Aufstieg und Fall: Neues Buch über Hagens Langen Oskar

Trubel mit Straßenbahn: Anfang der 1950er Jahre prägte der nüchterne Bau Hagens Stadtmitte.
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  • Trubel mit Straßenbahn: Anfang der 1950er Jahre prägte der nüchterne Bau Hagens Stadtmitte.
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Man kann nun wirklich Dümmeres mit seiner Freizeit anfangen: Zwei langgediente Sparkassenangestellte langweilte der Ruhestand so arg, dass sie beschlossen, ein Buch zu schreiben. Eins über die alte Firma und die Bauten, die sie beherbergte. „Geliebt. Gehasst. Gespengt – Aufstieg und Fall des ,Langen Oskar‘“ heißt es und kommt am 29. August auf den Markt.

Gute zwei Jahre Arbeit stecken drin. Darüber sind Dietmar Brendel und Detlef Vollmar ein wenig grauer, dafür aber ein ganzes Stück klüger geworden. Keine schlechte Bilanz für Mitte Sechzig.
Im Alltag des Autors, das wurde besonders Brendel schnell kar, stellt sich recht bald die Frage nach der Fitness. „Es sollte ja ein Bildband werden“, erzählt er. „Also haben wir nach historischen Fotos gesucht.“ Die kistenweise geborgenen Schätze zählten bald nach Tausenden. Da das Sammelgebiet mit der Sprengung des Hochhauses vor zehn Jahren endete, war von Digitalfotografie noch nicht die Rede. So verbrachte der Schlagzeuger der Oldie-Band „Die Grafen“ meist ziemlich freudenarme Tage am Scanner. „Danach weiß man, was man getan hat“, könnte er sagen. Aber er schluckt‘s runter. Anders als Vollmar ist er kein Ersttäter. In bisher zwei Veröffentlichungen dokumentierte er die Hagener Beat- und Rock-Szene der Sechziger.
Kollege Vollmar ging derweil Klinken putzen. Was andernorts mit Crowdfunding gewuppt wird, schaffte er auf die klassische Art und Weise. „Etwa 20 Unternehmen haben mir Anzeigen abgekauft, damit war ein Großteil der Finanzierung gesichert“, seufzt er erleichtert. „Mich freut besonders, dass alle heutigen Mieter des Sparkassen-Karrees mitmachen.“

Das Sprengkommando von 2004 trug sein Scherflein bei

Sogar das Thüringer Sprengkommando, das den Bau 2004 zerbröseln ließ, trug sein Scherflein zum Gelingen bei. Den auf Architektur, Denkmalschutz und Kunst spezialisierte Adenku-Verlag musste das Duo nicht lange bitten. Die Materialfülle sprach für sich. Auch das Konzept überzeugte die Chefin Petra Holtmann: Erzählt wird nämlich nicht nur die nicht ganz 30-jährige Oskar-Ära. „Wenn wir uns darauf beschränkt hätten, wären wir nach ein paar Seiten fertig gewesen“, konstatiert Vollmar. Bei ihren Recherchen und Gesprächen mit alten Kollegen, der Feuerwehr und dem Enkel des Stadthaus-Architekten Fritz Norkauer, den sie in München aufspürten, kriegten sie überall lose Enden zu fassen.
„Immer ist nur die Rede vom Oskar“, stellt Brendel fest. „Uns fiel auf, dass das Stadthaus 1 aus der Erinnerung zu verschwinden drohte.“
Dabei ist dieses Gebäude mindestens gleichbedeutend mit dem fast 100 Meter hohen Büroturm. Dass es vor zehn Jahren mit in die Luft flog, wissen heute immer weniger Hagener. Nicht unerwähnt bleiben auch die Nachkriegstage, in denen der Betrieb in der ausgebombten Sparkasse aus Kaisers Zeiten unter lecken Holzplanken weiterging. Und da die Geschichte noch viel früher beginnt, widmet sich das Duo sogar den Anfängen des Sparkassenwesens an der Volme. 1841 war das.
Das Buch behandelt Architekturgeschichte. Aber von den vielen persönlichen Erinnerungen und ungezählten Anekdoten, die sie am Wegesrand aufsammelten, wollten die Hagener nicht lassen. Allein wegen der Episode vom steckengebliebenen Fahrstuhl inklusive spektakulärer Evakuierung der Eingeschlossenen über das Dach ist Brendel und Vollmar ein lebenspraller Band gelungen. Stockwerk für Stockwerk kann man den längst überholten Arbeitsabläufen in dem grünen Geldspargel nachspüren, erfährt, dass eine ganze Handwerkerbrigade hier stationiert war und kann in der rollenden Geschäftsstelle bis nach Mecklenburg zuckeln. Es lässt sich sogar als Kompendium der Männermode lesen: Hier der Vatermörder, dort das quietschbunte Polyesterhemd.
Der Oskar, so scheint es, hat noch Puls.

Das Buch:

„Geliebt. Gehasst. Gesprengt.“ versammelt gut 400 Fotos und einige Stiche auf 160 Seiten.
Zur offiziellen Buchpräsentation am Freitag, 29. August, in der Thalia-Buchhandlung an der Elberfelder Straße stehen die Autoren ab 15 Uhr Rede und Antwort.
Auch am Samstag darauf signieren Vollmar und Brendel ihr Werk (ab 11 Uhr).
Der Band im Format 20x20 Zentimeter ist im Adenku-Verlag erschienen und kostet 20 Euro.

Autor:

Henrik Stan aus Hagen

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