Der Gocher Glasmaler Mike Theissen geht in Rente
"Den Beruf habe ich geliebt!"

Der Harlekin, hier ein Modell, steht im Original am Kreisverkehr am Bahnhof und begrüßt die Besucher und Kunden der Stadt Goch. Fotos: Steve
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  • Der Harlekin, hier ein Modell, steht im Original am Kreisverkehr am Bahnhof und begrüßt die Besucher und Kunden der Stadt Goch. Fotos: Steve
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Mike Theissen ist in Goch bekannt wie der sprichwörtliche "bunte Hund" und auch wer ihn noch nicht persönlich kennenlernen durfte, wird ein Teil von ihm spätestens wenn er nach Goch zu Besuch kommt, zu Gesicht bekommen. Am Kreisverkehr, unmittelbar neben dem Bahnhof, hat sich der Gocher ein Denkmal gesetzt, den Harlekin. Diese Erinnerung bleibt, selbst dann, wenn der Glasmaler von Goch am Ende des Jahres sein Geschäft aufgibt.

VON FRANZ GEIB

Goch. Es gibt sicherlich einige Berufe, die Männer in jungen Jahren anstreben, darunter Kfz-Mechaniker, Ingenieur, Tischler oder Maurer, aber Glasmaler? "Ja, das wollte ich werden!", erinnert sich Mike Theissen daran, wie er vor bald 50 Jahren diesen Entschluss fasste. Nach der Lehre in der Werkstatt für Glasmalerei und Mosaik Derix in Kevelaer baute der junge Handwerker 1975 in Hadamar seinen Meister und machte sich unmittelbar danach am 1. Januar 1976 selbstständig, damals zu Hause auf der Voßheide. In einer kleinen Dachkammer war das Atelier, im Partykeller der Schwiegereltern die Werkstatt, denkt Theissen an die Anfangsjahre zurück: "Allerdings war es schwierig, die Arbeiten richtig zu präsentieren." Denn Glaskunst braucht Raum und muss zum Leuchten gebracht werden: "Die Glasmalerei lebt vom Licht, ohne Licht wirkt eine Arbeit nicht sehr attraktiv." In unmittelbarer Nähe auf der Kalkarer Straße 7 konnte der Gocher etwas Passendes anmieten, bis er vor zehn Jahren das Haus an der Steinstraße 14 kaufen, zur Werkstatt mit Studio ausbauen und bis zum heutigen Tage darin seiner beruflichen Leidenschaft nachgehen konnte. Doch damit ist bald Schluss, genauer gesagt am 31. Dezember. "Ich werde Mitte 2021 70 Jahre alt und habe bis dahin 54 Jahre voll in meinem Beruf, davon 45 Jahre selbstständig, gearbeitet", fasst er seine Entscheidung in Worte.
"Den Beruf habe ich geliebt!", erklärt er beim Rundgang durch die Werkstatt und sein Atelier, welches Glaskunst in schönster Ausprägung beherbergt. In der oberen Etage hängt neben vielen Arbeiten unter anderem auch sein Meisterstück: Es zeigt das "Wappen des Johann Tscherte" nach einer Vorlage von Albrecht Dürer und trägt die Überschrift "Soli Del Gloria", was übersetzt "Gott allein die Ehre" bedeutet. "An einem solchen Stück kann man erkennen, ob man es als Glasmaler drauf hat oder nicht", zeigt Theissen anhand der aufwendig mit einem Federkiel herausgearbeiteten Konturen, Tiefen und Lichter im Werk. Und der Gocher Künstler hatte es wirklich drauf. "Ich hatte immer eine Eins in Kunst", sagt er nicht ohne Stolz. Und das zu Recht, wie man sieht, wenn man sich langsam durch das Haus bewegt. Farbenspielerein auf Glas, teils abstrakt, teils foto-realistisch, figürliche Glasobjekte, edle Trinkgläser und vieles andere mehr zeigen die handwerkliche Fertigkeiten, die Theissen aus dem Werkstoff schuf. So unter anderem auch ein Geschenk für Papst Johannes Paul II. das ein Abbild des heilig gesprochenen Arnold Janssen zeigt.
So manche Glasscheibe wird zur Kunst, die sich je nach Bedarf in Häusern oder Kirchen widerspiegeln darf. Viele Jahre verbrachte Theissen in verschiedenen Kirchen wie dem Aachener St. Kornelimünster, wohin der Künstler gerne zur Vorweihnachtszeit gerufen wurde, damit er dafür sorgte, dass die beschädigten Bleiglasfenster zum Fest der Liebe wieder mit lückenlosem Glanz leuchteten.
Zu seinen Auftraggebern zählten aber nicht nur Vertreter der spirituellen Bewegung, sondern auch Privatleute, wie der Inhaber des bekannten Spirituosenherstellers Underberg. "Einer meiner besten Kunden. Hier galt noch das gesprochene Wort", blickt Theissen gerne zurück.
Die Gocher selbst erfreuten sich hingegen am meisten an einem Bild im Schaufenster an der Steinstraße, das Mike Theissen eigentlich so nebenbei aus Spaß schuf: Es zeigt den Gocher Marktplatz mit Giebelhäusern, Rathaus, Kirche, Kandelaber, Autos und Bäumen in einer 3-D-Ansicht. Inspiriert hatte ihn hierbei das Bild eines Künstlers, der die Stadt New York in ähnlicher Form darstellte. "Schon in den ersten Tagen hätte ich das Bild 25-mal verkaufen können." Allerdings ist es unverkäuflich. Alternativ ließ der Gocher Poster von dem Bild drucken, die er zum Verkauf anbot und noch anbietet.
Im neuen Jahr wird Mike Theissen nur noch an Werken arbeiten, wozu er Lust hat. Das Haus an der Steinstraße ist verkauft, Architekt Klaus Völling wird hier ein Gutachter-Büro einrichten.
Zu Gesicht bekommen die Gocher den Glasmaler aber weiterhin und das nicht nur am Kreisverkehr. Als Karnevalist (er war bereits Prinz und jahrelang RZK-Sitzungspräsident) und Fußballfreund (Theissen war jahrelang Vorsitzender bei Viktoria Goch) bleibt er weiterhin seiner Heimatstadt verbunden.

Autor:

Franz Geib aus Goch

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