Schulsozialarbeit in Gladbeck doch nicht vor dem Aus?

Norbert Dyhringer, Vorsitzender des AWO-Stadtverbandes, fordert die Bundesregierung auf, die Finanzierung der Schulsozialarbeit vor Ort auch künftig finanziell zu fördern.
  • Norbert Dyhringer, Vorsitzender des AWO-Stadtverbandes, fordert die Bundesregierung auf, die Finanzierung der Schulsozialarbeit vor Ort auch künftig finanziell zu fördern.
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Gladbeck/Nordrhein-Westfalen. In Sachen "Schulsozialarbeit" zeichnet sich nun doch ein Hoffnungsschimmer ab: Arbeiterwohlfahrt und Freie Wohlfahrtspflege NRW haben gemeinsam mit der Öffentlichen Wohlfahrtspflege ein Schreiben an Sozialminister Schneider und Finanzminister Walter-Borjans gesendet. In dem wird darum gebeten, die Forderung nach einer dauerhaften Finanzierung der weiteren Schulsozialarbeit durch den Bund in die Verhandlungen der Arbeitsgruppe Finanzen einzubringen.

In der vergangenen Legislaturperiode hatten die Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz einen Antrag in den Bundesrat mit dem Ziel eingebracht, eine dauerhafte Bundesfinanzierung für diese Leistungen zu sichern. Dieser Antrag wurde zwar seitens der Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Öffentlichen und Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen befürwortet, ist jedoch aufgrund des Diskontinuitätsprinzips mit Ende der Legislaturperiode gegenstandlos geworden. Nun sind die beiden Bundesländer direkt an den Verhandlungen von CDU/CSU und SPD über einen Koalitionsvertrag zur Bildung einer neuen Bundesregierung beteiligt.

Schulsozialarbeit wurde erst 2011 aufgebaut

Die Finanzierung von weiterer oder zusätzlicher Schulsozialarbeit und des Mittagessens in Horten durch den Bund basiert bislang auf der politischen Einigung im Vermittlungsverfahren zur Höhe der Regelsätze und der Novellierung des SGB II im März 2011. Zur Unterstützung des Bildungs- und Teilhabepakets - wenn auch gesetzlich an keiner Stelle explizit ausgestaltet - wurde mit dieser Leistung eine Forderung der Oppositionsparteien im Bundestag wie auch eines Teils der A-Länder realisiert. Für den Zeitraum von 2011 bis 2013 stellt der Bund hierfür jährlich 400 Millionen Euro zur Verfügung. "Auch in den nordrhein-westfälischen Städten und Kreisen konnten die Angebote der weiteren Schulsozialarbeit erst im Laufe des Jahres 2011 sukzessive aufgebaut werden. Dies hat zur Folge, dass sich der dreijährige Finanzierungszeitraum in den meisten Fällen bis Jahresmitte 2014 erstreckt. Nicht verausgabte Mittel konnten ins Folgejahr übertragen werden, worüber eine Einigung mit dem Land erzielt worden war," erläutert Norbert Dyhringer, Vorsitzender des AWO-Stadtverbandes Gladbeck.

Sinnhaftigkeit ist unbestritten

Die Sinnhaftigkeit der weiteren Schulsozialarbeit sei jedoch unumstritten, so Dyhringer weiter. Diese Leistungen sollten primär der Schülerschaft zugutekommen, deren Familien in Transferleistungsbezug gemäß SGB II, BKGG oder Wohngeldgesetz (WoGG) stehen und somit anspruchsberechtigt für Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes seien. Schwerpunkt der weiteren Schulsozialarbeit wäre damit die Information über und die Heranführung an eine Inanspruchnahme der Leistungen des BuT insgesamt. Hierfür habe man auch zusätzliche Stellen geschaffen. Die Verteilung der Mittel innerhalb der Kommunen stelle sich nun aber so dar, dass die Kreise mangels eigener Schulträgerschaft im Regelfall Vereinbarungen mit den kreisangehörigen Kommunen über die Weiterleitung und Verwendung der Finanzmittel getroffen hätten. Verteilungsbasis dabei seien die amtlichen Schülerzahlen gewesen.

Dauerhafte Bezuschussung gefordert

"Da die weitere Schulsozialarbeit ihren Beitrag zu einer Verbesserung der Bildungs- und Teilhabechancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher leistet, wurde bereits frühzeitig die Verstetigung dieser Leistungen gefordert. Die kommunalen Grundsicherungsträger haben bereits seit dem Jahr 2011 wiederholt deutlich gemacht, dass sie nicht in der Lage sein werden, diese Aufgabe nach Ablauf des dreijährigen Finanzierungszeitraumes durch den Bund in eigener Finanzverantwortung weiterzuführen. Der Bund hingegen hat auf die generelle Finanzierungszuständigkeit der Länder für die Schulsozialarbeit verwiesen und wiederholt betont, dass diese Leistungskomponente, da sie lediglich Teil des politischen Gesamtkom¬promisses zum SGB II sei, nach drei Jahren eingestellt werde," schreibt Norbert Dyhringer.

Der von den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz in der ausgelaufenen Legislaturperiode des Bundestages eingebrachte Antrag mit dem Ziel, eine dauerhafte Bundesfinanzierung für diese Leistung zu sichern, sei zwar aufgrund des Diskontinuitätsprinzips mit Ende der Legislaturperiode gegenstandslos geworden, können jedoch jederzeit neu eingebracht werden, zeigt sich Norbert Dyhringer vorsichtig optimistisch.

Kommunen und Wohlfahrtsverbände widersprechen dem Bund

Jedenfalls seien die Kommunen und ihre Spitzenverbände der Argumentation des Bundes entgegengetreten, dass infolge der vollständigen Bundesfinanzierung der Leistung der Grundsicherung gemäß SGB XII bei den Kommunen „zusätzliche Mittel" zur Finanzierung der weiteren Schulsozialarbeit frei würden, freut sich Norbert Dyhringer. Mit dieser dritten und letzten Finanzierungsstufe würden jedoch im Regelfall keine neuen finanziellen Spielräume erzeugt, sondern lediglich die kommunalen Defizite verringert. Wie die Beratungen in den Ausschüssen der kommunalen Spitzenverbände in den letzten Monaten gezeigt hätten, zeichne sich landesweit eine unterschiedliche Verfahrensweise ab. Vereinzelt hätten kreisangehörige Gemeinden angekündigt, nach Auslaufen der Bundesfinanzierung die weiteren Schulsozialarbeiter künftig selbst zu finanzieren. Dieses Signal sei schon frühzeitig gegeben worden. Dies auch mit Blick darauf, das aktuell beschäftigte Personal nicht wieder zu verlieren. Mehrere Kreise würden die Schulsozialarbeiter, die sie zum Beispiel an ihren eigenen Berufskollegs einsetzen, ebenfalls dauerhaft finanzieren.

Gesetzgeber in die Pflicht nehmen

Doch Norbert Dyhringer ist sich auch bewusst darüber, dass im größten Teil der Städte und Kreise diese Leistungen jedoch spätestens zur Jahresmitte 2014, also mit Beendigung des Schuljahres 2013/2014, auslaufen. "Diese unterschiedliche Verfahrensweise hat zwangsläufig zur Folge, dass landesweit betrachtet ein sehr weitmaschiges Netz weiterer Schulsozialarbeiter vorhanden sein wird und bei allen besonders finanzschwachen Kommunen die Leistung ganz entfallen wird. Die Landesarbeitsgemeinschaft der Öffentlichen und Freien Wohlfahrtspflege geht gleichwohl davon aus, dass auch nach dem dritten Jahr des Inkrafttretens des Bildungs- und Teilhabepaketes der Bedarf für die weitere Schulsozialarbeit auf Dauer kaum geringer ausfallen wird als in den Jahren 2011 und 2012," nimmt der Gladbecker AWO-Stadtverbandsvorsitzende den Gesetzgeber in die Pflicht.

Autor:

Uwe Rath aus Gladbeck

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