Theatermacherin mit Herz und Verstand

Andrea Kramer ist Vollblut-Theatermacherin und mit Herz und Verstand bei der Sache.
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„Wir arbeiten gern hier in dieser Stadt und ich glaube des Consol Theater tut der Stadt gut, weil es wichtig ist für die Menschen hier“, sieht Andrea Kramer, die Regisseurin und künstlerische Leiterin des Consol Theaters, das Selbstverständnis ihrer Arbeit in Gelsenkirchen und für die Gelsenkirchener.

Wechselwirkung zwischen Menschen und Theater

Und die Menschen aus Gelsenkirchen finden sich in der Arbeit und den Stücken, die das Consol Theater zeigt, auch wieder. Denn Andrea Kramer weiß: „Die Impulse für unsere Arbeit kommen von den Menschen dieser Stadt. In Zürich oder anderswo sähe der Spielplan anders aus.“
Und Kramer weiß wovon sie redet, denn sie inszeniert auch in Städten wie Zürich, Köln oder Düsseldorf, wenn sie nicht gerade in Gelsenkirchen einem ihrer „Kinder“ auf die Beine hilft.

Ein Haus für Jedermann

Die Gelsenkirchener danken es ihr und dem Team des Consol Theaters und kommen gern in das Haus, weil es ein künstlerischer Ort ist, der keine Schwellenangst erzeugt. Denn auch der Besucher spürt den Geist des Hauses, den nicht zuletzt Andrea Kramer lebt, wenn sie sagt: „Gemeinsame Arbeit verbindet. Künstlerische Arbeit ist eine sehr intime, sie funktioniert nur, wenn man sich vertraut und beide Seiten sich öffnen und zwar vor der Bühne und auf der Bühne, das verbindet die Menschen.“

Bürger und Theaterleute im gemeinsamen Spiel

Und so gibt es auch immer wieder Gelegenheiten, dass normale Gelsenkirchener die Bretter, die die Welt bedeuten, betreten auf Consol. Mal mit und mal ohne echte Künstler, aber immer unter professioneller Anleitung, wie es der Anspruch des Hauses vorsieht.
Und so verwundert es nicht, wenn die Regisseurin berichtet von Begegnungen, die sie hat, wenn sie durch die Gelsenkirchener City läuft und nach Jahren Menschen wiedertrifft, die sie als Jugendliche in der Aufführung gesehen hat und die nun selbst mit dem Kinderwagen durch die Stadt flanieren.

Das Team hat eine lange Geschichte

Das funktioniert natürlich auch, weil Andrea Kramer von Anfang an dabei war am Consol Theater und es gemeinsam mit Michael Gees und anderen vom Verein „forum kunstvereint“ ins Leben rief. Das ist mittlerweile rund 15 Jahre her und die meisten der damaligen Mitbegründer konnten sich ebenso wie Andrea Kramer nie trennen.
Dabei lag und liegt der Schwerpunkt des Theaters auf der Kinder- und Jugendarbeit. Die professionellen Inszenierungen werden in partizipativer Arbeit aber auch mit Kindern und für Kinder erarbeitet. Und auch die Zusammenarbeit mit Amateuren, wie der Volxbühne, den Bucheckern und eben den Consol-Kinder-Clubs geht zurück auf die Anfänge des Hauses.

Eine Idee hat sich durchgesetzt

„Ich habe das immer schon sehr geliebt“, so die professionelle Theaterfrau. „Die Volxbühne gab es hier bereits lange bevor sie diesen Namen erhielt und lange ehe diese Form des Theaters an vielen anderen Häusern etabliert wurde.“
Daneben gibt es die Inszenierungen von Andrea Kramer, aber auch anderen Regisseuren aus den eigenen Reihen oder als Gäste, die für ein breites Publikum bestimmt und mit einem professionellen Team auf die Bühne gebracht werden. Diese Inszenierungen gehen in der Regel in das Repertoire des Hauses ein und auch schon mal auf Reisen.

Reisen mit Sack und Pack zu Festivals

„Wir bekommen sehr viele Einladungen zu Gastspielen und Festivals. Darum waren wir bereits in Dänemark, Polen, Serbien, Kosovo, Bosnien, Mazedonien, Ägypten, Kamerun, Japan, China und auch Mexiko. Diese Reisen sind für mich persönlich sehr wichtig, weil man dabei die Bedeutung des Theaters in anderen Kulturen kennenlernen kann und diese Erfahrungen wieder in die Stücke einfließen lassen kann. Das Reisen verändert mitunter Stücke, weil das hier als gegeben wahrgenommene, woanders eine ganz andere Bedeutung erhält“, gerät die Regisseurin regelrecht ins Schwärmen.
Dabei ist das mit dem Reisen gar nicht so einfach. In Japan und China hatte das Consol Theater das Glück, dass das Bühnenbild für „Blutrote Schuhe“ vor Ort erstellt wurde, also nicht angeliefert werden musste. Aber auch das lief anders als gedacht, wie Andrea Kramer sich heute lächelnd erinnern kann: „Wir kehrten im Jahr 2010 vom Kijimuna-Festival in Okinawa Japan zurück und China stand kurz bevor, aber bis unsere Koffer hier ankamen, dauerte es beinahe sechs Monate.“
Mit dem Stück „Meins!“, ein Theaterstück für die Allerkleinsten war das Consol Theater zu Gast bei „Fatej“, dem Afrikanischen Theaterfestival für Kinder und Jugendliche in Yaounde, der Hauptstadt Kameruns.
„Das Goetheinstitut hatte für uns eine Open Air-Aufführung geplant und fünf Männer bauten extra dafür eine Tribüne auf, die für vielleicht 100 Menschen gereicht hätte. Am Ende nahmen dort aber etwa 400 Kinder Platz. Das war schon spannend. Eine multi-kulturelle Gesellschaft wie unsere heutige erfordert eigentlich noch viel mehr solcher Reisen. Und auch wenn der logistische Aufwand nicht gezahlt wird, so machen uns die neuen Erkenntnisse immer wieder klar, wie lohnenswert solche Reisen sind“, schildert die Regisseurin, die an einem freien Theater arbeitet, das sich immer wieder neu um seine Finanzierung kümmern muss. Was das Team auch bei Reisen und Planungen nie aus dem Auge verlieren darf.

Das Partnertheater in Ägypten

Aber die Theatermacherin mit Leib und Seele und ihre Kollegen vom Consol Theater geben auch Workshops in den bereisten Ländern und so entstand die Idee, dass man ein Partnertheater in einem anderen Land suchen sollte. Gefunden wurde dieses in Ägypten mit „AFCA for arts and culture“ in Kairo. Im Zuge der Partnerschaft wurde das Stück „Paradieskinder“ als ägyptisch-deutsches Theaterprojekt für Kinder ab sechs Jahren aus der Taufe gehoben.
Und wo wir gerade bei der Taufe sind: Für die Regisseurin sind ihre Stücke wie eigene Kinder. „Manche haben es schwer, auf die Welt zu kommen, aber deshalb liebt man sie nicht weniger. Zu manchen muss man die Liebe auch erst erlernen. Aber jedes Stück braucht wie ein Kind die Hingabe des Regisseurs“, ist sich Andrea Kramer bewusst.

Der lockere Ausseneindruck täuscht

Und auch wenn man als Außenstehende mitunter den Eindruck hat, dass am Consol Theater alles ein wenig lockerer organisiert ist, mit weniger Bürokratie und Abteilungsdenken, so arbeitet man hier sehr strukturiert. „Wir sitzen jetzt schon an den Planungen für 2017. Und wir halten unsere Probenpläne genauso ein wie größere Häuser, aber wir können flexibler sein, wenn es der Kunst förderlich ist. Denn uns ist es wichtig, dass wir reagieren können, wenn die Kunst danach schreit“. erklärt Kramer.

Hier macht das Arbeiten Spaß

Damit können die Theaterfrau und das Team des Consol Theaters sehr gut leben, denn sie freuen sich auf ihre Arbeit und quälen sich nicht dafür aus dem Bett. Sie sagt selbst: „Wir sind uns bewusst, dass nicht jeder so viel Glück mit seiner Arbeit hat und darüber sind wir sehr froh.“
Und vielleicht ist auch das genau das Geheimnis dieses Hauses, das so einladend wirkt und sich der breiten Masse öffnet. Hier kehren von den Allerkleinsten bis hin zu den Betagtesten alle gern ein und nehmen immer wieder etwas mit vom Geist des Hauses und der gebotenen Kunst.

Über das Consol Theater

Das Consol Theater ist Teil des „kultur.gebiet CONSOL“ auf dem ehemaligen Zechengelände Consolidation in Gelsenkirchen-Bismarck.
Seit der Eröffnung im Jahr 2001 hat sich das Haus zu einem lebendigen Theaterhaus mit einer großen Verantwortung für die kulturelle Bildung und das soziale Miteinander von Menschen verschiedener Altersgruppen und Herkünfte entwickelt.
Derzeit befindet sich das Theater beziehungsweise der Großteil des Teams in den Sommerferien. Die Spielzeiteröffnung wird mit einem Familienfest und dem Gastspiel des Krokodiltheaters gefeiert am Sonntag, 13. September, ab 14 Uhr an der Bismarckstraße 240/Consolstraße.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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