Oberlandesgericht Düsseldorf: „Bordellbetriebe Rethelstraße“: Ehemaliger Bordellbetreiber in Haft

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat mit Beschluss vom 17.12.2012 die Haftbefehle gegen Thomas M., den ehemaligen Betreiber der Bordellbetriebe Rethelstraße 73-77 und des Erotikhotels L., sowie den Wirtschafter Oguz G. wieder in Vollzug gesetzt. Der Beschuldigte M. befindet sich inzwischen wieder in der Untersuchungshaft.

Der Strafsenat sieht aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse dringende Anhaltspunkte dafür, dass Mitarbeiter der Bordellbetriebe zwischen Januar 2011 und Januar 2012 finanzkräftigen Kunden heimlich Kokain, Medikamente und/oder sogenannte „K.-o.-Tropfen“ verabreicht haben, um sie dann unter Ausnutzung ihres bewusstseinsgetrübten Zustandes zu hohen Geld-, Kredit- und EC-Karten-Zahlungen ohne Gegenleistung zu veranlassen.

Auf diese Weise sollen die Kredit- und EC-Karten der Kunden während eines Bordellbesuchs teilweise bis ans Limit belastet worden sein unter Abbuchung mehrerer 10.000 Euro. In Einzelfällen soll man noch benommene Kunden nach dem „Erwachen“ am nächsten Morgen unter Vortäuschung entsprechender „Schulden“ erfolgreich zur Leistung weiterer Zahlungen oder zur Begebung von Schuldscheinen aufgefordert haben mit der Drohung, man werde sie sonst nicht aus dem Bordell lassen.

Der Senat geht aufgrund einer Gesamtwürdigung der bisherigen Beweise (Zeugenaussagen, Telefonüberwachungserkenntnisse sowie Unterlagen) davon aus, dass es sich hierbei - nach den bisherigen Erkenntnissen - um eine über den Einzelfall hinausgehende, im Mitarbeiterkreis der Bordellbetriebe grundsätzlich akzeptierte und praktizierte „Geschäftspraxis“ gehandelt habe.

Der Beschuldigte Thomas M., Gesellschafter der Betreiber-GmbH, ist nach Auffassung des Senats als „Hintermann“ und Anführer der Bande daher dringend der gefährlichen Körperverletzung, der schweren räuberischen Erpressung und des gewerbsmäßigen Bandenbetruges verdächtig. Er habe die „Geschäftspolitik“ in den Bordellen bestimmt und die maßgeblichen Personalentscheidungen getroffen. Er soll selbst aktiv daran mitgewirkt und Mitarbeiter angewiesen haben, Gäste „auszunehmen“.

Der Senat geht davon aus, dass hinsichtlich des Beschuldigten Thomas M. aufgrund fehlender ausreichender sozialer Bindungen und der drohenden Freiheitsstrafe Fluchtgefahr bestehe. Er habe nach den polizeilichen Ermittlungen finanzielle Möglichkeiten, sich dem Verfahren unter Ausnutzung fluchtfördernder Kontakte zu den „Hells Angels“ sowie ins Rotlichtmilieu zu entziehen. Durch die nunmehr vorliegende Entscheidung des Oberlandesgerichts zum dringenden Tatverdacht habe sich seine Verfahrenssituation entscheidend verschlechtert, was einen zusätzlichen Fluchtanreiz biete.

Darüber hinaus bestehe bei dem Beschuldigten M. auch Verdunkelungsgefahr. Das bisherige Ermittlungsergebnis rechtfertige den dringenden Verdacht, dass der Beschuldigte Beweismittel vernichten, verändern oder unter Ausnutzung seiner Kontakte sowie seiner hervorgehobenen Stellung im Düsseldorfer Rotlichtmilieu auf Mitbeschuldigte und Zeugen unlauter einwirken könnte. Der Senat hat daher den Haftbefehl gegen den Beschuldigten wieder in Vollzug gesetzt.

Auch in Bezug auf Oguz G., der zur Tatzeit Wirtschafter im Bordellbetrieb Rethelstraße 75 war, ist der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt worden. Er soll sich an den genannten Geschäftspraktiken in hervorgehobener Position aktiv beteiligt haben und ist deshalb nach Auffassung des 1. Strafsenats der gefährlichen Körperverletzung und schweren räuberischen Erpressung in mehreren Fällen dringend verdächtig. Auch hinsichtlich des türkischen Beschuldigten Oguz G. hat der Senat Flucht- und Verdunkelungsgefahr angenommen.

Zwei weitere Beschuldigte, die als Kassierer/Servicekräfte in jeweils einem der Bordellbetriebe tätig waren und gegen die ebenfalls der dringende Verdacht einer täterschaftlichen Beteiligung besteht, hat der Senat unter Aufrechterhaltung der Haftbefehle gegen Auflagen vom Voll-zug der Untersuchungshaft verschont.
Hinsichtlich einer weiteren Beschuldigten, der Geschäftsführerin, hat der Senat den dringenden Verdacht einer Beteiligung an den im Haftbefehl genannten Taten verneint, weil nicht ersichtlich sei, inwiefern die Beschuldigte an den im Haftbefehl genannten Taten konkret mitgewirkt habe. Für eine Haftung „kraft Organisationsgewalt“ bestehe bei dieser Beschuldigten – anders als bei Thomas M. – derzeit kein dringender Anhaltspunkt, weil das bisherige Ermittlungsergebnis nicht die Annahme rechtfertige, dass die Beschuldigte aufgrund ihrer Position in der Hierarchie des Unternehmens die Geschäftspraxis maßgeblich mitgestalten konnte.
Alle fünf Beschuldigten waren am 03.07.2012 aufgrund mehrerer Haftbefehle des Amtsgerichts Düsseldorf festgenommen worden. Vier der Beschuldigten waren dann im Zeitraum 17. September bis 23. Oktober 2012 aus der Untersuchungshaft entlassen worden, nachdem das Landgericht Düsseldorf die Haftbefehle aufgehoben hatte. Der Senat hatte in diesen Fällen über eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen diese Entscheidung und in einem weiteren Fall über die weitere Beschwerde des Beschuldigten gegen den Haftbefehl zu entscheiden
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Oberlandgericht Düsseldorf

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

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