Interkulturelles Frauenabendbrot in der jüdischen Gemeinde

Das interkulturelle Frauenfrühstück, das traditionell alle drei Monate von Hülya Haack-Yol und mir organisiert wird und an einem Samstag stattfindet, wurde aufgrund des Schabbat diesmal auf einen Wochentag gelegt, denn das Treffen fand in der jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen beim Abendbrot statt. Alles, was wir für das Abendbrot in Absprache mit der Vorsitzenden der Gemeinde, Judith Neuwald-Tasbach, eingekauft haben, wurde vom Rabbi noch einmal überprüft, bevor wir in der Küche der Gemeinde vorbereiten konnten. Koscheres Brot und Käse wurde von der Gemeinde selbst bestellt. Denn, noch stärker als bei uns Muslimen, regeln zahlreiche religiöse Vorschriften den Alltag eines gläubigen Juden. Das betrifft nicht nur Gebete und Gottesdienste, sondern zum Beispiel auch alles, was man isst oder trinkt. Hier gelten die so genannten "Kaschrut"-Regeln. Sie teilen das Essen in das Koschere und das Unkoschere.

Nicht das Böcklein in der Milch seiner Mutter kochen

Judith Neuwald-Tasbach führt uns sehr interessant und kurzweilig während des Abendbrotes aus, dass gestützt auf die biblische Vorschrift, dass man nicht das Böcklein in der Milch seiner Mutter kochen darf, ein striktes Verbot gibt, Milch und auch Milchprodukte gleichzeitig mit Fleischgerichten zu essen. Die Vorschrift der absoluten Trennung von Fleischigem und Milchigem erstreckt sich auch auf alle Küchengeräte, wie z.B. Töpfe, Teller, Bestecke usw. Sie müssen getrennt gehalten werden. Es wurden auch Gemeinsamkeiten festgestellt, wie z.B. dass Muslime und Juden keine Produkte vom Schwein essen dürfen.

Im Gebetsraum wurden anschließend anhand der Fenster die jüdischen Feiertage erklärt. Da wurde Pessach vorgestellt, das man im Gedenken an den Auszug aus Ägypten feiert und 8 Tage nichts Gesäuertes essen darf. Es wurde Schawuoth, das Wochenfest erklärt, an dem man gedenkt, dass man die 10 Gebote und die 5 Bücher Moses erhalten hat. Auch der Versöhnungstag, Jom Kipur, wurde im Zusammenhang mit dem jüdischen Neujahrsfest, Rosch Haschana, erläutert. Auch Purim, das Losfest, die Geschichte des Buches Esther, wurde erklärt, ebenso wie Chanukka, das Tempelweihefest, das durch den 8-armigen Leuchter, die Chanukkia gekennzeichnet wird. Und schließlich zeigt das letzte Fenster den Schabbat, man erkennt die Kerzen, die vor Beginn des Ruhetages angezündet werden und den Becher Wein und das geflochtene Brot, die Challa, und über beides spricht man den Segen und dankt dem Ewigen.

Die Synagoge ist Haus des Gebetes, Haus der Versammlung und Haus des Lernens

Die Synagoge hat im Hebräischen drei Namen, die sehr schön erklären, wie jüdisches Leben sein soll führt Frau Neuwald-Tasbach aus: "Haus des Gebetes, Haus der Versammlung und Haus des Lernens". Man soll gemeinsam lernen und beten! Schließlich wurde der Gottesdienst erklärt, auch, wie eine Thorarolle entsteht, und wie sie gelesen wird.

Kurt Neuwald war Mitinhaber des einzigen Bettengeschäftes in Gelsenkirchen

Besondere Erinnerungen weckte der Besuch in der Gemeinde bei der ehemaligen Appeltatenmajestät Doris Lowitzki. Geboren einen Tag vor der Reichskristallnacht konnte ihre Familie in dem Geschäft, wo sie regelmäßig einkaufte, für sie kein Kinderbett mehr bekommen. Denn der Vater von Judith Neuwald-Tasbach, Kurt Neuwald, war Mitinhaber des einzigen Betten-Spezialgeschäftes in Gelsenkirchen. Nach der Machtübernahme durch die Nazis bekamen auch die Neuwalds die Diskriminierung und den Terror gegen die jüdische Bevölkerung Gelsenkirchens zu spüren. Während der Reichspogromnacht 1938 wurde das Geschäft massiv verwüstet. Es musste daraufhin von der Familie aufgegeben werden.
Danke für diesen sehr interessanten Abend an Judith Neuwald-Tasbach!

Unser nächstes Treffen ist in der Merkez Moschee in Duisburg

Vom 18. Juni bis einschließlich 16. Juli ist die Fastenzeit von uns Muslimen. Vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wird gefastet. Im letzten Jahr hatten wir zum Iftar in die DITIB Moschee in Gladbeck eingeladen. Dieses Jahr möchten wir die Frauen zur großen DITIB Merkez Moschee nach Duisburg einladen. Es ist gleichzeitig die Gemeinde, wo ich aufgewachsen und in meiner Jugend zum Unterricht gegangen bin. Sie ist deutschlandweit die einzige muslimische Gemeinde, die für ihre Begegnungsstätte europäische Mittel erhalten hat und wo sehr viel Dialogarbeit passiert. Im Beirat der Begegnungsstätte sitzen Muslime, Christen und Juden zusammen. Im Jahre 2005 war der erste Spatenstich für den Moscheebau mit Begegnungszentrum.
Das Ambiente für das Iftar-Essen gestaltet sich in dieser Moschee etwas anders als sonst. Es werden Gruppentische von 8 - 10 Personen gedeckt, die man als Familie oder Freundeskreis vorher reservieren kann. Der Abend wird mit religiöser live-Musik untermalt und das Essen
ist ein Drei-Gänge-Menü mit Suppe, Essen vom Buffet und Nachtisch. Draußen auf dem Gemeindeplatz findet jeden Abend ein Ramazan-Basar mit Verkaufsständen statt.
Am 3. Juli wird es ab 21.00 Uhr eine Führung durch die Moschee geben und anschließend nehmen wir am gemeinsamen Essen (Iftar) teil. Um Anmeldung für interessierte Frauen wird gebeten unter der Telefon-Nr: 0157-72412812.

Autor:

Interkulturelle Frauengruppe Gladbeck aus Gladbeck

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