95. Jahre Arbeiterwohlfahrt in Gelsenkirchen – Horst, zwischen 1925 und 1933.

Anna Podschwadek Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt in Horst von 197 bis 1933 | Foto: Heinz Kolb
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  • Anna Podschwadek Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt in Horst von 197 bis 1933
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Der AWO- Ortsverein Horst – Nord kann auf 95 Jahre zurückblicken. Mühsam organisierten die Frauen das Überleben der Familie. Die Lebensbedingungen in Gelsenkirchen und in dem damals selbständigen Gemeinde Horst – Emscher (1891 bis 1928), sowie in ganz Deutschland verschlechterten sich in den 20er Jahren von Tag zu Tag zunehmend. Er war nur eine Frage der Zeit, wann die Inflation eintreten würde, denn der französische Staatschef Ponciere wollte weitere Stundungen nur zustimmen, wenn Frankreich Zugriff auf deutsche Industrieanlagen erhielt, er dachte hier in erster Linie an die Zechen des Ruhrgebietes, denn unsere Kohle war für die französische Stahlindustrie lebenswichtig.

Im Jahr 1923 besetzten 100.000 belgische und französische Soldaten das Ruhrgebiet.

Am Morgen des 11. Januar 1923 gegen 10:30 Uhr traf eine Radfahrergruppe von 25. Soldaten von der Bottroper Straße her in Horst ein und erklärten Horst als besetzt.

Horst sollte 500 Soldaten und 100 Pferde Quartier gewähren. Die Offiziere erhielten Privatquartiere, die Mannschaften brachte man in Schulen und im Gesellenhaus unter, die Pferde erhielten die Ställe der Horster Rennvereins.
Die Horster Bevölkerung leistete praktisch keinen Widerstand, was sollten sie auch gegen die starken truppenverbänden ausrichten.

Die Not wurde von Tag zu Tag größer und so kam der Gedanke auf, die Ernährung der Bevölkerung durch Volksküchen, wie es bereits im Ersten Weltkrieg gab, sicherzustellen.

Am 01. November 1923 wurde eine solche Volksküche in der Emscher schule in Betrieb genommen. Hier sollten in erster Linie Armenunterstützungsempfänger, Kriegsbehinderte und Sozialrentner aber auch andere Bedürftige eine warme Mahlzeit erhalten.

Trotz der schlechten Zeiten waren die Auslagen der Horster Geschäften prall gefüllt, die Geschäftsleute wollten ihre Ware in diesen Zeiten nicht gegen unbeständiges Geld verkaufen und so geriet der Handel ins Stocken.
Die Waren wurden gehortet und der Schwarzmarkt blühte. Wilhelmine Katzwinkel und Wilhelm Podschwadek beide seit 1919 Mitglied der SPD – Fraktion im Horster Gemeinderat, verurteilten immer wieder das Verhalten einzelner Geschäftsleute.
Da die Besatzungstruppen die Kohlehalden aller vier Nordstern – Schächte leergeräumt hatten, fehlte es an Brennmaterial und ebenso an warmer Kleidung. Um hier Abhilfe zu schaffen, versammelten sich etliche Frauen um die Ehefrau von Emil Rottemann, der ebenfalls seit 1919 der SPD – Fraktion im Horster Gemeinderat angehörte, und führten Haus- und Straßensammlungen durch.

Seit 1919 gab es die Arbeiterwohlfahrt in Deutschland, schon lange wünschten sich die Frauen in der Horster SPD, die Zeit 1919 immer aktiver wurde, eine Ortsgruppe der Arbeiterwohlfahrt in Horst.

Am Sonntag. 25. November 1923 ging dieser Wunsch in Erfüllung.

In einer Filialversammlung der Horster Sozialdemokraten in der Gaststätte Beckmann an der Markenstraße/Devensstraße wurde der lang ersehnte Wunsch der Horster Genossinnen Tatsache. Die Arbeiterwohlfahrt wurde gegründet.

Der Drang nach praktischer Betätigung konnte sich nun auswirken. Es war ein erfreuliches Zeichen das sich die Frauen bereit erklärten, mit 24 Genossinnen die schwere Aufgabe der Pflege der Ärmsten der Armen zu erfüllen.
Erster Vorsitzender wurde der Armenpfleger Reinhard Möckel, Wilhelmine Katzwinkel wurde seine Stellvertreterin. Johann Reichrath, Vorsitzender der Horster Sozialdemokraten. sagte die volle Unterstützung der örtlichen Partei zu.

Die Arbeit der AWO – Ortsgruppe Horst hatte sich bewährt, das verkündete der Vorsitzende Reinhard Möckel auf der Jahreshauptversammlung der Ortsgruppe am 11. Januar 1925 im Lokal Beckmann an der Markenstraße.
Wilhelmine Katzwinkel erhielt ein großes Lob, das sie ihrer kleinen Wohnung an der Franzstrasse zwischen Markenstraße und der Straße zum Bauverein z Verfügung gestellt hatte, wo die Frauen sich zu Näh- und Handarbeitsarbeiten trafen.

Reinhard Möckel gab den Vorsitz ab, dieses Amt übernahm Wilhelmine Katzwinkel, Möckel wurde ihr Stellvertreter.

Ca. 10 Millionen Tonnen Kohle lagen Ende 1925 im Ruhrgebiet auf Halden, dies bedeutete fast einen Monat Förderungsausfall. Zwangsläufig begann man mit Entlassungen.

Am Samstag. 08. August. 1925 war es soweit, alle vier Nordstern Schächte wurden stillgelegt. 3.728 Arbeiter und 116 Angestellte wurden entlassen-

So klopfte Frau Sorge mit Armut und Hunger an viele Horster Haustüren.

Am Sonntagmorgen 01. August 1926 wurde auf Nordstern I/II die Arbeit wiederaufgenommen. die Schächte III/IV lagen weiter Still.

In der Jahreshauptversammlung am 17. Januar 1927 teilte der Vorsitzende der SPD, Johannes Reichrath mit, das es an der Spitze der Horster Arbeiterwohlfahrt einen Wechsel gegeben hat.

Die Genossin Wilhelmine Katzwinkel hatte aus familiären Gründen der Vorsitz der Arbeiterwohlfahrt und ihr Mandat im Horster Gemeinderat niedergelegt.
Neue Vorsitzende der AWO wurde Anna Podschwadek, als Stellvertreterin stand Angelika Wagner ihr zur Seite.

Angelika Wagner war die Mutter von Heinz Wagner Emden der in den 50er Jahren das erste zweistöckige Kaufhaus an der Essener Straße/Ecke Industriestraße gebaut hat.

Am 30. Januar 1929 fand in Recklinghausen eine Unterbezirkskonferenz des AWO – Bezirks Recklinghausen - Gelsenkirchen statt, da die heutige drei Stadtbezirke Gelsenkirchen West/Nord und Ost bis 1945 zum Kreis Recklinghausen gehörte.
Auf der Unterbezirkskonferenz wurde die Genossin Pfeifenbring aus Buer n den Gesamtvorstand der Arbeiterwohlfahrt gewählt.

Am 27. Februar 1929 fand im August- Bebel – Haus in Gelsenkirchen eine Sitzung des Unterbezirks der Arbeiterwohlfahrt statt.
Thema: Die Aufgabe der Arbeiterwohlfahrt – Frauen (AWF) beim Aufbau des Amtlichen Fürsorgewesens. In der anschließenden Diskussion sprach der Horster Emil Rottemann über seine Erfahrung als langjähriger Führsorgedezernent in der Gemeinde Horst.

Die Aufgabe der Arbeiterwohlfahrt wuchs täglich, so gab es Anfang 1929 in Horst 598 erwerbslose Frauen und Männer, und durch den Zusammenbruch der New Yorker Börse am 29. Oktober wurden es täglich mehr.

Die Weltwirtschaftskrise war ausgebrochen, so gab es im Sommer 1930 in Deutschland über zwei Millionen Erwerbslose. Diese Zahl sollte noch bis zum Winter 1931/32 auf sechs Millionen ansteigen.

Zu dieser Zeit erschien im Horster Süden die hektographierte Zeitschrift „Der Rote Sender funkt“, die von der Kommunistischen Partei (KPD) herausgegeben wurde.
Diese Zeitschrift beschäftigte sich nun immer öfter mit der Horster AWO- Vorsitzenden Anna Podschwadek und ihrem Ehemann Wilhelm, der als Polizeibeamter in Horst tätig war.

Es erschienen Artikel wie: „FRAU SCHUPO LS LUMPENSAMMLERIN“. Hierbei ging es um die Tätigkeit von Anna Podschwadek als Armenpflegerin und Altkleidersammlungen, welche die AWO regelmäßig durchführte.

Als am Montag 30. Januar 1933 Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichkanzler ernannte, war es die Errichtung der totalitären Herrschaft der Nationalsozialisten.

Die Nationalsozialisten wollten die Arbeiterschaft in Deutschland in die Nationale Front eingliedern, sie sollten so ausgebaut werden, dass die später als Vorbild für Wohlfahrtseinrichtungen gelten sollte.

Die Absicht der Nationalsozialisten ließ sich aber nicht verwirklichen, weil niemand. Die Verantwortlichen auf allen Ebenen und die bundesweit 135.000 ehrenamtlichen Mitglieder der AWO versagten sich jedem Versuch der Gleichschaltung.

Die AWO leistete Hilfen für die Familien Inhaftierter, Emigrierter und Ermordeter. Bald wurde sie selber Zielscheibe nationalsozialistischer Aggression.
Marie Juchacz musste Deutschland bereits 1933 verlassen um der Verfolgung und Verhaftung zu Entgehen.

Im Mai 1933 erfolgte die Auflösung und das Verbot der AWO.

Die Konten wurden beschlagnahmt, Heime und sonstige Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt wurden von Nazis übernommen.

Viele aktiven Mitglieder kamen ins Gefängnis und Konzentrationslagern, so wie die Horster Kaspar Hüther, Fritz Naujoks, viele kehrten nie wieder zurück.

Die Zeit von 1933 bis 1945 geprägt durch Verfolgung, Inhaftierung, äußere und innere Emigration sowie zum Teil aktiver Widerstandsarbeit.

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

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