. Davon zeugt auch die Tatsache, dass das Gedenken an die Pogrome der sogenannten
Reichskristallnacht seit dem Jahr 1964 durchgängig wach gehalten wird.“

Termine auf einen Blick:

9. November: Gedenkveranstaltung der Demokratischen Initiative gegen Diskriminierung und Gewalt, für Menschenrechte und Demokratie Gelsenkirchen, Treffpunkt ist um 18.30 Uhr das Elisabeth-Krankenhaus, Cranger Straße 226, von dort zieht der Schweigemarsch zur Kundgebung an die Dokumentationsstätte "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus", Cranger Straße 323.
11. November: "Mein Kampf", Premiere, das Trias Theater Ruhr spielt um 20 Uhr im Kulturraum "die flora", Florastraße 26, die Groteske von George Tabori.
12. November: "Mein Kampf", das Trias Theater Ruhr spielt um 18 Uhr in der "flora".
14. bis 16. November: "Mein Kampf", Schulaufführungen jeweils um 10.30 Uhr in der "flora".
16. November: "Mein Kampf - Karriere eines Buches", Vortrag von PD Dr. Ludger Heid mit anschließender Diskussion in der Dokumentationsstätte "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus", Cranger Straße 323.
 20. November: "Adolf H. - Leben eines Diktators", Lesung darüber wie Hitler wurde, was er war um 11 Uhr für Schulklassen von Dr. Thomas Sandkühler im Saal des Bildungszentrums an der Ebertstraße 19.
24. November: "Mein Kampf" wird vom Trias Theater Ruhr für Schulklassen um 12 Uhr und für Interessierte um 20 Uhr im Stadtteilzentrum Hassel "Bonni", Eppmannsweg 32, gespielt.
25. November: Historische Stadtrundfahrt durch Gelsenkirchen zu Orten der NS-Geschichte, der Reisebus startet um 11 Uhr am Parkplatz Rolandstraße, die Fahrt dauert etwa bis 13.30 Uhr.
30. November: "Mein Kampf" wird vom Trias Theater Ruhr um 19.30 Uhr im Kurt-Neuwald-Saal in der Neuen Synagoge an der Georgstraße 2 gespielt. 
Alle Infos zum Programm, Eintrittskarten und mehr gibt es im Internet auf www.triastheater.de. 

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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