Ein Blick in die Geschichte Hattinger Altstadtsanierung

Walter Ollenik und Museumspädagogin Gudrun Schwarzer, die zur Ausstellung im Stadtmuseum ein umfangreiches Begleitprogramm zusammengestellt hat, vor einer der Ausstellungstafeln und mit einem Fachwerk-Holzbalken.  Foto: Römer
  • Walter Ollenik und Museumspädagogin Gudrun Schwarzer, die zur Ausstellung im Stadtmuseum ein umfangreiches Begleitprogramm zusammengestellt hat, vor einer der Ausstellungstafeln und mit einem Fachwerk-Holzbalken. Foto: Römer
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Hattingen ist mittenmang dabei. Nicht nur im Ruhrgebiet, sondern erst recht bei der Ausstellung „Historische Stadt- und Ortskerne in NRW – Hattingen mittendrin“. Sie ist noch bis zum 15. September zu sehen im Stadtmuseum Hattingen zu Blankenstein.

Walter Ollenik ist voll in seinem Element, als er über die Ausstellung erzählt. Der soeben in den Ruhestand getretene Leiter des Fachbereichs Weiterbildung und Kultur (der STADTSPIEGEL berichtete ausführlich) weiß rein von den Fakten her nicht nur sehr viel über das Thema, sondern er weiß es auch mit mitreißender Leidenschaft zu vermitteln. Kein Wunder, war er doch nicht nur seit Jahrzehnten Zeitzeuge, sondern als früherer Hochbauamtsleiter der Stadt Hattingen auch aktiv in den Prozess „Stadtgestaltung“ eingebunden.
„Die Ausstellung ist mir eine Herzensangelegenheit“, gibt er auch unumwunden zu, und betont gleich die Bedeutung der Arbeitsgemeinschaften „Historische Stadt- und Ortskerne in NRW“: „Wir sind die Visitenkarte des Landes und unsere Mitglieder sind auch die schönsten Städte von NRW.“
Und Hattingen gehört dazu und Walter Ollenik ist in der Arbeitsgemeinschaft (AG) seit vielen, vielen Jahren stellvertretender Vorsitzender.
Gezeigt wird jetzt im Stadtmuseum eine Wanderausstellung der 1987 gegründeten AG. Sie liegt nach den Worten von Walter Ollenik voll im Trend: „Heute wird wieder mehr von Heimat gesprochen. Sie zeigt die Verbundenheit der Bürger mit ihrer Stadt. Dafür setzen sie sich ein, denn sie sind persönlich betroffen.“
Die Ausstellung zeigt einerseits Hattingen als Mitglied der AG neben den anderen Städten sowie Grundsätze und Ziele der AG, andererseits aber auch die wichtigen Aspekte der Hattinger Altstadtsanierung auf zwölf Tafeln. Hinzu kommen aus dem Archiv des Stadtmuseums Knaggen und Hausbalken. Außerdem können Hattinger eigene historische Fotos mitbringen und dadurch den mit Fotos versehenen Eingangsbereich der Ausstellung noch einmal aufwerten.
Als in den 60er Jahren in Hattingen genauso wie in den anderen Städten über Altstadtsanierung diskutiert wurde, „da hat der damalige Stadtdirektor Hans-Jürgen Augstein zum Glück früh erkannt, welches Potenzial in der Hattinger Altstadt liegt.“ Das macht heute sicherlich nicht nur Walter Ollenik allein froh. Neben Hans-Jürgen Augstein und Prof. Martin Einsele „rettete“ die Hattinger Altstadt auch Lothar Gries, der damalige Baudezernent, der ebenfalls der Meinung war: „Hattingen darf nicht abgerissen werden.“ Das Abreißen alter Bausubstanz wie Fachwerkhäuser war in vielen umliegenden Städten und Gemeinden – beispielsweise Steele – zu der Zeit nämlich gerade „in Mode“.
Karstadt war als Frequenzbringer ein weiterer maßgeblicher Retter der Hattinger Altstadt – auch wenn wegen des bis heute umstrittenen Gebäudes 60 Häuser von Klein Langenberg und dem „Huck“ aus der Altstadt verschwanden.
Walter Ollenik: „Alles Geld war damals bis dahin in die älteren Wohngebiete wie Welper geflossen oder in die damaligen Neubaugebiete in der Südstadt. Das lag an der Henrichshütte. Die Altstadt hingegen wurde total vernachlässigt, sah einfach nur erbärmlich aus, wurde aber gleichzeitig eben auch nicht abgerissen. Dabei waren sich alle einig, dass der Kirchplatz, der damals noch beinahe wie ein Wald aussah, unbedingt erhalten bleiben müsse. 1964 wurde sich über den Erhalt der Altstadt erste Gedanken gemacht, doch erst durch die kommunale Neuordnung Anfang der 70er Jahre gab es genug Platz, die Altstadt leer ziehen zu lassen. In diesen Jahren galt Hattingen als Modellstadt für eine Altstadtsanierung. Hier wurden nicht nur Architekten und Städteplaner dazu herangezogen, sondern auch Verkehrsplaner, Soziologen und andere Disziplinen. Letztlich stimmte der Rat den Planungen zu, die dann umgesetzt wurden.“
Demnach sollte die Altstadt verkehrsfrei werden, der Verkehr durch Martin-Luther-Straße, August-Bebel-Straße, Schulstraße und Augustastraße aus der Altstadt herausgehalten werden. Dazu gehörte ausreichend Parkfläche in den Randzonen, also im Karstadt-Parkhaus, am Rathausplatz, am Reschop und im Parkhaus Augustastraße, das Walter Ollenik baute. Und Hattingen bekam neben Frankfurt am Main die erste Fußgängerzone Deutschlands.
Durch die Investitionen der Stadt wurden auch Privatleute animiert, Initiative bei den Altstadthäusern zu ergreifen, die sich heute so schmuck präsentieren. Durch Karstadt hat letztlich auch der Einzelhandel – allen Unkenrufen zum Trotz – profitiert. Bis heute, glaubt Walter Ollenik: „Hattingen ist ein attraktiver Wohnort und die Entwicklung dahin ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Ausstellung.“
„Bausünden“ wie das Karstadt-Gebäude oder der Bereich Flachsmarkt und Steinhagen würde es seiner Meinung nach heute nicht mehr geben. Aber Stadtsanierung an sich, die habe es immer schon gegeben. So seien beispielsweise die Fachwerkhäuser in der Großen Weilstraße durch Jugendstilhäuser ersetzt worden und das Krämersdorf, das in seiner heutigen Form unter Denkmalschutz steht, sei voller Fachwerkhäuser und sogar einer Kirche gewesen.
All das und noch viel mehr ist in der lohnenswerten Ausstellung im Stadtmuseum (neu) zu entdecken.

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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