BISTUM ESSEN:
Nach der Grundversorgung kommt die Spiritualität

Der Flüchtlingsbeauftragte Stephan Koch vor der Flüchtlingsunterkunft in der Memelstraße in Duisburg Neudorf. ( | Foto: (Foto: Oliver Müller | Bistum Essen)
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Auf der Flucht vor dem Krieg kommen immer mehr Frauen und Kinder aus der Ukraine nach Duisburg. Die Kirchen organisieren gemeinsam mit der Stadt und Freiwilligen Schlafplätze und das Nötigste zum Leben. Diakon Stephan Koch ist einer von ihnen.

Als vor zwei Wochen das Handy klingelte und das Sozialamt in der Leitung war, war das für Stephan Koch wie ein Déjà-vu. Auch die Flüchtlingskrise im Jahr 2015 hatte sich per Telefon angekündigt. Jetzt erfuhr der Flüchtlingsbeauftragte der katholischen Stadtkirche Duisburg: „50 Ukrainer sind auf dem Weg nach Duisburg. Die haben nichts. Kannst du da nicht etwas machen? Du bist doch gut vernetzt.“ Er konnte. Als die Kriegsflüchtlinge in der Unterkunft an der Memelstraße ankamen, „haben wir mit der Flüchtlingshilfe Neudorf zugesehen, dass sie mit dem Nötigsten, wie Klamotten aus unserer Kleiderkammer und Hygienesets, versorgt wurden.“

Inzwischen sind 100 ukrainische Schutzsuchende in der größten Flüchtlingsunterkunft Duisburgs untergekommen, die Platz für 550 Menschen bietet und zurzeit auch 350 Syrer, Afghanen und Iraker beherbergt. Das Haus mit dem „gepflegten Kasernencharme“ wie es Koch lachend beschreibt, wurde während der ersten, großen Flüchtlingswelle 2015 eingerichtet. Seitdem ist der Diakon im Hauptberuf zu 50 Prozent seiner Tätigkeit Flüchtlingsbeauftragter. Die andere Hälfte arbeitet er als Beauftragter für die Notfallseelsorge im Bistum Essen.

„Hilfe ist erst einmal Hilfe“

„Grundsätzlich macht es in der Sache keinen Unterschied, ob die Hilfe aus katholischer oder kommunaler Hand kommt. Hilfe ist erst einmal Hilfe“, bringt es der Vater von zwei Kindern auf den Punkt. „Aber es war dem damaligen Stadtdechanten Bernhard Lücking wichtig, dass es einen katholischen Flüchtlingsbeauftragten gibt.“ Er sei es auch gewesen, der die Einrichtung dieser Stelle, die Koch seitdem innehat, angeschoben habe.

Mittlerweile hat sich der Mann mit der hohen Stirn, dem markanten rechteckigen, schwarzen Brillengestell mit den weißen Punkten, das das weiß-grau seines Hipsterbartes direkt aufzugreifen scheint, einen Namen gemacht. „Auch wenn man mir auf den ersten Blick nicht unbedingt ansieht, dass ich ein Mann der katholischen Kirche bin, wissen das viele in der Stadt“, erklärt Koch schmunzelnd. Und der 50-Jährige hofft, „dass es ein Stückweit durch meine Haltung klar wird, wofür ich stehe. Ich begegne den Menschen auf Augenhöhe, wie Gott auch uns gegenübertritt. Ich möchte für die Menschen da sein und sie befähigen, sich selber zu helfen, damit sie auf eigenen Beinen stehen können.“

Nicht so verweltlicht

Wenn die Grundversorgung gesichert sei, dann macht er sich Gedanken darüber, wie er den Menschen auch spirituell helfen kann. „Viele Flüchtlinge sind gläubig. Egal ob sie aus Afrika oder der Ukraine zu uns kommen. Es ist oft eine gewisse Religiosität vorhanden“, betont Koch. „Die sind nicht so verweltlicht wie wir“, erzählt er lachend. Daher sei es ihm wichtig, dass es Orte gibt, an denen sie ihren Glauben pflegen können. „Gottesdienste sind nämlich in den Unterkünften untersagt.“ Die Moslems könnten in die Moscheen der Stadt gehen. Eine ukrainisch-orthodoxe Kirchengemeinde gebe es in Duisburg nicht.

„Man müsste etwas aufbauen, einen Raum der Stille, in dem man Kerzen anzünden kann“, überlegt Koch. „Das geht nicht in der Flüchtlingsunterkunft. Wenn ich da mit brennenden Kerzen ankommen würde, würde mir die Feuerwehr schnell was erzählen.“ Dabei sei es wichtig, genau solche Orte zu schaffen. „Die Männer sind im Krieg. Sie kämpfen für die Freiheit der Ukraine. Und die Frauen und Kinder sitzen in Deutschland. Da muss etwas passieren.“

Im Fremden begegnet uns Christus

Mittlerweile entstünden in der Stadt weitere Unterkünfte für die Kriegsflüchtlinge, so dass die Idee eines Gebetszeltes realisierbar erscheint. „Natürlich aus schwer entflammbarem Material, damit Kerzen angezündet werden können“, überlegt der Diakon vor sich hin. „So etwas könnte man ökumenisch zu bespielen, da wir ja keinen ukrainisch-orthodoxen Priester vor Ort haben. Mit Dolmetscher würde das ja auch gehen.“ Wichtig sei ansprechbar zu sein. „Im Fremden begegnet uns Christus“, wird Koch auf einmal ernst. „In den Menschen, die vor dem Krieg geflohen sind. Es ist unsere Aufgabe, uns um sie geschwisterlich zu kümmern. Etwas zu tun für Leib und Seele“, betont er und, „dass es wirkliche Hilfe ist und keine PR-Maßnahme der katholischen Kirche.“

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

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