Erste Hilfe für Biker: Was passiert, wenn's passiert ist

Ein Unfall - was nun? Einige Mitglieder des Wulfener Motorradclubs Star-Riders stellten sich der Aufgabe und ließen sich von ihrem Ausbilder Sören Urban (liegend) informieren. Fotos: Borgwardt
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Freiheit auf zwei Rädern - diesen Traum leben Tausende Motorradfahrer jedes Jahr während der warmen Tage. Sobald aber die Blätter fallen, kann sich der Traum aber schnell zum Alptraum wenden: Nässe und rutschiges Laub können auch geübte Biker fällen. Damit nach einem Sturz schnelle Hilfe zur Stelle ist, ließen sich in Wulfen nun die zu Ersthelfern ausbilden, die es betrifft - die Biker selbst. In Zusammenarbeit mit einem Dorstener Ausbilder machten sich die Wulfener Star-Riders mit den nötigen Kniffen vertraut.

Der Unfall ist passiert, das Krad liegt zerschmettert am Boden. Der Biker darunter reagiert nicht auf die Ansprache durch die Ersthelfer - eine gefährliche Situation. Zum Glück nur eine Übung, denn der Mann, der hier im Staub liegt, ist ein erfahrener Sanitäter und Ausbilder. „Wir wurden von den Star-Riders angesprochen, ob wir eine Übungsreihe speziell für die Motorradfahrer ausrichten können“, erklärt Sören Urban. Der 28-jährige Wulfener ist einer von 23 Ausbildern für die Erste Hilfe, mit der sich die Dorstener Firma Sickelmann an Firmen und Privatleute gleichermaßen richtet. „Bedarfsausbildung ist für uns nichts Neues“, erklärt Urban, „wir haben Kurse für Familien mit kleinen Kindern, für Schwimmvereine oder Jäger, wo wir jeweils auf typische Notlagen eingehen.“ Nun kommt noch die Bikerhilfe dazu, bei der die Übungen die altbekannten Erfahrungen aus dem Kurs während der Fahrschulzeit nicht nur auffrischen, sondern ergänzen.

Helm ab, aber richtig

Um die Übung so lebensecht wie möglich zu gestalten, schreckte der Leiter weder vor Materialeinsatz noch vor etwas Dreck an der Kleidung zurück: Ein ausgedienter Roller simulierte das Unfallkrad, und Sören Urban selbst spielte die Rolle des Opfers. In Zweiergruppen sollten die Biker nun die richtige Vorgehensweise durchspielen. Das hieß: Zunächst einmal die Maschine vom Fahrer trennen. Mit einem kräftigen Ruck und ziemlichem Geschepper wuchteten die Helfer das Krad vom Körper des Gestürzten. Sofort sprachen sie ihn an: „Hey, Kumpel! Hörst du mich?“ Keine Antwort - der Ausbilder simulierte Bewusstlosigkeit. Und nun?

Helm ab, oder Helm auf, das ist die Frage. „Ganz klar - runter damit!“ stellte der Experte klar. „Wenn das Opfer bewusstlos ist und sich in den Helm erbricht, erstickt es euch“, erklärte Urban. „Viele von euch haben bestimmt schon mal Schauergeschichten von Fahrern gehört, deren gebrochenes Genick nur noch vom Helm gestützt wurde. Aber das kommt so gut wie nie vor - Erbrechen dafür umso häufiger. Also nehmt den Helm ab!“

Wie es richtig geht, durften die Motorradfans dann auch direkt am lebenden Objekt proben: Während ein Helfer den Kopf des Trainers stützte, zog ihm der andere den Helm vom Haupt. „Wenn er atmet, dreht ihn nun in die stabile Seitenlage und wartet auf den Notarzt - dann habt ihr alles richtig gemacht“, lobte der Ausbilder. Diesen hätten die Unfallzeugen idealerweise bereits im ersten Schritt gerufen, und beim Annähern an den Gestürzten auch die Eigensicherung nicht vergessen. Zur Not findet sich gerade bei Bikern ansonsten schnell jemand, der gerade noch eine Hand für den Notruf frei hat: „Motorradfahrer rollen ja meist im Schwarm“, so Urban, „und es gibt wohl keinen richtigen Biker, der bei einem
Umfall eines Kollegen nicht anhält“.

Atmet nicht? Keine Scheu vor Rippenbrüchen

Wenn der Gestürzte aber nicht atmet, muss sofort gehandelt werden. „Sind die Atemwege durch Erbrochenes blockiert, raus damit“, so Urban, „das geht locker mit der Hand. Ein Ohnmächtiger beißt euch nicht.“ Ist immer noch keine Atmung fühlbar, beginnt man sofort mit der Herz-Lungen-Massage. „Faustregel: 30 Mal auf den Brustkorb zwischen den Brustwarzen drücken, dann zweimal beatmen“, betont der Fachmann. Wer sich vor dem Mund-zu-Mund-Kontakt ekeln sollte, kann auch einfach weiterdrücken. „Denkt an den Song Staying Alive und drückt im Takt. Wenn es knackt, brechen ein paar Rippen - das ist normal. Denkt daran - ohne euch würde er sterben, ihr könnt also nichts schlimmer machen“, fordert Sören Urban seine Schüler auf. Wenn der Notarzt kommt, kann er übernehmen und den guten Samariter ablösen.

Die Übung unter dem kaputten Bike war aber nur einer der Höhepunkte bei dem knapp siebenstündigen Kurs, mit dem sich die Rocker für den Notfall wappneten. „Der Kurs ist sinnvoll und sollte alle zwei bis fünf Jahre aufgefrischt werden“, so Urban. In den Unterrichtsstunden lernen die Teilnehmer viele nützliche DInge und auch einige Tricks, etwa, wie man mit typischer Bikerausrüstung einfache Tragen oder Verbände improvisieren kann.

Wer sich für die Rettungskurse interessiert, kann sich in Dorsten an die Firma Sickelmann wenden. Mehr Informationen bekommt man unter www.ehas.de oder der Telefonnummer 02362 965938.

Autor:

Oliver Borgwardt aus Dorsten

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