Wissenswert und faszinierend
Ganz schön: clever (und giftig)!

Aronstab mit geschlossenen und einer offenen Blüte bei Blankenstein (25.04.21) | Foto: von mir
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  • Aronstab mit geschlossenen und einer offenen Blüte bei Blankenstein (25.04.21)
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Vor allem bei Waldspaziergängen kann einem zurzeit eine sonderbare Pflanze auffallen. Zuerst waren da nur die pfeilförmigen, teils mit dunklen Flecken versehenen Blätter. Nun werden diese von hellgrünen Blütenblättern überragt, Kapuzen oder Zipfelmützen ähnlich, die einen violetten Kolben umschließen und sich im oberen Teil zu einer Seite öffnen. Die Rede ist vom Gefleckten Aronstab (Arum maculatum).
Es handelt sich dabei um ein dekoratives, leider jedoch giftiges Gewächs, das im vorletzten Jahr sogar den Titel "Giftpflanze des Jahres" trug. Berühren sollten wir es also möglichst nicht, uns aber auch nicht davon abhalten lassen, diese Pflanze etwas genauer anzusehen, denn sie ist schon etwas Besonderes. Leider konnte ich nicht alles, was im Folgenden beschrieben wird, selbst beobachten, daher greife ich auf zwei andere Quellen zurück, bei denen man auch weitere Fotos findet (siehe Fußnote).

Deutlich ist hier zu sehen, dass der Gefleckte Aronstab nicht immer gefleckte Blätter hat. | Foto: von mir
  • Deutlich ist hier zu sehen, dass der Gefleckte Aronstab nicht immer gefleckte Blätter hat.
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Das eigentlich Faszinierende am Aronstab ist sein Vorgehen, mit dem er Insekten für die Bestäubung anlockt, "hereinlegt", belohnt und schließlich wieder freigibt. Denn der Geruch der Blüte nach Aas und eine ölige Schicht an der Innenseite des kapuzenartigen Hochblattes sorgen dafür, dass ein potenzieller Bestäuber im oberen, breiten Teil landet, dann jedoch haltlos abwärts gleitet. Weiter unten, wo die "Kapuze" in den geschlossenen "Kragen" übergeht und besonders schmal ist, sitzen am Kolben die männlichen Blüten. Dort streift das Insekt vorbei und nimmt dabei Pollen mit. Und weiter geht es hinab, vorbei an einigen abwärts gerichteten, borstenartigen (sterilen) Blüten, die wie das ölige Hochblatt zunächst eine Rückkehr verhindern. So landet das Tier schließlich im unteren Teil, einer Art Kessel, wo es nicht nur ein süßliches Sekret als Nahrung vorfindet, sondern zugleich auch den Pollen auf die weiblichen Blüten verteilt. Botanisch wird diese Blütenform auch als Kesselfalle bezeichnet.

Ein offenes Hochblatt mit Kolben, kurz nach dem Erblühen | Foto: von mir

Der Aronstab ist allerdings keine Fleisch fressende Pflanze und hat es nicht auf das Leben seiner Bestäuber abgesehen. Einige Zeit nach der Befruchtung nämlich erschlaffen die "widerborstigen" Blüten oberhalb des Kessels, und die Wände des Hochblattes trocknen aus, sodass für das Insekt der Weg in die Freiheit wieder offen steht. Damit kann es sogar bei mehreren Blüten nacheinander für deren Bestäubung sorgen - und ist zugleich selbst gut versorgt und sicher vor Fressfeinden.

Das Laub der Aronstabpflanzen ist auf dieser Aufnahme meines Vaters vom 26.08.10 längst verschwunden, die Fruchtstände sind aber unübersehbar. Die welk davor und dahinter liegenden Blätter dagegen gehören zu Bärlauchpflanzen. | Foto: Rolf Richter
  • Das Laub der Aronstabpflanzen ist auf dieser Aufnahme meines Vaters vom 26.08.10 längst verschwunden, die Fruchtstände sind aber unübersehbar. Die welk davor und dahinter liegenden Blätter dagegen gehören zu Bärlauchpflanzen.
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Im Sommer ist vom Aronstab zunächst nicht mehr viel zu sehen. Doch im August reifen die Früchte heran und leuchten als rote Beeren an dem früheren unteren Kolbenende auffallend im Unterholz.

Vorsicht, Giftpflanze!

Obwohl die bestäubenden Insekten normalerweise den Kontakt mit dem Aronstab lebend überstehen, ist er für andere Tiere und uns in all seinen Teilen giftig, wenn auch für den Menschen in aller Regel nicht tödlich. Kinder sollten keine Gelegenheit finden, mit der Pflanze in Kontakt zu kommen. Das gilt besonders für den auffällig roten Fruchtstand, der im Sommer heranreift. Und Haustiere, die im Garten oder auf der Weide davon fressen, können sogar daran sterben. Deshalb ist der Aronstab nicht überall gern gesehen. Doch Abschneiden oder Ausreißen allein reicht nicht. Da die Pflanze aus einer unterirdischen Knolle wächst, muss diese vollständig ausgegraben werden, um zu verhindern, dass er im nächsten Jahr wieder austreibt. Dies natürlich nur auf Privatgrundstücken, denn im Wald ist er der Bewohner, und wir sind seine bewundernden Gäste!

Nachtrag/Update

Weitere Fotos zur Illustration ergänzt
Aufgrund der ersten Kommentare möchte ich zwei Ergänzungen anfügen. Die erste betrifft mein von Bernd vermutetes Fotoarchiv, das in Wirklichkeit nur aus einer chronologisch geordneten Sammlung unbenannter Bilder besteht, während sich die Informationen zu ihrer Existenz in versteckten Winkeln meines Hirns befinden 🤯 Im Gegensatz dazu hat mein Vater ein umfangreiches Archiv von eigenen Pflanzenfotos angelegt, das diesen Namen wirklich verdient. Aus dem habe ich nun weitere Bilder herausgesucht, auf denen die jungen Blätter vom Aronstab, die blühende Pflanze und ihr Fruchtstand deutlicher abgebildet sind als auf meinen eigenen Aufnahmen. Diese Fotos (in der Galerie ab Nr. 6) habe ich mit seinem Einverständnis hier ergänzt.

Im Wald friedliche Nachbarn, auf dem Küchentisch gehören sie nicht zusammen: Aronstab (vorn) und Bärlauch (hinten) in Blüte, hier unterhalb von Blankenstein aufgenommen | Foto: von mir
  • Im Wald friedliche Nachbarn, auf dem Küchentisch gehören sie nicht zusammen: Aronstab (vorn) und Bärlauch (hinten) in Blüte, hier unterhalb von Blankenstein aufgenommen
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Unterscheidung von Aronstab und Bärlauch
Die andere Ergänzung bezieht sich auf den Kommentar von Marlies. Es stimmt: Wenn die Pflanzen ihre Knospen treiben oder gar blühen, ist der Unterschied zwar offensichtlich, aber was ist mit den jungen Blättern? Aronstab und Bärlauch entwickeln nämlich etwa zeitgleich zuerst die Blätter, und das mitunter auch direkt nebeneinander. Doch im Gegensatz zum giftigen Aronstab ist Bärlauch ein begehrtes Küchenkraut. Die sonst bewährte Methode zur Erkennung von Bärlauch, ein Stück eines Blattes zwischen den Fingern zu verreiben und daran zu riechen, empfiehlt sich hier also nicht!
Wenn man stattdessen die Formen der Blätter miteinander vergleicht, ist gut ersichtlich, dass eine Verwechslung kaum möglich ist, denn selbst wenn nicht alle Aronstab-Blätter die charakterischen Flecken aufweisen (auch nicht bei älteren Pflanzen!): Ihre Form erinnert eher an Pfeile, während die Bärlauchblätter lanzettförmig wirken.

Die meist pfeilförmigen Blätter des Gefleckten Aronstab, hier mit einigen kleinen Flecken. Die Blattadern verlaufen netzartig, ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zum Bärlauch. (Aufnahme vom 13.03.17) | Foto: Rolf Richter
  • Die meist pfeilförmigen Blätter des Gefleckten Aronstab, hier mit einigen kleinen Flecken. Die Blattadern verlaufen netzartig, ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zum Bärlauch. (Aufnahme vom 13.03.17)
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Blätter einer jungen Bärlauchpflanze mit Blütenknospen. Die Blattform ist langgezogen, die Adern verlaufen parallel zur Blattmitte. (Foto vom 25.04.1983) | Foto: Rolf Richter
  • Blätter einer jungen Bärlauchpflanze mit Blütenknospen. Die Blattform ist langgezogen, die Adern verlaufen parallel zur Blattmitte. (Foto vom 25.04.1983)
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Allerdings: "Wer rupfend Bärlauch erntet, wird immer mal auch Aronstab dazwischen haben", zitiert mein Vater eine Kräuterkundige. Wenn man sich seiner Sache also nicht ganz sicher ist, lässt man wild wachsende Pflanzen besser stehen, so wie es ja bei Pilzen ebenfalls angeraten ist. Ansonsten hilft Sorgfalt sowohl beim Pflücken als auch beim obligatorischen Waschen, um "Ausreißer" vor der weiteren Verarbeitung rechtzeitig zu entdecken.
Dass Bärlauch seinerseits schon mit Maiglöckchenblättern und auch mit den im Frühjahr erscheinenden Blättern der Herbstzeitlose verwechselt worden ist, sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Vielleicht gibt es dazu später mal einen separaten Beitrag von mir.

Weitere Infos und Fotos:
https://de.wikipedia.org/wiki/Aronstab
https://www.farinas-fotokunst.de/der-aronstab

Autor:

Torsten Richter-Arnoldi aus Hattingen

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