Prüfung des Baugenehmigungsverfahrens zum Neubau einer Wohnanlage für Betreutes Wohnen in Haltern-Sythen
Bauordnung der Stadt hat in drei Punkten rechtswidrig gehandelt

In Haltern-Sythen ist eine Wohnanlage für Betreutes Wohnen im Bereich Elterbreischlag errichtet worden. Im Vergleich zur ursprünglich vorgesehenen Bauausführung hat sich die Gestaltung des Baus im Laufe des Genehmigungsverfahrens geändert. Die Stadt Haltern am See hat die Anpassungen im Bauantrag genehmigt, was nun zu Unmut der Anwohner führt. Foto: LK Archiv
  • In Haltern-Sythen ist eine Wohnanlage für Betreutes Wohnen im Bereich Elterbreischlag errichtet worden. Im Vergleich zur ursprünglich vorgesehenen Bauausführung hat sich die Gestaltung des Baus im Laufe des Genehmigungsverfahrens geändert. Die Stadt Haltern am See hat die Anpassungen im Bauantrag genehmigt, was nun zu Unmut der Anwohner führt. Foto: LK Archiv
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Haltern. Der Kreis Recklinghausen hat die Rechtmäßigkeit des Baugenehmigungsverfahrens zum Neubau einer Wohnanlage für Betreutes Wohnen in Haltern-Sythen auf Bitte der Stadtverwaltung Haltern am See geprüft. Die Prüfung war sehr umfangreich und insbesondere die Rechtsfolgen nicht eindeutig bewertbar, so dass sich die Fachleute der Kreisverwaltung dazu entschieden haben, einen externen Gutachter zu involvieren.

Gemeinsam mit diesem Gutachter kam die Obere Bauaufsichtsbehörde der Kreisverwaltung zu dem Schluss, dass die Bauordnung der Stadt in drei Punkten rechtswidrig gehandelt hat. Rechtswidrig bedeutet in diesem Zusammenhang aber nicht, dass der Bau grundsätzlich so hätte nicht genehmigt werden dürfen, sondern vielmehr, dass es Fehler im Verfahren gegeben hat. Dazu zählt beispielsweise, dass es für die Treppenhäuser in massivem Mauerwerk eine neue Befreiungsentscheidung gebraucht hätte. Die Stadt hatte dies wegen einer früheren Befreiungsentscheidung aus der ursprünglichen Baugenehmigung für nicht notwendig gehalten. Durch eine Neubewertung der Befreiung im Verfahren hätte dieser Fehler vermieden werden können.
Geprüft wurde durch den Kreis und den externen Gutachter außerdem, ob eine Rücknahme der Baugenehmigung möglich ist. Das Rechtsgutachten hat explizit die Möglichkeiten des behördlichen Einschreitens geprüft und kam zu dem Schluss, dass die Rücknahme der Verwaltungsentscheidung der Stadt nicht ermessensgerecht wäre. Bei der Ermessensentscheidung sind die Belange des Begünstigten, also des Bauantragstellers, und die gegensätzlichen öffentlichen sowie nachbarlichen Interessen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Hierbei ist besonders der Vertrauensschutz des Begünstigten in die Ermessensentscheidung einzubeziehen – der Bauherr war von einer rechtmäßigen Genehmigung ausgegangen und hat auf dieser Basis sein Bauprojekt umgesetzt. Anders ist es zum Beispiel, wenn jemand ohne Baugenehmigung ein Bauwerk auf seinem Grundstück errichtet. In diesem Fall kann der Rückbau verlangt werden. Der Gutachter kam zu dem Schluss, dass die Kosten für einen Rückbau, um einen baurechtmäßigen Zustand zu erreichen, in keinem angemessenen Verhältnis stehen. Dieser Einschätzung folgt die Kreisverwaltung. Wäre der Rückbau als angemessen bewertet worden, müsste die Stadt Haltern am See diesen verfügen und würde damit Regressansprüche des Grundstückseigentümers auslösen.
Die Obere Bauaufsichtsbehörde des Kreises Recklinghausen ist der städtischen Bauaufsicht weisungsbefugt, das bedeutet, sie kann die Stadt anweisen, Dinge zu tun oder auch zu unterlassen. Ein Bußgeld oder ähnliches gegen eine andere Kommunalverwaltung zu verhängen, ist rechtlich nicht möglich. Die Fehlentscheidungen der Stadt Haltern am See haben zur Konsequenz, dass sie dem Kreis nachweisen muss, welche organisatorische Maßnahmen sie ergreift, um zukünftig derartige Fehlentscheidungen zu verhindern.
Grundsätzlich haben Anwohner eines Bauprojektes die Möglichkeit, mit einer Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung juristisch vorzugehen. Hierzu sind nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Fristen einzuhalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, also der Baugenehmigung, und endet nach einem Jahr. Eine Möglichkeit zur Klage bestünde, wenn durch den Bau Nachbarrechte nach dem Bau- und Planungsrecht (u.a. BauO NW, BauNVO) verletzt würden. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Hintergrund:
In Haltern-Sythen ist eine Wohnanlage für Betreutes Wohnen im Bereich Elterbreischlag errichtet worden. Im Vergleich zur ursprünglich vorgesehenen Bauausführung hat sich die Gestaltung des Baus im Laufe des Genehmigungsverfahrens geändert. Die Stadt Haltern am See hat die Anpassungen im Bauantrag genehmigt, was nun zu Unmut der Anwohner führt. Besonders im Fokus stehen Treppenhäuser, die von Glas umgeben sein sollten, nun aber von massivem Mauerweg umschlossen sind. Mit der Bitte um Überprüfung der Genehmigungen hatte sich die Stadt Haltern am See an die Obere Bauaufsichtsbehörde des Kreises Recklinghausen gewandt.

Lesen Sie auch zu dem Thema: Empörungswelle in Sythen – doch „Halterner Landrecht“ hat Tradition seit Jahrzehnten

Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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