Gelsenkirchen feiert das Neue Jahr

Zum Angeln in der schönen blauen Emscher animierte Poseidon im Auftrag der Emschergenossenschaft die Gäste und sorgte dabei bei dieser jungen Dame für sehr viel Spaß. Foto: Ralf Nattermann
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  • Zum Angeln in der schönen blauen Emscher animierte Poseidon im Auftrag der Emschergenossenschaft die Gäste und sorgte dabei bei dieser jungen Dame für sehr viel Spaß. Foto: Ralf Nattermann
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In seiner Vorstellung des diesjährigen Gastredners des Neujahrsempfangs der Stadt Gelsenkirchen zitierte Moderator Martin Wilger Prof. Dr. Ernst-Ulrich von Weizäcker mit den Worten „Warum feiert Ihr nicht?“. Von Weizäcker quittierte die Rede von Oberbürger Frank Baranowski mit der Aufforderung: „Sie können von sich behaupten: Wir können feiern und das ist gut so“.

Bundesligaauftakt versus Neujahrsempfang

Rund 800 Gäste waren zum Neujahrsempfang der Stadt ins Große Haus des Musiktheaters im Revier eingeladen worden und viele waren der Einladung gefolgt, auch wenn der Auftakt der Rückrunde im Bundesligafußball ausgerechnet am gleichen Tag in der Veltins-Arena angepfiffen wurde. Dafür dankte der OB: „Schön, dass Sie unsere Einladung angenommen haben und an einem Abend der Saison den Blau-Weißen lediglich im Stillen die Daumen drücken.“
Natürlich wurde mit dem Anpfiff auch im Saal so manches Smartphone genutzt, um auf dem aktuellen Stand zu sein, doch die Reden blieben davon ungestört. Die Fußballfans hatten wohl rechtzeitig den Ton abgeschaltet, was so manchen Opernbesucher nicht immer gelungen ist.

Der diesjährige "Sponsor": Die Emschergenossenschaft

Großzügig unterstützt wurde der Neujahrsempfang durch die Emschergenossenschaft, die derzeit mit einem Jahrhunderprojekt beschäftigt ist: Dem Emscherumbau von der Köttelbecke hin zum sauberen und natürlichen Gewässer.
Um sich und vor allem ihre Arbeit zu präsentieren hatte die Emschergenossenschaft im Foyer der MiR einiges aufgebaut und „Poseidon“ höchstpersönlich animierte die Gäste ein wenig zu angeln, was ja in der zukünftigen Emscher möglich werden könnte. Hier allerdings nur in einem „Aquarium“ aus Pappmachee, dafür aber mit Gewinnchancen auf kleine Präsente.

Es ist viel geschafft, aber das ist noch nicht genug

Bei seiner Rede im Saal ging Oberbürgermeister Frank Baranowski dann der Frage nach, „wie wir – die Gelsenkirchener Stadtgesellschaft, engagierte Bürgerinnen und Bürger, Politik und Verwaltung, Unternehmen, Verbände und Initiativen – in den kommenden Jahren unser Gemeinwesen nachhaltig gestalten können. Wie wir Energie so erzeugen und nutzen, dass wir den Klimawandel nicht beschleunigen, sondern verlangsamen. Wie wir unser städtisches Zusammenleben so organisieren, dass wir Ressourcen schonen und Lebensqualität schaffen – für künftige Generationen und entfernt lebende Menschen, die vom Klimawandel besonders betroffen sind: in Bangladesh, der Sahelzone und New York. Aber eben auch für uns, hier und heute.“
Dabei war ihm bewusst, dass Nachhaltigkeit und Klimawandel auch hier vor Ort beginnen. „Damit retten wir nicht die Welt, aber dann nehmen wir doch einen wichtigen Schritt hin zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung.“ Denn genau hierin sieht der OB die Zukunft. „Realistischer, Erfolg versprechender und vor allem nachhaltiger wird es sein, wenn wir den Strukturwandel und seine Anforderungen ernst, ja wörtlich nehmen. Wenn wir jetzt auf eine robuste, krisenunanfällige und auch nachhaltige Wirtschaftsstruktur hinarbeiten – mit einer engagierten Bildungspolitik, mit einer klugen Ansiedlungspolitik, der Aufbereitung interessanter Flächen. Wenn wir möglichst viele leistungsfähige Betriebe – egal welcher Größe – unterstützen und eine stabile, diversifizierte Wirtschaftsstruktur auf- und ausbauen! Nur eine solche Struktur, die über Jahre und Jahrzehnte wächst, ist nachhaltig.“ Und das wird sich nach Ansicht des Stadtoberhauptes auch in Arbeitsplätzen niederschlagen, die der Strukturwandel hin zu den erneuerbaren Energien der Stadt bringen wird.

Weizäcker feierte gern mit in Gelsenkirchen

Das sah der Gastredner, Prof. Dr. Ernst-Ulrich von Weizäcker, der schilderte, dass er gemeinsam mit dem Gelsenkirchener SPD-Bundestagsabgeordneten Joachim Poss das Energiewendegesetz in den Bundestag gebracht hat, ebenso: „Die Rede des OB macht Mut. Nicht nur für Gelsenkirchen, auch für die Nachhaltigkeit.“
Der „Fan des Emscherumbaus“ dankte auch dem Vorstandsvorsitzenden der Emschergenossenschaft, Dr. Stempleweski, für sein Engagement um das heimische Gewässer.
Weizäcker stellte die These auf: „Wenn wir alle leben würde wie die Amis, bräuchte man fünf Erdbälle“. Er gab zu bedenken, dass die Nutzung regenerativer Energien eine tolle Sache sind, inzwischen aber schon die Naturschützer auf die Barrikaden gehen, weil es man mancherorts statt Wald nur noch Photovoltaikanlagen vorfindet oder Windräder soweit das Auge reicht oder Maisfelder als Energiequelle statt als Nahrungsquelle.
Darum sah er die Forderung, dass in aller Welt rund 20% der Energie aus erneuerbaren Ressourcen gewonnen werden sollen als sportliches Ziel. Besser fände er jedoch eine Reduzierung des CO² um 30% durch eine neue technologische Revolution. Das ist auch der revolutionäre Kern seines Werkes „Faktor Fünf: die Formel für nachhaltiges Wachstum“. Und darin sieht er auch die Chance darauf, dass ein Erdball ausreichend ist.
Er gab zu bedenken, dass die Geschäftsinteressen sich verändern müssten. „Nehmen Sie einen Tabletcomputer. Hier ist ein Austauschen der Batterie bzw. des Akkus nicht möglich. Dabei verfolgt das Unternehmen das Interesse, dass man sich einen neuen anschaffen muss sobald die Batterie ausgedient hat. Würde nun das Unternehmen von Anfang an mehr an dem Tablet verdienen, könnte es umdenken und einen Batterieersatz bei der Konzipierung vorsehen.“

Den Fokus auf die Nachhaltigkeit richten

Er gab den Gästen die Anregung mit: „Natur ist knapper als Arbeit. Darum sollten wir mehr Augenmerk auf die Natur legen. Dazu ist Feinarbeit in der Politik gefragt, damit nicht durch die Hintertür agiert werden kann.“ Für Deutschland und Europa sieht Weizäcker eine Chance, für die USA eher weniger: „Erst muss die Wallstreet reagieren, dann reagiert der US-Kongress.“

Ein begnadeter Comedian sorgt für Erheiterung

„Mein vollständiger Name lautet Malte Sebastian Pufpaff und es handelt sich dabei nicht um einen Künstlernamen...Ich finde, dass sie mich nicht haben wollten, hätten mir meine Eltern auch anders sagen können“, erklärte der Comedian des Abends gleich zu Anfang, um keine weiteren gedanklichen Abweichungen ob seines Namens heraufzubeschwören.
Mit Blick auf den Gastredner unkte Pufpaff: „Wissen wird überbewertet. Fragen ist die Intelligenz des 21. Jahrhunderts.“ Und er entlarvte so manches geflügelte Wort. „In Sterben liegt gleich auch das Erben. Ich weiß nicht, ob Ihnen das bewusst ist.“

Der Ausklang bei kulinarischen Genüssen

Beim anschließenden Buffet erfreuten sich die Besucher der kulinarischen Genüsse des MiR-Catering und zeigten sich davon beeindruckt und mehr als nur gesättigt.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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