Bau der Hagener Bahnhofshinterfahrung im Plan

Die beim Abbruch entstandenen Betonberge werden geschreddert und in den Untergrund der neuen Straße eingebaut. | Foto: Karsten-Thilo Raab
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Ein Blick vom eingerichteten Aussichtspunkt an der Kleingartenanlage „Sonnenberg“ auf die Baustelle der Bahnhofshinterfahrung in Wehringhausen macht deutlich: Auf dem riesigen Areal wird zwischen Weide- und Dieckstraße gleichzeitig an mehreren Stellen intensiv gearbeitet. Zahlreiche Bagger und Lastwagen sind ebenso im Einsatz wie Frontlader, eine Beton-Schredderanlage und neuerdings auch ein riesiger Bohrer, der am Ufer der Ennepe Tag für Tag vier Bohrpfähle mit einem Durchmesser von je einem Meter in die Tiefe treibt. Damit haben jetzt die ersten Arbeiten für den Brückenneubau über den Fluss begonnen. Was für den Laien aus der Ferne zurzeit noch wie ein planloses Gewusel aussieht, bedeutet für die Planer und Fachleute vor Ort das möglichst optimale Ineinandergreifen der verschiedensten Bauabschnitte, Gewerke und Renaturierungsmaßnahmen.
„Wir liegen mit der Baustelle zeitlich wie kostenmäßig voll im Plan“, freut sich der koordinierende Bauleiter Guido Rose über das bislang gute Zusammenspiel zwischen der Stadt und der ausführenden Baufirma, der Strabag AG aus Hennef. Und das, obwohl die notwendige Untersuchung des Baugrundes auf Kampfmittel in den vergangenen Wochen zu einem überaus aufwendigen Unterfangen wurde. Denn bevor die Gründungen für die neue Brücke und die Stützwand zwischen dem Fluss und der neuen Straße erstellt werden können, wurde der Untergrund mit Erkundungsbohrungen im Abstand von zirka 1,30 Meter auf Bomben aus dem 2. Weltkrieg elektromagnetisch „abgetastet“. „Die Bohrungen in einem Unfang von rund 900 Metern“, so erläutert Axel Heimann, Bauleiter für die Brücken- und Ingenieurbauwerke, „ergaben aber leider keine eindeutigen Ergebnisse. Um ganz sicher zu gehen, dass wir bei den Gründungen nicht auf Blindgänger stoßen, waren weitere Untersuchungen notwenig.“ So führten die Experten vom Kampfmittelräumdienst noch einmal im Abstand von 27 Zentimetern so genannte Kotakt- und Ausschlussbohrungen durch. Mit dieser Methode wurde insgesamt 5 Kilometer tief ins Erdreich gebohrt. „Gefunden wurde zwar nichts, aber Sicherheit geht nun einmal vor. Der Baugrund ist jetzt offiziell freigegeben“, so Heimann.
Damit ist auch der Startschuss für den Bau der neuen, 22 Meter langen Brücke, gefallen, über den in Zukunft der Kuhlerkamp an die neue Trasse angebunden wird. Die Brücke soll im Frühjahr des kommenden Jahres fertig gestellt sein. Anschließend beginnen die Straßenbauarbeiten auf dem linken Flussufer. Die Brücke an der Weidestraße wird später abgebrochen. Einher mit der Gründung des Brückenbauwerks über die Ennepe gehen auch die wasserbaulichen Maßnahmen im Uferbereich des Flusses zwischen der neuen und der alten Brücke. Die noch vorhandenen Ufermauern werden abgerissen und eine natürliche Flussböschung angelegt. Die Renaturierungsmaßnahmen führen dazu, dass der Abflussquerschnitt der bislang eingeengten Ennepe in diesem Bereich erheblich vergrößert wird. Zudem bilden das Wasser und das gestaltete Umfeld wieder eine natürliche Einheit und sind nicht durch einen Trog voneinander getrennt.
Nicht nur der Flusslauf wird im Rahmen des Straßenbaus saniert, auch die an dieser Stelle durch die Batterieproduktion mit Schwermetallen belasteten Böden werden aus dem Grundwasserbereich ausgekoffert und zunächst zwischengelagert, bevor sie entlang der Weidestraße versiegelt in einen überirdischen Wall eingebaut werden. „Wir haben zurzeit eine schwarz-weiß Baustelle. Es sind Mitarbeiter zu sehen, die weiße Schutzanzüge tragen und aufgeschüttete Erdwälle werden mit schwarzen Planen abgedeckt. Das mag auffallen, ist aber keinesfalls in irgendeiner Form gefährlich, sondern entspricht den Vorschriften beim Umgang mit belasteten Böden und ist daher völlig normal“, erläutert Christa Stiller-Ludwig vom Umweltamt der Stadt, das die gesamte Bodensanierungsmaßnahme nicht nur mit geplant hat, sondern aktuell Tag für Tag begleitet. „Lange bevor die Bagger bei so einer Maßnahme an die Arbeit gehen, wird ein Sanierungsplan erstellt, der später unter öffentlich-rechtlicher Kontrolle abgearbeitet wird. Daher ist auch ein beauftragter Gutachter auf der Baustelle, der genau kontrolliert, was dort geschieht. Natürlich sind auch wir vom Umweltamt immer wieder vor Ort und nehmen an den Baubesprechungen teil“, so die Expertin. Ziel der Maßnahme ist es, den belasteten Boden auf der Baustelle wieder so einzubauen, dass von ihm keine Gefahr mehr für das Grundwasser und somit für Menschen, Tiere und Pflanzen ausgehen kann. In diesem Fall wird besagter Boden entlang der Weidestraße zu einem Landschaftsbauwerk modelliert, mit Planen eingeschweißt und mit einer Ausgleichsschüttung abgedeckt. Anschließend wird der Wall mit Vegetationsboden überdeckt und bepflanzt. „Auch dieses Verfahren läuft unter ganz klaren Vorgaben und Richtlinien ab, die immer wieder geprüft werden. Man ist mittlerweile davon abgegangen, irgendwo riesige Deponien mit verschiedentlich belasteten Materialien aufzuschichten, die dann untereinander reagieren könnten. Ziel des Gesetzgebers ist es vielmehr, wie hier in Hagen, belastete Böden aus dem Grundwasserbereich zu entfernen und an Ort und Stellt wieder kontrolliert einzubauen“, erläutert Christa Stiller-Ludwig die Vorgehensweise. Für die Anwohner gehe bei diesen Arbeiten keinerlei Gefährdung aus.
Nicht nur das Landschaftsbauwerk soll die später viel befahrene Straße von der Wohnbebauung abschotten, auch ein Lärmschutzwall wird entlang der Straße entstehen. Dafür wird in den kommenden Wochen entlang der Ennepe mit dem Bau einer Schwergewichtswand begonnen. Das Betonbauwerk soll später mit Natursteinen verkleidet werden, Kanäle und Versorgungsleitungen müssen vor dem eigentlichen Straßenbau noch in die Erde gebracht werden.
Bis der erste, rund 600 Meter lange Teilbauabschnitt der Bahnhofshinterfahrung endgültig fertig gestellt ist, wird es Sommer 2015 werden. Die Gesamtkosten für den ersten Bauabschnitt, den der Hagener Wirtschaftsbetrieb im Auftrag der Stadt baut, liegen bei 15 Millionen Euro.

Autor:

Lokalkompass Hagen aus Hagen

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