Steiger Award 2012

Die Preisträger des diesjährigen Steiger Awards stellten sich den Fotografen. Foto: Sobotta
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Wenn in der Bochumer Jahrhunderthalle in den vergangenen Jahren der Steiger Award verliehen wurde, gab es einen Promi-Auflauf und einen regelrechten Medien-Hype, wie ihn das Ruhrgebiet sonst eher selten erlebt.
In diesem Jahr stand die Preisverleihung unter einem anderen Stern und rückte politisch in die Diskussion.
Denn der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sollte die Auszeichnung für Toleranz erhalten, anlässlich des 50. Jahrestages des Deutsch-Türkischen Arbeitsabkommens, der im Jahr 2011 gefeiert wurde.
Auch wenn der Preis nicht an die Person Erdogans, sondern an das türkische Volk verliehen werden sollte, gab es heftige Reaktionen auf die Ankündigung. Am Tag der Verleihung riegelte die Polizei die Umgebung der Jahrhunderthalle großräumig ab und die sonst immer anwesenden „Schaulustigen“ blieben in diesem Jahr aussen vor.
Am Ende kamen weder Erdogan noch sein Laudator Alt-Kanzler Gerhard Schröder. Erdogan hatte abgesagt, wegen des Absturzes eines türkischen Militärhubschraubers in Afghanistan. Kritiker vermuten allerdings, dass er die Proteste gegen ihn meiden wolter..
Und so kam es im Stadion des VfL Bochum an diesem Samstag nicht zu einem friedlichen Fußballspiel, sondern zu einem friedlichen Protest von rund 20.000 Menschen, die dem Aufruf der Alevitischen Gemeinde in Deutschland gefolgt sind.
Armenier und Kurden hatten ebenfalls zu Kundgebungen aufgerufen. Und so schätzt die Polizei, dass insgesamt rund 25.000 Menschen in Bochum gegen Erdogan auf die Straße gegangen sind.
Der Musiker Lou Reed musste aus gesundheitlichen Gründen absagen, wie Moderator Max Schautzer bekannt gab. So wurde der Abend zur „Gala der Frauen“, wie Schautzer mit Blick auf die zu Ehrenden erklärte.
Doch es gab auch männliche Preisträger. Den Preis für Umwelt erhielt der Schauspieler und Orang Utan-Beschützer Hannes Jaehnicke. Der Award für Kunst ging an den Designer Wolfgang Joop. Peter Kloeppel, der bekannte RTL-Nachrichten-Chef, erhielt den Steiger im Bereich Medien.
In der Kategorie Nachwuchs erhielt Tim Bendzko den Steiger und als neue Kategorie wurde der Steiger Award Ruhrgebiet ausgelobt, der an den Weltbürger Steven Sloane ging. Den Preis für Toleranz erhielt in diesem Jahr Alt-Bundespräsident Horst Köhler.
Bei den Frauen dürfte Königin Silvia von Schweden die bekannteste der Ausgezeichneten sein. Sie erhielt den Steiger für ihr Charity-Engagement.
Die Schauspielerin Christian Hörbiger wurde für ihr künstlerisches Lebenswerk ausgezeichnet. Und Schauspielerin Christine Neubauer erhielt den Award für die Kategorie Film.
Die Liste der Laudatoren lässt sich ebenso gut lesen, wie die der Ausgezeichneten. Neben Franz Alt und Fritz Pleitgen, waren auch Bodo Hombach, Gero von Böhm und Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers zugegen.
Peter Klöppel quittierte seinen Preis mit den launigen Worten: „Endlich Kohle zu Hause.“ Aber er erzählte auch ernsthaft, dass er von seinem Großvater die „Welt des Ruhrgebietes, aber auch die Bergmannstugenden“ kennen gelernt hat. „Hier leben so viele Menschen verschiedener Nationen zusammen, die einander nicht einmal verstehen. Aber sie hören darum auch immer genau hin. Und man sollte nie vergessen, dass der Wohlstand der Bundesrepublik seinen Ursprung im Ruhrgebiet hatte“, hob Klöppel hervor.
Königin Silvia präsentierte sich als glückliche Großmutter, deren Hauptaugenmerk nicht zuletzt wegen ihres ersten Enkelkindes besonders auf der Entwicklung von Kindern liegt. Dabei hat sie ihre Stiftung „World Children Foundation“ schon 1999 gegründet.
Die Königin erinnerte daran, dass auch heute noch rund 2,5 Millionen Kinder ihrer Kindheit beraubt werden, indem sie als kleine Erwachsene behandelt und auch im Bergbau eingesetzt werden, weil sie dort Arbeiten verrichten müssen, die von Erwachsenen nicht geleistet werden kann in der Enger der Stollen.
Doch sie zählte auch andere Kinder auf, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, wie Straßenkinder, AIDS-Kinder oder Kindersoldaten.
Sie endete ihre Dankesrede mit den Worten: „Der Steiger kommt als helles Licht in der Nacht und bringt die Hoffnung zu den Menschen.“ Dafür erhob sich das Publikum und applaudierte der schwedischen Königin.
Christine Neubauer zeigte sich „gerührt und erschrocken“ über ihre Auszeichnung. Sie wusste nicht zu sagen, ob sie die Auszeichnung erhielt für ihr Schauspiel der Tugenden oder für ihr geradliniges Leben. Auf jeden Fall freute sie sich über den Preis und kam auch gern nach Bochum, wo sie vor 20 Jahren den Film „Verworren“ für RTL gedreht hatte, der später den Titel „Ich liebe dich bis in den Tod“ umgetitelt wurde.
Tim Bendzko, der frühere Fußballspieler und Theologie-Student, feierte mit seinem Song „Nur noch kurz die Welt retten“ Erfolge. Er versprach in Zukunft die Tugenden der Steiger zu befolgen.
Die Idee zum Ruhrgebiets-Auszeichnung stammte von Bundestagspräsident Norbert Lammert. Der erste Ausgezeichnete war der Generalmusikdirektor der Bochumer Sinfoniker Steven Sloane. Sloane ist ein echter Weltbürger, denn er ist Israeli mit einem US-Pass und seit zwei Jahren auch mit einem deutschen Pass. Er sieht sich als Migranten unter vielen, die aus der Türkei, Griechenland oder sonstwo her gekommen sind. „Das Ruhrgebiet ist gelebte Integration“ erklärte Sloane sehr treffend.
Eigentlich hätte Henning Mankell die Laudatio für Alt-Bundespräsident Horst Köhler halten sollen. Doch er konnte nicht anwesend sein und so verlass der ehemalige NRW-Ministerpäsident Jürgen Rüttgers die Rede Mankells.
Horst Köhler rief dazu auf, kein „Schubladendenken“ zuzulassen: „Wer Toleranz übt. wird eher in der Lage sein zu verstehen. Und damit werden auch Gleichgültigkeiten in den Köpfen überbrückt“, appellierte Köhler, der den Preis als Ansporn sehen möchte, „weiterzubauen an der Brücke zwischen Afrika und Europa“.
Nachdem seine Gattin bereits vor drei Jahren mit einem Steiger Award geehrt wurde, verriet der Alt-Bundespräsident mit einem Schmunzeln, dass man sich nun in der Familie wieder auf Augenhöhe begegnen würde.
Als eine der letzten Diven bezeichnete Gero von Böhm die Schauspielerin Christiane Hörbiger.
Der Laudator verriet, dass er die Bezeichnung Grand Dame als viel zu distanziert betrachten würde. Er würde Christiane Hörbiger eher als Liebling der Götter bezeichnen. Und um endlich die Schauspielerin einmal küssen zu dürfen, rief er nach dem Award: „Wo ist der Preis? Wo ist die Kohle?“
Die Hörbiger verriet, dass in Österreich ein Steiger früher jemand war, der gefenstert hat. Dann kannte sie die Bezeichnung noch aus einer Oper von Zeller. Als sie benachrichtigt wurde, dass sie einen Steiger Award erhalten sollte, informierte sie sich erst einmal, was sich denn nun hinter dem Steiger verbirgt und war gerührt, dass sie mit den Tugenden in Verbindung gebracht wird.
Gemeinsam mit seinem Freund Werner Hansch und seiner Tochter Bettina Michel nahm auch Rudi Assauer an der Gala teil. Und wie sollte es anders sein? Er drängelte seine Tochter dazu, ins Foyer zu gehen, damit er endlich seine geliebte Zigarre anzünden konnte.
Dort traf er dann auch mit einem guten Bekannten zusammen, dem Prinzipal des Mondpalast von Wanne-Eickel Christian Stratmann, der seinem Bruder, dem Kabarettisten Doktor Stratmann auf der Bühne zugeschaut hatte. Die Herren Stratmann und Assauer waren begeistert von der Showeinlage des Doktor.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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