Die Traglufthalle steht bereit

Die Anwohner spazierten durch die Traglufthalle und konnten sich über das Innenleben informieren. Foto: Gerd Kaemper
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„Dank des Zuweisungsstopps ziehen zunächst nur die rund 150 Flüchtlinge aus der Wildenbruchhalle in die neue Traglufthalle am Hegemannsweg ein. Doch das kann sich schon bald ändern und dann bietet die Halle Räum für 300 Personen“, schildert Hans-Joachim Olbering, Stabsstellenleiter Flüchtlinge bei der Stadt Gelsenkirchen.

Mehr als 10 Prozent der Anwohner folgten der Einladung

Rund 300 Anwohner rund um die Traglufthalle, die an ein gelandetes Ufo, ein wenig aber auch an das Dach und nur das Dach der Veltins-Arena erinnert, waren von der Stadt durch Postwurfsendungen eingeladen worden, sich selbst vor Ort ein Bild von der Halle und ihrem Innenleben zu machen. Rund 35 Nachbarn hatten das Angebot angenommen und sich die Halle angeschaut.
Dabei wurde von den hauptamtlichen Mitarbeitern der Stadt wieder einmal mit Stolz festgestellt, dass es keinen Querdenker gab, sondern nur hilfsbereite Bürger, die interessierte, was sie tun können, um den Menschen, die hier bald ihre Nachbarn auf Zeit werden, zu helfen. Es läuft bei uns in Gelsenkirchen.

Spontane Hilfsbereitschaft begeistert

Zwei der Nachbarn waren Ursula Ehm-Potthoff und ihre Tochter Isabelle, die nur 20 Minuten zu Fuß von der neuen Gemeinschaftsunterkunft entfernt leben. Mutter Ursula empfand die Halle sofort als erdrückend, allein schon, weil es hier keine Fenster gibt, dafür aber umso mehr Neonlicht.
„Ich hatte sofort die spontane Idee zu fragen, wie ich hier helfen kann? Aber nicht regelmäßig, sondern zu Zeiten, die ich spontan einrichten kann. Ich könnte mit den Kindern spielen, erste Schritte in der deutschen Sprache vermitteln und gern auch eine Schulter bieten, an der man sich mal anlehnen kann“, würde sich die engagierte Bürgerin freuen.
Ihre Tochter studiert an der Fachhochschule, hat ihren Bachelor in Journalistik und PR und ist auf dem Weg ihren Master in Kommunikationsmanagement zu machen. Ihr ist die derzeitige Berichterstattung in den Medien ein Dorn im Auge, in der es darum geht, dass in Deutschland die Stimmung kippt: „Das stimmt doch gar nicht. Vielmehr schreckt die negative Berichterstattung viele Menschen ab, die sich gern engagieren möchten. Was passiert ist, hat auch Ursachen, die erklärlich sind. Wichtig ist aber in jedem Fall erst einmal die Sprache!“

Das Innenleben der Traglufthalle

Beim Gang durch die Traglufthalle lassen sich Mutter und Tochter die Einrichtung erklären: Es gibt einen Haupteingang und sechs Notausgänge, einen Tagesbereich mit Couchen und Couchtischen, Küchentischen und Stühlen sowie eine Essensausgabe mit Bierzeltgarnituren. Das Essen wird vom Catering angeliefert, das ist aus brandtechnischen Gründen erforderlich.
In der Halle befinden sich drei Toiletten-Anlagen für Damen und Herren sowie Dusch-Container. Zwei Kabinen sind als Beträume vorgesehen und nur mit Matratzen bestückt. Es gibt derzeit einen Wäscheraum mit sechs Waschmaschinen und Trocknern. Und die Halle ist sieben Tage in der Woche und jeweils 24 Stunden lang von vier Sicherheitsleuten bewacht, von denen zwei ausgebildete Brandschutzhelfer sind.
„Die Halle ist 72 Meter lang und 36 Meter breit und wurde Mitte Januar in etwa 15 Minuten aufgeblasen. Genauso schnell könnte sie auch wieder zusammenfallen, was aber durch ein Notstromaggregat und Sicherheitsvorkehrungen verhindert werden soll. Sie ist mit 2,5 Meter langen Bolzen im Boden gesichert und der Untergrund ist befestigt und mit Isoliermaterialien versehen. Um die Sicherheit zu gewährleisten, werden regelmäßig Brandschutzübungen durchgeführt, weil die Bewohner immer nur für begrenzte Zeit hier leben.

Nicht gerade erstrebenswerte Voraussetzungen

Die Wohnabteile gibt es für sechs Personen mit drei doppelstöckigen Betten, Spinden, einem Tisch und zwei Stühlen sowie einem Deckenfluter zur Beleuchtung. Diese Räume sind 3,60 mal 3,60 Meter groß. Entsprechend kleiner sind die Einheiten für zwei Personen mit einem Doppelstockbett, Tisch, Stuhl, Spind und Lampe.
Mit den Bewohnern wechseln auch die Betreuer von der Wildenbruchhalle zur Traglufthalle. Die Halle wird von der Caritas betreut und die Hauptamtlichen werden durch die verschiedenen ehrenamtlich tätigen Flüchtlings-Einrichtungen unterstützt, um den Bewohern eine Tagesstruktur zu ermöglichen.

Nach der Gemeinschaftsunterkunft kommt die Wohnung

„Wir gehen davon aus, dass die Menschen etwa drei Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft leben. Dann sollten sie hier Fuß gefasst haben und könnten dezentral in Wohnungen untergebracht werden“, schildert Hans-Joachim Olbering. „Inden Gemeinschaftsunterkünften fällt es uns aber leichter, die Menschen zu erreichen und sie in unser gesellschaftliches Leben einzubinden. Und hier in dieser Halle sind die Menschen sehr viel menschenwürdiger untergebracht als in den Turnhallen oder auch der Emscher-Lippe-Halle.“ So schilderte der Stabstellenleiter, dass es etwa in der Wildenbruchhalle gar keine Spinde als Aufbewahrungsmöglichkeit gibt. Dort wird das Hab und Gut in Koffern unter dem Bett verstaut.

Ein bewährter Standort

Der Standort in Schaffrath hat sich bereits während des Krieges in Jugoslawien als Flüchtlingsquartier bewährt. Auch damals in den 90er Jahren waren Menschen, damals aber in Containern hier untergebracht. Die Verkehrsanbindung durch die Buslinie 396 in die Buersche City und damit zu Ämtern und Einrichtungen hat sich bewährt.

Zuweisungsstopp hat gute und schlechte Seiten

„Der Zuweisungsstopp hilft uns, aber er bedeutet auch einen Unsicherheitsfaktor, weil wir keine Planungssicherheit haben“, bittet Olbering um Verständnis. „Die Emscher-Lippe-Halle soll voraussichtlich zum 31. März vom Land NRW als Notunterkunft aufgegeben werden, weil das Land inzwischen mehr Kapazitäten in größeren Einrichtungen schaffen konnte. Aber die Stadt Gelsenkirchen hält sich erst einmal vor, die Halle als Erstunterkunft weiter zu nutzen, weil hier alles vorbereitet ist. Dafür lösen wir das gegebene Versprechen ein, dass wir die Turnhallen so schnell es geht wieder ihrer eigentlichen Bestimmung übergeben. Dabei macht die Wildenbruchhalle demnächst den Anfang.“
Hier gibt der städtische Mitarbeiter aber zu bedenken, dass der Auszug der Flüchtlinge aus der Sporthalle nicht gleichzeit bedeutet, dass dort die Sportvereine wieder aktiv werden können. Denn zunächst muss die Halle zurück gebaut werden.

Gelsenkirchen wird wieder jünger

Hans-Joachim Olbering sieht in der Tatsache, dass sich unter den rund 3.400 nach Gelsenkirchen zugewiesenen Flüchtlingen mehr als 1.200 Kinder und Jugendliche befinden eine Chance für die Stadtgeselleschaft sich zu verändern.
„Dem demografischen Wandel entsprechend haben wir noch vor einem Jahr darüber nachgedacht Schulen zu schließen. Nun haben wir mehr als 100 Internationale Förderklassen an Gelsenkirchener Schulen. Und wir brauchen mehr Klassen und Kindergartenplätze.Unsere Stadtgesellschaft wird sich verändern und sie wird jünger werden“, erklärte Olbering.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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