Vor 65 Jahren brach der Damm der Emscher: „ Im Vordergrund stand das WIR GEFÜHL“

Foto: Heinz Terzenbach
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Hochwasser machen am Rhein, Donau, Main und Elbe sowie deren Nebenflüsse im jedem Jahr Schlagzeilen. Das dies aber vor 65- Jahren vor der Eindeichung der Emscher in unserem Stadtteil der Fall war, daran erinnern sich nur noch ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Vor 65- Jahren in der Nacht vom 08/09 Februar 1946, als wenn die Menschen in dieser Zeit nicht schon genug Leid/Elend und Sorgen gehabt hätten, wurde zu allem Überfluss auch noch der Südliche Teil von Gelsenkirchen – Horst meterhoch überflutet.

In dieser Nacht vom 08/09. Februar1946 ereignete sich durch starke Niederschläge die größte Hochwasserkatastrophe in der Geschichte unseres Stadtteils.

In der Mitte zwischen der Zweigerbrücke und der Fischerstraße an der Grenze zu Essen – Carnap wurde auf eine länge von ca. 35 m breite der nördliche Emscherdamm, der eh schon durch Bombenschäden angefressen war, durchbrochen.

Das Pumpwerk Horstermark viel aus, das Wasser überflutete 200 Km?
Da Telefone fehlten, gab es keine Vorwarnung, obwohl sich schon viele Horster Geschäftsleute am Abend des 08. Febr. gegen 19:00 Uhr bei der Horster Polizei erkundigt hatten, ob die Emscher über die Ufer treten kann, da zur dieser Zeit schon große Teile von Essen- Carnap, Bottrop und Osterfeld bereits schon unter Wasser standen, versicherte man Ihnen noch gegen 22:00 Uhr das sie ruhig zu Bett gehen und Schlafen könnten, es würde für Horst keine Gefahr bestehen.

Aber in den frühen Morgenstunden des 09. Febr. gegen 3:00 Uhr wurden sie etwas besseres Belehrt, denn der Damm brach und 7000 Menschen wurden von den Fluten eingeschlossen, vor allem das Gebiet des Bahnhofes Horst – Süd und der Zechenbahn war stark betroffen, hier stand das Wasser bis an die Häuserdächern auf denen die Menschen saßen und auf Hilfe warteten.

Neun Kähne vom Berger See in Buer wurden geholt, zwei aus Recklinghausen, aus Grubenholz wurden Flöße gebaut, doch das Holz war nass, und so wurden sie vom Wasser nicht getragen.

Scheinwerfer für Nachteinsätze sowie Motorboote so wie man sie heute bei solchen Katastrophen kennt, waren damals nicht vorhanden.

Insgesamt wurden 2.000 Personen von der Feuerwehr und der Polizei geborgen. 17. Personen kamen wegen Erschöpfung ins Krankenhaus und eine Person wurde Tod geborgen.

Die Obdachlosen wurden von Schwestern des Gesellenhausen und vielen Helferinnen der Arbeiterwohlfahrt (AWO), Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Caritas und Inneren Mission betreut und versorgt.
Das Englische und Schwedische Rote Kreuz speiste die Horster Kinder ab.
Die Zeche Consolidation Spenden 6.000 Brote, der Westdeutsche Traber- Zucht und Rennverein stellte 50.000 Reichsmark (RM) zu Verfügung.
Die Kreishandwerkerschaft in Buer rief zu einer Sammlung von Handwerkszeug für ihre geschädigten Horster Kollegen auf.

Die Überschwemmung brachte auch Gesundheitliche Gefahr: Das Trinkwasser erhielt starken Chlorzusatz und musste vor Gebrauch abgekocht werden.
Der Rat von Medizinalrat Dr. Grütter sich vorsorglich gegen Typus Impfen zu lassen wurde nicht wichtig genommen, deshalb ordnete die Militärregierung eine Zwangsimpfung der Horster Bevölkerung an.

Die Zeche Nordstern setzte ihre gesamte Belegschaft zur Hilfsarbeiten ein. Auch beschafften sie mehrere Pumpen um das Wasser aus den Häusern zu Pumpen, drei Wochen stand es in den meisten Häusern.

Nach vierzehn Tagen ist es gelungen die Bruchstelle im Damm auszubessern.

In Mühseliger Kleinstarbeit trugen die Hausbewohner den Schlamm in Kübeln und Eimern aus den Kellern, als der Schlamm verschwunden war, bot das Gelände einen derart trostlosen Anblick.

Von den Obdachlosen wurden 230 im Hilfskrankenhaus in Gelsenkirchen – Buer, 30 im Horster Schloss, und 67 in einer Baracke der Zeche Nordstern Untergebracht. 135 erhielten durch Vermittlung des Wohnungsamtes Einzelquartiere, 50 Flutopfer wurden in Beschlagnahmte Wohnungen untergebracht. 38 Personen meldeten sich nach außerhalb ab, der Rest fand eine Unterkunft bei verwanden oder Bekannten.

Am ersten Tag des Hochwassers wurden im Horster Gesellenhaus 2.300 am 2. Tag 4.291 und am 3. Tag 5.200 Portionen Verpflegung unentgeltlich ausgegeben.

Das Landesernährungsamt erteilte seine Zustimmung das jeder Geschädigte ein Halbes Pfund Mehl und ein Halbes Pfund Butter unendgeldlich und ohne Lebensmittelkarten erhält. Die Männer erhielten zusätzlich Tabak.

Das Schwedische Rote Kreuz speiste vom 20. Feb. An für ca. 4. Woche 3.500 Horster Kinder ab.

Die provinziale – Militärregierung führte eine Kleidersammlung durch bei der 3.500 Kleiderstücke und 400 paar Strümpfe zusammen kamen.

Das Englische Rote Kreuz lieferte 416 Wäsche und Kleidungsstücke, das Landwirtschaftsamt bewilligte 1.000 Decken, 1.000 Matratzen, 400 Garnituren Unterwäsche, 500 paar Schuhe für Männer, Frauen und Kinder.

Außerdem 1.000 Kochtöpfe, Bestecke und Kochgeschirr, man verteilte 3.000 Liter Petroleum, und 1.100 Kerzen.

Am 28. Februar1946 erklärte der Stadtbaurat Fuchtochter in einer Sitzung des Bürgerrates „Das Gelände des südlich der Zechenbahn und nördlich der Emscher dürfe nicht mehr als Wohngebiet genutzt werden. Das Gebiet zwischen Emschertahlbahn und Zechenbahn dürfe nur noch weiträumig, das östlich der Sandstraße nach Möglichkeit nicht mehr bebaut werden.
Ebenso dürfe das Gebiet zwischen Devens-, Schloss-, und Strundenstraße unmittelbar nördlich der Emschertahlbahn nur noch weiträumig bebaut werden“.

Doch Heimatliebe, Wohnungsnot und eine große Solidarität, von dem sich heute so mancher ein Beispiel nehmen könnte, ließen die Horster nicht verzagen.. Denn noch standen die Fördertürme der Zeche Nordstern und man hielt von allen Seiten Hilfe, wo immer man konnte, von diesen Menschen muss man heute Hochachtung haben, denn damals zählte für die Politiker, Kirchen, Geschäftsleuten und vielen Unternehmen in erster Linie der Mensch, das ist leider heute nicht mehr der Fall, aber es wäre in einer zeit wie heute, bei „Kinder und Alters Armut“ wieder sehr wichtig, wenn der Mensch wieder im Vordergrund stände, und wir wieder ein „WIR GEFÜHL“ in unserer Gesellschaft bekämen, und dieses „WIR GEFÜHL“ sich in unseren Köpfen fest setzen würde und nie wieder dort verschwinden würde.

Die Bilanz des Hochwassers 1946: 30. Geschäfte, darunter 5. Bäckerein, 10. Metzgerein standen unter Wasser. 520 Wohnungen gingen verloren.
Der Schaden wurde auf 2,5 Millionen Reichsmark beziffert, alleine 35.000 Reichsmark Verschlingtee die Instandsetzung der städt. Entwässerung, und 1,2 Mio. Reichsmark gab nab für Führsorgeaufwendungen aus.
In diesem Sinne
Glück Auf.

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

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