S04 setzt ein Zeichen

Von der Gildenstraße aus zeigte Judith Neuwald-Tasbach dem S04-Finanzvorstand den Schaden an der Fensterscheibe. Foto: Gerd Kaemper
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Auch mehr als 70 Jahre nach dem Ende der Nazi-Schreckensherrschaft leben Menschen mit jüdischen Glauben nicht frei von Angst und Schrecken in Gelsenkirchen. Jüngstes Beispiel für eine Anfeindung ist das Einschlagen einer Fensterscheibe in die Synagoge an der Georgstraße. Peter Peters, der Finanzvorstand des FC Schalke 04, informierte sich vor Ort über das Geschehen und setzte ein Zeichen gegen Gewalt und Zerstörung.

Wieder ein Fenster demoliert

In der Nacht vom 13. auf den 14. August wurde das Fenster zum Büro der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, Judith Neuwald-Tasbach beschädigt. Dank des Sicherheitsglases ist die Scheibe gesprungen, nicht aber eingeschlagen. Die Polizei ermittelt, ob es sich um einen Fall von Vandalismus handelt, oder doch um Fremden- und Judenfeindlichkeit.
Peter Peters freute sich mal wieder zu Gast in der Synagoge zu sein, wäre das nicht der widrige Anlass. „Aber wir pflegen die Kontakte in guten wie in schlechten Zeiten. Und wir blicken auf viele gemeinsame Aktionen zurück“, erklärt der Finanzvorstand des Bundesligisten.
So hatte der FC Schalke 04 vor zwei Jahren, als ebenfalls ein Fenster beschädigt und die Hauswand der Synagoge verunstaltet wurde, ein neues Fenster gesponsert. Dieses Mal hofft die Gemeinde auf Hilfe des Landes bei der Schadensbeseitigung.

Die Gemeinde lebt in Angst vor weiteren Taten

Judith Neuwald-Tasbach zeigte sich noch immer erschüttert von dem Vorfall: „Es ist bedrückend, dass es Menschen gibt, die ein Gotteshaus beschädigen. Hier sollte Respekt herrschen vor dem Ort des Friedens und dieser nicht durch Gewalt und Hass entwürdigt werden.“

Schalke bereitet Kindern eine Freude

„Ich glaube, dass eine Situation wie diese besonders schwer ist für die Kinder, die hier in der Synagoge unbeschwert ihre Freizeit verbringen möchten. Darum ist es uns wichtig, ihnen zu erklären, dass sie uns wichtiger sind als alle Verstrahlten, die zu solchen Taten fähig sind. Wir laden die Kinder und Jugendlichen zu einem Spiel des FC Schalke 04 ein, bei dem es für sie ein spezielles Programm geben wird. Dabei sollen sie erfahren, was der Verein tut, um Kinder in eine sichere Zukunft zu bringen. Und ihnen soll klar werden, dass sie Teil eines großen Ganzen sind“, erklärte Peter Peters.
Judith Neuwald-Tasbach betonte die Vorbildfunktion des Fußballvereins, die dabei helfen kann zu zeigen, wie offen die Gemeinde für andere ist. Sie setzt auf das Gespräch und die Aufklärung: „Wir werden alle nur Erfolg haben, wenn wir miteinander reden und auch handeln.“

Kinder müssen mit Situation noch klar kommen

Die Kinder- und Jugendgruppe der Jüdischen Gemeinde umfasst rund 20 Kinder vom Kindergartenalter bis zu Jugendlichen, die auch nicht nur jüdischen Glaubens sind, sondern unter denen sich auch Muslime und Christen befinden. Da die Gemeinde nach dieser neuerlichen Ausschreitung feststellen musste, dass die Besuche in den angebotenen Gruppen zurückgegangen sind, versucht sie nun durch Gesprächsrunden für Aufklärung zu sorgen und den Kindern darzulegen, dass sie als Juden ganz normal in Gelsenkirchen leben können.
Peter Peters sprach deutliche Worte als er betonte: „Es gibt einfach Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Und dazu gehören körperliche Gewalt und Zerstörung. Wer so etwas tut, der hat auf Schalke kein Zuhause mehr!“
Neuwald-Tasbach vergleicht die Spieler des Bundesligisten mit der Gemeinde, wenn sie erklärt, dass es in beiden Gruppen Menschen vieler Nationen gibt, die verbunden sind, durch ihre Ziele. Sei es nun der Glaube oder der Siegeswille, der die Menschen verbindet, am Ende zählt die Gemeinschaft über Nationalitäten und Religionen hinaus.
Semen Chalif, der Sozialarbeiter der Jüdischen Gemeinde, dankte dem FC Schalke 04 und allen Bürgern mit offenen Herzen: „Wir fühlen die Unterstützung, die wir durch den Staat, die Stadt und ihre Menschen erfahren. Das ist wichtig für uns. Vielen Dank dafür!“

Schalke hofft auf den Julius Hirsch Preis

Gemeinsam hoffen Neuwald-Tasbach und Peters nun darauf, dass der FC Schalke 04 im nächsten Jahr den Julius Hirsch Preis erhält. Mit diesem erinnert der DFB seit 2005 jährlich an den deutsch-jüdischen Fußball-Nationalspieler Julius Hirsch (1892 – 1943) und an alle, insbesondere die jüdischen Opfer, des nationalsozialistischen Unrechtsstaates. In besonderer Weise erinnert er damit an die verfolgten Menschen, für die der Fußball Freude, Aufgabe und Heimat war.
Es hätte einmal schon fast geklappt mit dem Preis für die Königsblauen und nun hoffen die Jüdische Gemeinde, deren etwa 350 Mitglieder durchweg Schalke 04-Fans sind, auf die nächste Verleihung. Ansonsten wünschen sich die Gemeindemitglieder, dass der heimische Bundesligist mindestens auf Platz 3 kommt in dieser Saison.

Von der Gildenstraße aus zeigte Judith Neuwald-Tasbach dem S04-Finanzvorstand den Schaden an der Fensterscheibe. Foto: Gerd Kaemper
Beim Kaffeetrinken mit Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde erläuterte Peter Peters das Vorhaben des FC Schalke 04, das die Solidarität des Fußballclubs mit der Gemeinde auch nach außen hin zeigen soll. Foto: Gerd Kaemper
Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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