Gelsenkirchen: IG BAU kritisiert ausufernden Niedriglohnsektor 9.990 Vollzeit-Beschäftigten in der Stadt könnte im Alter Hartz IV drohen.

Arbeiten im Alter: Viele Rentner sind auf einen Minijob angewiesen, um über die Runden zu  kommen. Die IG BAU macht sich für mehr Tarifbindung stark – als Schutz vor Altersarmut. | Foto: IG - Bau
  • Arbeiten im Alter: Viele Rentner sind auf einen Minijob angewiesen, um über die Runden zu kommen. Die IG BAU macht sich für mehr Tarifbindung stark – als Schutz vor Altersarmut.
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Gefangen im Niedriglohn: 9.990 Vollzeit-Beschäftigte in Gelsenkirchen verdienen weniger als 2.200 Euro brutto im Monat. Das sind 20 Prozent aller Menschen, die hiersozialversicherungspflichtig die volle Stundenzahl arbeiten. Darauf hat die IG Bauen-Agrar- Umwelt hingewiesen. Die IG BAU Emscher-Lippe-Aa beruft sich dabei auf eine aktuelle
Statistik der Arbeitsagentur.

Gewerkschafter Georg Nießing warnt: „Wer heute in Vollzeit weniger als 2.200 Euro
verdient, der ist mit hoher Wahrscheinlichkeit im Alter auf staatliche Stütze angewiesen.“
Das ergebe sich aus Berechnungen der Bundesregierung. Danach muss ein Vollzeit-
Arbeitnehmer im Schnitt mindestens 12,63 Euro pro Stunde verdienen, um nach
45 Beitragsjahren bei der Rente oberhalb der staatlichen Grundsicherung zu landen. „Einige werden zwar das Glück haben, dass der Ehepartner besser verdient und so die Renten- Haushaltskasse später aufbessert. Doch für viele ist die Rente selbst dann extrem knapp“, sagt Nießing.

Für den IG BAU-Bezirksvorsitzenden ist das ein unhaltbarer Zustand: „Altersarmut trotz
Vollzeit – das kann nicht sein. Wer jeden Tag acht Stunden malocht, der muss von seiner
Arbeit auch leben können.“ Nießing spricht von einem Ausufern des Niedriglohnsektors,
dem die Politik zu lange zugeschaut habe: „Bei vielen Beschäftigten ist die Angst groß, in
Hartz IV abzurutschen.

Deshalb akzeptieren sie auch Niedriglöhne. Etliche Unternehmen
nutzen das schamlos aus. Sie zahlen kaum mehr als den gesetzlichen Mindestlohn.“
Dabei hätten die meisten Betriebe durchaus Spielräume, mehr zu bezahlen. „Wer sich als
Dumping-Unternehmer nur mit dem gesetzlichen Mindestlohn am Markt behauptet, der
sollte sein Geschäftsmodell ohnehin überdenken“, so Nießing.

Eine wichtige Absicherung gegen Armutsrenten sind Tarifverträge, sagt die IG BAU. So lag
der durchschnittliche Tariflohn nach der letzten bundesweiten Berechnung bei 17,90 Euro
pro Stunde – und damit deutlich über dem Armutsrisiko. Ein gelernter Bauarbeiter verdient
nach Tarif sogar 20,63 Euro in der Stunde. Nießing: „Wer jedoch für die gleiche Arbeit nur
den speziellen Bau-Mindestlohn bekommt, der hat Monat für Monat 980 Euro weniger auf
dem Lohnzettel. Ihm gehen damit wichtige Rentenpunkte verloren.“ Anspruch auf eine
tarifliche Bezahlung haben Beschäftigte, die Gewerkschaftsmitglied sind und deren Betrieb
einem Arbeitgeberverband angehört.

In Zeiten eines massiven Fachkräftemangels im Handwerk sollten Arbeitnehmer auf dem
Tariflohn bestehen, rät die IG BAU. „Von der Gebäudereinigung über das
Dachdeckerhandwerk bis hin zur Landwirtschaft – für Beschäftigte geht es hier um viel
Geld“, so Nießing.

Zudem seien in Tarifverträgen oft auch Betriebsrenten vereinbart – eine zusätzliche
Absicherung gegen Altersarmut. Nießing verweist auf das Modell vom Bau. Dort werden
Beiträge von der Sozialkasse der Bauwirtschaft (Soka-Bau) eingezogen und später als
monatliche Tarifrente ausgezahlt. Je nach Höhe und Dauer der Beiträge kann die
monatliche Extra-Rente mehr als 200 Euro ausmachen.

Pressemitteilung Weiterleitung der IG- Bau Bezirksverband Emscher - Lippe Aa.

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

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