Diskussion über Sterbehilfe

Diskussion über Sterbehilfe
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Im Beisein von Bürgermeister Rainer Weber, Landrat Wolfgang Spreen sowie der Landtagsabgeordnete Margret Vosseler und über 100 Bürgern sprach Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe auf einer Abendveranstaltung im Bürgerhaus Uedem. Hermann Gröhe ist in Uedem geboren, als die Eltern an dem damaligen Zubringergymnasium unterrichteten.

Auf der Veranstaltung erläuterte Professor Dr. Jürgen Plöhn, Bezirksvorsitzender des EAK und Moderator des Abends, die doppeldeutige Überschrift Sterbehilfe: Man kann sie als „Hilfe zum Sterben“ wie auch als „Hilfen beim Sterben“ verstehen. Die Uedemer Podiumsgäs­te ließen jedoch keinen Zweifel: Für sie kam nur die helfende Sterbebegleitung, nicht die Unterstützung einer Selbsttötung als Inhalt der Sterbehilfe in Betracht. Dementsprechend stellte Gesundheitsminister Gröhe das in seinem Ministerium erarbeitete Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung zu sichern, müsse das Ziel menschenwürdiger Pflege im letzten Lebensabschnitt sein, nicht die Suche nach einem schnellen Tod.
Die Praktiker der Sterbebegleitung pflichteten ihm bei: Norbert Schürmann vom St. Josef-Krankenhaus in Moers sah das Ziel der Palliativmedizin darin, den Menschen möglichst lange ein Leben in ihrer vertrauten Umgebung zu ermöglichen. Nach seinen Beobachtungen steht auch für todkranke Menschen das Leben mit seinen vielen Facetten, nicht der Tod im Zentrum ihres Denkens. Sterben rufe Ängste hervor. Aber die könnten den Betroffenen weitestgehend genommen werden, wenn alle Mittel der medizinischen und seelsorgerlichen Begleitung auch flächendeckend eingesetzt werden. In Schürmanns langjähriger Berufspraxis sei nur ein Patient mit dem Wunsch nach aktiver Sterbehilfe an ihn herangetreten. Bei diesem habe es sich um einen medikamentös nicht eingestellten Depressiven gehandelt. Hilfreich sei hingegen die rechtzeitige Vorsorge mittels einer Patientenverfügung, für die Schürmann nachdrücklich warb.

Diskussion der Ahnungslosen

Die evangelische Prädikantin Eva Chiwaeze von der Hospiz-Initiative Wesel sah ebenfalls das Sterben mit der Angst vor einem Kontrollverlust verbunden. Die Öffentliche Diskussion werde allerdings weitgehend von „Ahnungslosen“ geführt, wie sie unter Hinweis auf einen Zeitungsartikel meinte. Von den tiefen spirituellen Erfahrungen im Umgang mit dem Tod komme in der Diskussion nichts vor. Nötig sei nicht nur die Betreuung der Sterbenden, sondern ebenso ihrer Angehörigen, die in ihrer Familie über die Pflegebedürftigkeit eines ihnen nahestehenden Menschen vielfach Spannungen erlebten und aushalten müssten.

Dies bestätigte auch Maria Küsters, die Gründerin der Malteser Hospizgruppe Goch/Uedem/Xanten/Sonsbeck: Der Tod als das stärkste Phänomen in der menschlichen Existenz ermöglicht in der Begleitung persönlichste Momente und letzte eigene Erfahrungen. Allerdings belaste dies die Angehörigen. Hingegen bestünden in Altersheimen besondere Probleme in der Vereinsamung ihrer Bewohner, da die Betreuung durch Pflegekräfte zu gering sei. Hier müssten ehrenamtlich tätige Begleiter, die zuhören und Einfühlungsvermögen zeigen, vielfach mangelndes Personal ersetzen. Trotz dieser bislang bestehenden Mängel in der Pflege bezweifelte Küsters jedoch die kursierenden Zahlen einer weitgehenden Bejahung aktiver Sterbehilfe in der Bevölkerung.
Dazu erläuterte der Moderator: Die Daten aus einer Repräsentativumfrage weisen deutliche Unterschiede in den Altersgruppen auf. Hochbetagte Menschen haben zur aktiven Sterbehilfe mehrheitlich eine wesentlich andere Einstellung als diejenigen, die im Erwerbsleben stehen. Vor allem die unmittelbar betroffenen Schwerstkranken erreiche man mit derartigen Umfragen überhaupt nicht. Nach Plöhns Ansicht werde das aber in der Öffentlichkeit nicht hinreichend beachtet.
Die Diskussion um die Neuregelungen zur Strafbarkeit organisierter, womöglich geschäftsmäßig betriebener Sterbehilfe rückte damit an den Rand. Sie wurde aber aus der Zuhörerschaft nochmals angesprochen und mit Hinweisen auf die Nähe zur belgischen und niederländischen Grenze angereichert. Während jedoch die Zahlen für assistierte Selbsttötungen nach Änderung der Rechtslage in den Nachbarländern stark angestiegen seien, wird aus Deutschland im Vergleich zu den jährlichen Todesfällen nur eine verschwindend geringe Anzahl von Fällen gemeldet, in denen Menschen in die Schweiz gereist sind, um sich dort bei ihrer Selbsttötung helfen zu lassen.

Ein Paar Schuhe mit Pralinen gefüllt

Am Ende der vom Publikum aufmerksam verfolgten Diskussion herrschte Einigkeit darüber, dass in Deutschland Tötung auf Verlangen keine ärztliche Dienstleistung werden dürfe. Zum Schluss bedankte sich die Uedemer CDU mit Klara Achten und Michael Lehmann bei den Podiumsteilnehmern mit kleinen Präsenten. Dem Gesundheitsminister wurde ein Paar Schuhe mit Pralinen gefüllt vom Konditormeister Scholten als Uedemer Präsent übergeben. Für seinen Vater, dem ehemaligen Lehrer in Uedem, hat man aus der damaligen Zeit Erinnerungen mitgegeben.

Fotos: Steve

Autor:

Christian Schmithuysen aus Goch

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